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Generelle Lungenkrebs-Früherkennung in Deutschland

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5 min
In Österreich gibt es ein solches Programm noch nicht
©APA, dpa
Deutschland folgt den fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen über den hohen Wert von Lungenkrebs-Früherkennung per Niedrig-Dosis-Computertomografien bei langjährigen Rauchern und Raucherinnen. Die Krankenkassen werden die Untersuchungen voraussichtlich ab April 2026 bezahlen. Das wurde vom zuständigen Bundesausschuss vor kurzem beschlossen. In Österreich fehlt weiterhin ein entsprechendes Programm.

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"Langjährige starke Raucher im Alter zwischen 50 und 75 Jahren sollen künftig alle zwölf Monate eine Untersuchung der Lunge mittels Niedrigdosis-Computertomografie (NDCT) wahrnehmen können. Diese Lungenkrebsfrüherkennung als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen", berichtete jetzt das Deutsche Ärzteblatt.

Das neue Screeningangebot könne voraussichtlich ab April 2026 in die Versorgung kommen, wenn das deutsche Gesundheitsministerium nicht ein Veto einlegt und eine Information der Versicherten ausformuliert ist. "Vom Screening profitieren können dem G-BA zufolge gesetzlich Versicherte, die mindestens 25 Jahre geraucht haben. Der Zigarettenkonsum muss noch andauern (mindestens 15 Jahre mit durchschnittlich einer Packung pro Tag - 15 "Packungsjahre"; Anm.) oder der Ausstieg darf nicht länger als zehn Jahre her sein", stellte die Ärztezeitung fest.

Der G-BA ist in Deutschland das wichtigste entscheidungsbefugte Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und umfasst die gesetzlichen Krankenkassen, Ärzteschaft etc. Die Beschlüsse betreffen die rund 74 Millionen in Deutschland gesetzlich Krankenversicherten.

Für Deutschland wird geschätzt, dass rund zwei Millionen Menschen jährlich diese Untersuchungen auf Lungenkrebs haben sollten. Die Vorteile eines solchen Programms sind seit mittlerweile fast 20 Jahren wissenschaftlich belegt.

Das jüngste Beispiel: In einer in London durchgeführten Studie wurden durch die CT-Untersuchungen 80 Prozent der Erkrankungen im noch heilbaren Frühstadium erkannt. Bei jedem 50. Raucher, der in ärmeren und ethnisch diversen Stadtteilen der britischen Metropole an einer Implementationsstudie (im Rahmen der Einführung eines Screening-Programms; Anm.) zur Früherkennung mit der Niedrigdosis-Computertomografie (CT) teilnahm, wurde laut der Publikation (in "Lancet Oncology"; Anm.) ein Lungenkarzinom gefunden, das sich zu fast 80 Prozent im Stadium I oder II befand, in dem eine Heilung möglich ist.

Die neuerliche britische Untersuchung schließt an groß angelegte wissenschaftliche Studien in den USA, Belgien, den Niederlanden und anderen Staaten an mit ähnlichen Ergebnissen an. In Österreich konnte man sich bisher nicht zu einem strukturierten Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm durchringen. Das bedeutet im internationalen Vergleich einen immer größeren Aufholbedarf zugunsten der Betroffenen.

Vor kurzem warnte der Wiener Lungenspezialist Arschang Valipour bei einer Veranstaltung der Praevenire-Gesundheitsinitiative eindringlich: "Wenn man die Todesfälle durch Brustkrebs-, Dickdarmkarzinome und Prostatakrebserkrankungen zusammen nimmt, kommt man (in Österreich; Anm.) gerade einmal auf so viele Menschen, wie an einem Lungenkarzinom versterben. Das Stadium, in dem man die Erkrankung diagnostiziert, ist entscheidend."

Valipour führte dazu harte Daten aus Österreich an: Jährlich werden rund 5.000 Lungenkrebserkrankungen diagnostiziert. Die Zahl der Todesfälle beträgt rund 4.000. In Österreich werden Lungenkarzinome allerdings weiterhin in nur 25 Prozent der Fälle in den heilbaren Stadien I und II erkannt. 27 Prozent entfallen auf das Stadium III, 47 Prozent auf das fortgeschrittene Stadium IV.

Das ließe sich eben nur durch ein gezieltes Lungenkrebs-Screening-Programm mittels regelmäßiger Niedrig-Dosis-Computertomografie ändern, wie der Experte in seinem "Plädoyer für Lungenkrebs-Früherkennung in Österreich" feststellte. "Eine solche Low-Dose-CT-Früherkennungsuntersuchung dauert zehn Sekunden. Mittlerweile konnte mit solchen Programmen bei den Betroffenen die Gesamtmortalität (alle Ursachen; Anm.) bereits um 48 Prozent und die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 45 Prozent gesenkt werden", erklärte Valipour bereits im Herbst vergangenen Jahres in Eisenstadt gegenüber der APA.

"Die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei Lungenkrebs im Stadium I liegen bei 80 Prozent, im Stadium IV bei fünf bis zehn Prozent", stellte der Experte fest. Die in den vergangenen Jahren durch neue Therapien erzielte Verdoppelung der Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium von fünf auf zehn Prozent sei zwar in sich "großartig", bleibe aber weiterhin "katastrophal".

Wie Valipour anführte, haben bereits sechs Staaten Europas - Norwegen, Großbritannien, Deutschland, Ungarn, Polen und Kroatien - ein solches nationales Früherkennungsprogramm etabliert oder sind gerade dabei. In mehreren anderen europäischen Ländern gibt es zumindest regionale Initiativen. "Bei uns ist noch gar nichts passiert", kritisierte Valipour. Dabei gebe Österreich jährlich "dreistellige Millionen-Euro-Beträge" für medikamentöse Therapien für Patienten mit fortgeschrittener Lungenkarzinom-Erkrankung aus.

BERLIN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa

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