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Österreichs Jahrhundert-Fußballer Prohaska feiert 70er

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Herbert Prohaska feiert seinen 70. Geburtstag
©APA, EXPA, JOHANN GRODER
Herbert Prohaska wird am 8. August 70 Jahre alt - und ist rundum zufrieden. Sein allgemeines Wohlbefinden begründet Österreichs Jahrhundert-Fußballer aber nicht mit den zahlreichen Erfolgen als Spieler oder Trainer. "Ich habe eine super Familie, viele sehr gute Freunde und bin mein ganzes Leben dem Fußball verbunden. Ich bin eigentlich immer auf die Butterseite gefallen", sagte der Jubilar der APA.

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Prohaska wurde mit der Austria als Spieler sieben Mal Meister und vier Mal Cupsieger, dazu kommen in Italien ein Meistertitel mit AS Roma 1983 und ein Cupsieg mit Inter Mailand 1982 sowie zwei WM-Teilnahmen (1978, 1982). 1978 stand "Schneckerl", wie er wegen seiner einstigen Haarpracht genannt wurde, mit der Austria im Finale des Cups der Cupsieger. Das erste Europacup-Endspiel eines österreichischen Teams endete mit einem 0:4 gegen Anderlecht. "Das war meine bitterste Niederlage als Spieler. Wir waren chancenlos."

In seiner Glanzzeit zählte Prohaska zu den besten Mittelfeldspielern Europas. Mitte der 1970er-Jahre wollte ihn Ajax Amsterdam, damals wohl die stärkste Club-Mannschaft der Welt, als Nachfolger des zum FC Barcelona abgewanderten Johan Cruyff holen. Allerdings ließ der ÖFB nicht zu, dass heimische Kicker unter 28 Jahren zu ausländischen Clubs wechselten. "Ajax hätte damals ein Schweinegeld geboten und ich wäre gern hingewechselt, weil das eine meiner Lieblingsmannschaften war", erzählte Prohaska.

Die ÖFB-Regelung fiel erst 1978, zwei Jahre später ging er nach Italien. Zu dieser Zeit waren in der Serie A zunächst maximal ein, dann zwei Ausländer pro Verein erlaubt - ein Transfer zu einem italienischen Spitzenclub bedeutete also gleichsam einen Ritterschlag, eine Adelung zu einem absoluten Klassefußballer.

Die damaligen Verdienstmöglichkeiten beliefen sich allerdings auf einen Bruchteil der heutigen Spitzengehälter. "Ich würde nicht sagen, dass ich die Gagen von heute nicht nehmen würde, aber schon zu meiner Zeit war der Profifußball unglaublich gut bezahlt. Ich habe in Italien vier Mal so viel verdient wie in Österreich", sagte Prohaska. "Ausgesorgt hatte ich danach zwar nicht, aber zum Beispiel war der Hausbau nicht wirklich mit Schwierigkeiten verbunden. Außerdem hätten schon die Generationen vor uns gerne unsere Gagen gehabt."

Als Trainer führte Prohaska die Austria je zweimal zum Meistertitel und Cupsieg, mit dem Nationalteam schaffte er 1998 die bisher letzte WM-Teilnahme. Als "peinlichste, aber nicht bitterste" Trainererfahrung bezeichnete Prohaska das 0:9 des ÖFB-Teams 1999 in Spanien, das seine Teamchef-Karriere beendete. "Richtig bitter war mein letztes Trainerjahr bei der Austria (Anm.: 1999 - 2000). Ich habe mich voll reingehaut in dem Glauben, dort etwas weiterbringen zu können, aber dann ist Frank Stronach gekommen."

Zum damaligen Club-Mäzen gab es von Beginn an ein gestörtes Verhältnis. "Das erste, was er gesagt hat, war, dass der Prohaska gehen muss, denn wer 0:9 verliert, kann kein guter Trainer sein. Das war für mich ein schwerer Schlag", berichtete Prohaska. Wenige Jahre später wollte Stronach die Austria-Ikone dennoch als Sportvorstand verpflichten.

An die Verhandlungen Anfang der 2000er-Jahre denkt Prohaska mit einem Schmunzeln zurück. "Kurioserweise ist es am Geld gescheitert. Er hat gesagt, er gibt nur viel Geld für Trainer und Spieler aus, und ich habe ihm gesagt: 'Frank, ich bin ja der Chef von denen allen.'" Doch selbst bei einer massiven Gehalts-Aufstockung hätte es wohl kein Austria-Comeback von Prohaska gegeben. "Im Endeffekt wäre ich unter Stronach auf keinen Fall mehr hingegangen, auch wenn er mir das Zehnfache bezahlt hätte, weil ich gewusst habe, mit ihm wird es nicht gehen", meinte Prohaska.

Stronach habe es komplett an Fußball-Fachwissen gefehlt, erzählte Prohaska und erinnerte sich in diesem Zusammenhang an ein Gespräch mit dem Austro-Kanadier, in dem dieser gefordert hatte, die Austria solle "spielen wie eine kanadische Eishockeymannschaft". Vor gut 20 Jahren gab es auch ergebnislose Verhandlungen über Trainer-Engagements beim FC Kärnten und beim GAK. Zudem lehnte Prohaska eine Anfrage für den Job als griechischer Teamchef ab - an seiner Stelle übernahm Otto Rehhagel und führte die Hellenen 2004 sensationell zum EM-Titel.

Zu diesem Zeitpunkt war Prohaska bereits vier Jahre lang als ORF-Analytiker tätig. "Ich hatte damals einen Vertrag mit der Möglichkeit zu einem Ausstieg bei einem guten Angebot." Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. "Ich habe schnell festgestellt, mir taugt das, ich schlafe besser und muss mich nicht mehr ärgern. Dann habe ich für mich beschlossen, dass ich den Trainerjob nicht mehr mache."

Entscheidend für seine Lebensqualität sei aber sein stabiles soziales Umfeld, wird Prohaska nicht müde zu betonen. Der bald 70-Jährige ist seit 51 Jahren verheiratet, hat eine "superintakte Familie mit zwei großartigen Töchtern und Schwiegersöhnen und vier großartigen Enkeln" und einen großen Freundeskreis.

Das Pflegen von Freundschaften hat für Prohaska eine hohe Bedeutung. Seit über 30 Jahren ist nahezu jeder Montag dafür reserviert, mit alten Kameraden ein bisschen Sport zu betreiben, vor allem aber gemütlich zusammenzusitzen und "Schmäh zu führen", wie es Prohaska formuliert. "Mir ist das wichtig, ich bin gern unter Leuten."

Im kommenden Sommer aber werden wohl einige dieser Montage ausfallen. Prohaska wird für den ORF die Spiele der WM 2026 analysieren, darunter möglicherweise auch jene des ÖFB-Teams. "Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass die Wartezeit auf eine WM-Teilnahme 2026 vorbei ist. Unsere Mannschaft ist wirklich gut, so wie jetzt mit Pressing, Tempo und Dominanz haben wir noch nie gespielt." Sonderlob gab es für den aktuellen Teamchef Ralf Rangnick. "Er lässt meiner Meinung nach seit Jahrzehnten den besten Fußball spielen."

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