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Vom Serienheld zum Charakterdarsteller: Ferdinand Seebacher will mehr als nur Schwiegermutters Liebling sein

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©IMAGO / BREUEL-BILD

Bekannt als Simon Plattner in „Die Bergretter“, sucht der gebürtige Schladminger neue Herausforderungen – und träumt von düsteren Rollen fern der Alpenidylle.

Ferdinand Seebacher ist im Filmgeschäft gut gebucht. Seinen Filmfiguren ist er nahe, vor allem seinem Simon Plattner in „Die Bergretter“. Der Serienausstieg fühlte sich an „wie die Trennung in einer Beziehung“.

Er ist derzeit fast schon Dauergast in den großen Fernsehproduktionen: in „Verliebt in einen Butler“ von Rosamunde Pilcher, im Altaussee-Krimi, in SOKO Donau, im Landkrimi, in „Die Toten von Salzburg“ oder im „Traumschiff“. Privat steht beim Schladminger Downhill mit dem Mountainbike, Klettern und Paragleiten auf dem Programm: „Ich liebe eben das Risiko.“

Manche basteln sich ein Visionboard, auf dem sie ihre Ziele visualisieren. Ist das etwas für Sie?
Mein Ziel ist es einfach, weiterzukommen, fleißig zu sein, zu arbeiten, aber ich habe keine bestimmte Rolle vor Augen. Wenn ich mir ein konkretes Ziel setze – zum Beispiel Tatort-Kommissar zu werden –, ist die Wahrscheinlichkeit enttäuscht zu werden, relativ hoch. Und ich enttäusche mich ungern selbst. Ich lasse mich lieber positiv überraschen.

Sie sind gut trainiert und zeigen auf Fotos gerne einmal Muskeln. Wie wichtig ist Ihnen Ihr Aussehen?
Auf meiner Prioritätenliste ist es nicht ganz oben. Was das Training angeht: Ich bin mit guten Genen gesegnet. So wenig, wie ich in den letzten zwei Jahren sportlich gemacht habe, war noch nie. Kraftkammern interessieren mich null. Aber ich bewege mich gerne in der Natur, gehe klettern und Rad fahren.

Tut man sich als fescher Mensch leichter, gute Rollen zu bekommen?
Es hängt davon ab, welche Rolle man bedienen will. Für den Charakterdarsteller in einem Arthouse-Film bin ich wohl – und das ist jetzt nicht überheblich gemeint – zu allerwelts-gesicht-fesch. Man setzt mich mehr für Schwiegermutters Liebling, den Helden oder den Liebhaber ein. Aber ich kann gut damit leben.

Würden Sie jemals eine Schönheits-OP an sich machen lassen?
Niemals! Meine Großmutter ist mit 93 gestorben. Bis zum Schluss hat sie auf ihr Aussehen geachtet, Falten hatte sie natürlich trotzdem – aber das war ihr wurscht. Das habe ich großartig gefunden, weil Alter zum Leben genauso gehört wie die Jugend. Ist es nicht schön, wenn man das Leben im Gesicht sieht?

Sie kommen aus Schladming. Nicht das klassische Biotop für Schauspieler.
Ich bin in einem sehr bodenständigen Umfeld aufgewachsen. Ich habe immer gerne zugepackt und gearbeitet. Als ich mit meinem Berufswunsch Schauspieler um die Kurve kam, gab es viele kritische Stimmen, aber nie von meinen Eltern. Ich hätte es ewig bereut, hätte ich es nicht probiert.

Sie haben Ihr erstes Vorsprechen am Max Reinhardt Seminar absolviert.
Das war mein erstes Vorsprechen. Mit meinem steirischen Bergbauerntum bin ich förmlich hineingestolpert in dieses hohe Haus. Das war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Dann habe ich es in Graz auf der Kunstuniversität probiert. Wir waren 400, die vorgesprochen haben, nur neun wurden genommen. Und ich war dabei.

Wie gehen Sie mit Ablehnung um?
Natürlich wurmt es mich, wenn ich eine Rolle nicht bekomme. Aber das ist der Beruf. Ich kann mich fertigmachen oder mir sagen: Was kann ich besser machen?

Als Hommage an Ihre Großmutter Rosina Plattner war Ihr Rollenname in der Fernsehserie „Die Bergretter“ Simon Plattner. Welche Rolle spielte sie in Ihrem Leben?
Eine Riesenrolle. Sie ist auf einem Bauernhof aufgewachsen und hat mit Kunst nichts zu tun gehabt. Dennoch hat sie gemalt und sich von ihrem gesellschaftlichen Korsett befreit. Ich bin als Kind in ihrem Atelier gesessen und habe zu klassischer Musik ihre Bilder nachgemalt. Sie hat mich mit in Konzerte und ins Theater genommen und mich künstlerisch total geprägt. Sie hat sich von niemandem einreden lassen, wie sie ihr Leben führen sollte. Ein großes Vorbild für mich.

Als Schauspieler müssen Sie Gefühle zeigen. Warum fällt das Männern oft schwerer als Frauen?
Weil viele mit einer toxischen Maskulinität aufwachsen. Ein Mann muss auf den Tisch hauen und darf nur ja keine Schwäche zeigen. Aber wir leben im 21. Jahrhundert. Ich muss nicht in den Wald gehen und mit meinen bloßen Händen ein Reh reißen.

Ihre Karriere geht ständig bergauf. Hatten Sie auch eine Krise?
Ich habe immer wieder an mir gezweifelt. Nach dem ersten Studienjahr habe ich gesagt, ich höre auf. Genauso nach Ende des Studiums. Und selbst heute denke ich zweimal im Jahr ans Aufhören. Wenn neun von zehn Leuten toll finden, was ich mache, aber der zehnte, der über meinen Job entscheidet, Nein sagt, bekomme ich die Rolle nicht. Schauspiel ist einer der subjektivsten Jobs. Mich frustet ein bisschen, dass immer jemand anderer meinen Werdegang in der Hand hat.

In der Fernsehserie „Die Bergretter“ gibt es eine Menge Actionszenen. Haben Sie sich doubeln lassen?
Soweit es möglich war, habe ich die Szenen selbst gedreht. Und ich habe es geliebt. Mit dem Tau am Hubschrauber hängen, in der Wand am Seil – her damit! Teilweise waren die Flugmanöver echt cool.

Geht Ihnen das nicht ab?
Oh ja, doch. Die Bergretter waren total mein Projekt. Es spielt da, wo ich aufgewachsen bin. Es bedient alles, was mir Spaß macht. Und die Kolleg:innen waren großartig. Das war wie Familie. Beruflich gesehen habe ich trotzdem die richtige Entscheidung getroffen. Ich fordere mich immer wieder neu. Aber die Tür wäre für mich bei den Bergrettern noch offen.

Wäre eine Rückkehr für Sie denkbar?
Ich sage niemals nie, aber ich forciere einen Wiedereinstieg nicht.

Sie fühlten sich sehr verbunden mit Ihrer Rolle Simon Plattner.
Ich habe den Simon vier Jahre gespielt. Klar entwickelst du zu deinem Charakter einen starken Bezug. Simon hatte zwar viele Charakterzüge, die meinem Naturell nicht entsprechen. Aber du musst deine Figur lieben, sonst bist du nicht glaubhaft. Auch zu Simon hatte ich eine große Nähe und auf einmal lag er in der Schublade. Das war wie eine Trennung in einer Beziehung.

Aus einer funktionierenden Serie auszusteigen ist doch ein Risiko. Sind Sie generell ein Typ, der gerne ein Risiko eingeht?
Absolut. Deshalb habe ich vor vier Jahren mit dem Paragleiten angefangen. Ich liebe das Extreme wirklich. Früher bin ich bis zur Vernichtung mit dem Mountainbike Downhill gefahren. Ich bin kein ängstlicher Mensch. Stürze baute ich genug, hatte aber immer Glück.

Welche Herausforderung würde Sie reizen?
Einen Serienmörder zu spielen, der ja sehr weit weg ist von mir. Jeder Mensch, auch ein Serienmörder, muss im Kern etwas Liebenswertes haben, damit ich ihn authentisch darstellen kann. Die Herausforderung ist, in die Tiefe zu gehen und herauszufinden, warum er so geworden ist.

In „Verliebt auf Island“ lieben Sie die Mutter Ihres besten Freundes. Normalerweise läuft es umgekehrt: Der ältere Mann hat eine viel jüngere Frau.
Ich glaube, unsere Gesellschaft ist da voreingenommen. Warum sagt man in so einer Situation, der Mann ist der Toy Boy? Warum wird so ein Altersunterschied einer Frau abgesprochen und einem Mann nicht?

Woran glauben Sie?
Ich glaube an keinen Gott, aber ich glaube an die Wissenschaft. Ich glaube auch, dass der Mensch die aktuellen Herausforderungen meistern wird. Wir machen das schon.

Sind Sie der, der Sie werden wollten?
Ich arbeite ständig an mir und entdecke immer wieder Bereiche, in denen ich Aufholbedarf habe. Eine Schwäche von mir ist, dass ich mich manchmal mehr öffnen muss. Ich habe gelernt, bestimmte Themen mit mir selbst auszumachen. Das ist aber nicht das Beste.

Steiermark

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