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Das Forschungsteam, dem Sergei Scherbov vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien angehörte, analysierte für seine im "Bulletin of the World Health Organization" veröffentlichte Studie die Bevölkerungsentwicklung in 80 Ländern mit niedriger Geburtenrate. Dabei liegen die zehn Länder, für die bis 2050 der größte relative Bevölkerungsrückgang prognostiziert wird, alle in Europa.
In ihrer Analyse verglichen die Forscherinnen und Forscher zwei ambitionierte Szenarien: einerseits die sofortige Steigerung der Geburtenrate eines Landes auf 2,1 Kinder pro Frau, also auf jenen Wert ("Ersatzniveau"), der notwendig ist, um eine Bevölkerung ohne Zuwanderung stabil zu halten, und andererseits die sofortige Verbesserung des Gesundheitssystems auf das Niveau Japans, das Land mit der weltweit niedrigsten Sterblichkeitsrate.
Unter den 80 untersuchten Ländern identifizierten die Forscher 28 Staaten, vor allem in Ost- und Südosteuropa, in denen eine drastische Senkung der Sterblichkeit den Bevölkerungsrückgang wirksamer verlangsamen würde als eine Erhöhung der Geburtenrate. Dabei würden Länder wie Bulgarien, Ukraine, Lettland und Russland das größte Potenzial für eine Verbesserung haben.
Für die 13 europäischen Länder, die bis 2050 mit einem Bevölkerungsrückgang von fünf Prozent oder mehr rechnen müssen (Bulgarien, Lettland, Ukraine, Serbien, Litauen, Ungarn, Belarus, Russland, Rumänien, Tschechien, Estland, Slowakei und Moldau), sind die Ergebnisse eindeutig: In diesen Ländern wird die Gesamtbevölkerung ohne Gegenmaßnahmen bis 2050 voraussichtlich um 33,8 Millionen Menschen zurückgehen. Könnten sie die Geburtenrate auf 2,1 Kinder pro Frau steigern - was das Forschungsteam als unwahrscheinlich einschätzt -, würde sich der Rückgang der Gesamtbevölkerung auf 14,1 Millionen Personen verringern.
Könnten sie aber ihre Sterblichkeitsraten auf das Niveau Japans senken, würde sich der Gesamtbevölkerungsrückgang auf nur 1,7 Millionen Menschen verringern. "Dies ist ein empirischer Beweis dafür, dass die Rettung von Leben das wirksamste demografische Instrument ist, das zur Verfügung steht", wird Studien-Koautor Stuart Gietel-Basten von der Hong Kong University of Science and Technology in einer IIASA-Aussendung zitiert.
Die Forscher empfehlen daher politischen Entscheidungsträgern, ihren Fokus auf die Stärkung der Gesundheitssysteme und bessere Krankheitsprävention zu verlagern. Das gelte insbesondere für Maßnahmen, die auf die hohe Sterblichkeit von Männern aufgrund von Problemen wie Alkoholmissbrauch und schlechter Ernährung in Osteuropa abzielen. Scherbov weist zudem auf die bereits getätigten Investitionen in Bildung und Gesundheit der Bürger hin: "Wenn Menschen vorzeitig an vermeidbaren Krankheiten sterben, geht diese gesellschaftliche Investition verloren."
(S E R V I C E - Publikation: https://go.apa.at/GVFiDosE)
ARCHIV - 20.01.2020, Baden-Württemberg, ---: Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Krankenhausflur. (zu dpa: «909 Grippe-Kranke 2024 in Hamburger Krankenhäusern behandelt») Foto: Marijan Murat/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
