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Alternative Lebensmittelverpackung: Grazer KI fördert Neuentwicklung

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Karin Zojer nutzt KI zur Suche nach möglichen Lösungen
©Photoreport Helmut Lunghammer, APA, TU Graz, Lunghammer
Kunststoffverpackungen von Lebensmitteln tragen dazu bei, dass der Plastikmüll stetig zunimmt. Papierverpackungen wären eine Alternative, doch es kann einerseits zu Aromaverlust bei Wurst und Käse, Obst oder Gemüse kommen und andererseits können unerwünschte Schadstoffe wie Lösungsmittel ins Verpackungsinnere vordringen. Ein KI-Modell der TU Graz berechnet, wie schnell und wie stark dies geschieht. Das soll die Entwicklung von Verpackungsmaterialien beschleunigen.

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Wer heute Lebensmittel im Supermarkt kauft, nimmt in den meisten Fällen auch ein Stück Plastik mit. Die Kunststoffverpackung ist hygienisch und schützt das Lebensmittel beim Transport nach Hause. Am Ende landet sie im Müll. Zuweilen entsteht daraus durch Abrieb oder Zerfall Mikroplastik, das am Ende wieder in der Nahrungskette landen kann.

Papier ist an sich porös, daher müssen Lebensmittelverpackungen speziell behandelt werden, um fett- und feuchtigkeitsresistent zu sein oder das Aroma im Inneren der Verpackung zu halten. Das Problem dabei ist dass die dabei eingesetzten Stoffe in die Lebensmittel wandern können. Hier ist noch viel Ingenieursleistung notwendig, die durch die Entwicklung der Grazer Experten erleichtert werden soll. Das Vorhersage-Tool, das im Rahmen des Christian Doppler Labors für Stofftransport durch Papier entstand, kommt bereits bei einem Papierhersteller zum Einsatz, teilte die TU Graz in einer Aussendung mit.

Die Grundlage des Vorhersagesystems bilden Analysen der porösen Mikrostruktur verschiedener Papiersorten. Dazu hat das Team die Verteilung der Cellulosefasern und die Größe der Poren exakt erhoben. Danach folgten monatelange Laborversuche, in denen die Forschenden mithilfe von Gas-Chromatographie bestimmten, wie schnell flüchtige organische Substanzen durch die unterschiedlichen Papiersorten hindurchwandern. "Mit diesen klassischen Methoden sind wir aber an unsere Grenzen gestoßen", schilderte CD-Laborleiterin Karin Zojer vom TU-Institut für Festkörperphysik.

Die Kombinationsmöglichkeiten von Papiersorten und flüchtigen Substanzen sind tatsächlich riesig und die Versuche zu zeitaufwendig, um daraus ein umfassendes Vorhersagemodell zu entwickeln. Daher haben die Grazer Forscher sich für den Einsatz sogenannter Physics-informed Neural Networks entschieden. Diese Variante des maschinellen Lernens bezieht ergänzend zu den Trainingsdaten auch physikalische Gesetzmäßigkeiten in die Berechnungen ein. Das ermöglicht der KI, selbst aus wenigen Trainingsdaten Muster herauszulesen und präzise Berechnungen durchzuführen.

Zojer und ihr Team haben der KI unter anderem die Information mitgegeben, dass flüchtige organische Substanzen bei ihrem Weg durch die Papierverpackung teils an den Cellulosefasern haften bleiben. "Solche Gesetzmäßigkeiten verengen den Korridor möglicher Lösungen für die Berechnungen, die das Neuronale Netzwerk durchführt und optimiert", erklärte die Grazer Festkörperphysikerin. Die Ergebnisse der KI hat das Team anschließend in Experimenten für ein- und mehrlagige Papiere überprüft und war "überrascht, wie gut dieses Vorhersagemodell funktioniert".

Der am Grazer CD-Labor beteiligte Papierhersteller (Mondi Uncoated Fine & Kraft Paper) nutzt die Software bereits zur Auswahl von Papiersorten für spezielle Anwendungen. Zojer möchte das System weiterentwickeln, um etwa zu berücksichtigen, wie sich die Durchlässigkeit verändert, wenn die Papierfasern Lösungsmittel aufnehmen und dadurch aufquellen.

TU Graz, Prof. Karin Zojer

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