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In den vergangenen Tagen war es zu Kämpfen zwischen drusischen Milizen einerseits und sunnitischen Beduinen und Regierungstruppen andererseits gekommen. Israel hatte in den Konflikt eingegriffen und Konvois der syrischen Regierungsarmee auf dem Weg nach Suwaida, aber auch Regierungsgebäude in Damaskus bombardiert. Israel begründete sein Eingreifen mit dem Schutz der Drusen. Zugleich will Israel nach dem Sturz des syrischen Ex-Machthabers Bashar al-Assad keine militärischen Kräfte im Süden Syriens dulden.
Der US-Sondergesandte Barrack schrieb: "Wir rufen Drusen, Beduinen und Sunniten auf, ihre Waffen niederzulegen und gemeinsam mit anderen Minderheiten eine neue und geeinte syrische Identität aufzubauen, die Frieden und Wohlstand mit ihren Nachbarn schafft." Barrack schrieb von einem "DURCHBRUCH".
Die Zahl der Toten sei inzwischen weiter auf 718 gestiegen, hieß es von der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Unabhängig überprüfen lässt sich die Zahl nicht. Die Angaben der Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien, die den Konflikt in Syrien mit einem Netz aus Aktivisten verfolgt, gelten aber als in der Regel verlässlich.
Der syrische Übergangspräsident al-Shaara rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Er beschuldigte "gesetzlose bewaffnete Gruppierungen", hinter den Kämpfen in der Provinz Suwaida zu stehen. "Sie greifen zur Waffengewalt, um ihren Willen durchzusetzen und riskieren damit das Leben von Zivilisten - Kindern, Frauen und Alten", hielt er in einer Erklärung fest, die sein Amt in der Hauptstadt Damaskus veröffentlichte.
Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam entstanden ist. Sie leben in Syrien, dem Libanon, Israel und Jordanien. In der syrischen Stadt Suwaida stellen sie die Mehrheit, in der Provinz leben sie in Siedlungsgebieten. Bereits in den vergangenen Monaten hatte es dort bewaffnete Konfrontationen gegeben. Die jüngsten Kämpfe sind die heftigsten.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte indes vor katastrophalen Bedingungen für die Zivilisten im Süden Syriens. "Das IKRK erhält verzweifelte Hilferufe aus der Bevölkerung, die unter einem gravierenden Mangel an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, Strom und medizinischer Versorgung leidet", teilte die Organisation mit. Die Gewalt behindere die Lieferung lebensrettender Hilfe. Den Helfern müsse sofortiger, sicherer und ungehinderter Zugang in das Krisengebiet gewährt werden.
Laut IKRK sind die Gesundheitseinrichtungen überlastet. Stromausfälle behinderten die Konservierung von Leichen in überfüllten Leichenhallen. Stephan Sakalian, Leiter der IKRK-Delegation in Syrien, sagte: "Die humanitäre Lage in Suwaida ist kritisch. Den Menschen geht alles aus. Krankenhäuser haben zunehmend Schwierigkeiten, Verwundete und Kranke zu behandeln, und Familien können ihre Angehörigen nicht in Würde bestatten."
Die syrische Regierung hat sich Insidern zufolge offenbar bei der Entsendung von Truppen in den Süden des Landes in dieser Woche verschätzt und damit israelische Luftangriffe auf Damaskus ausgelöst. Die Führung in Damaskus sei davon ausgegangen, für den Einsatz grünes Licht von den USA und Israel erhalten zu haben, sagten acht mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag in der Früh. Israel führte dann aber Luftangriffe auf syrische Truppen und Ziele in Damaskus aus. Die Eskalation habe die islamistisch geführte Regierung überrascht, so die Insider.
Die syrische Führung stützte ihre Annahme den Angaben der Insider zufolge auf öffentliche und private Äußerungen des US-Sondergesandten Barrack sowie auf beginnende Sicherheitsgespräche mit Israel. Barrack hatte gefordert, Syrien als zentral verwalteten Staat zu regieren. Das syrische Außenministerium wies zurück, dass die Äußerungen des US-Gesandten die Entscheidung beeinflusst hätten. Diese sei aus "rein nationalen Erwägungen" getroffen worden. Ein Sprecher des US-Außenministeriums lehnte es ab, sich zu privaten diplomatischen Gesprächen zu äußern, sagte aber, die Vereinigten Staaten unterstützten die territoriale Einheit Syriens.