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EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, NATO-Generalsekretär Mark Rutte, Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Großbritanniens Premierminister Keir Starmer, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und sein finnischer Amtskollege Alexander Stubb werden Selenskyj bei den Beratungen in Washington assistieren. Themen der Gespräche in der US-Hauptstadt seien unter anderem "Sicherheitsgarantien, territoriale Fragen und die fortdauernde Unterstützung der Ukraine in der Abwehr der russischen Aggression", hieß es in Berlin.
Kurz vor dem Treffen mit Trump pocht Selenskyj erneut auf Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild der NATO. Die Garantie müsse funktionieren wie der Artikel 5 der NATO, sagte Selenskyj am Sonntag in Brüssel bei einem Treffen mit von der Leyen. Gemeint ist die militärische Beistandsklausel, wonach andere Staaten für ein angegriffenes Land eintreten. Auch eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine sei eine Garantie für die Sicherheit des Landes, sagte Selenskyj.
Nach Angaben des US-Sondergesandten Steve Witkoff ist Russland damit einverstanden, dass die USA und europäische Verbündete der Ukraine NATO-ähnliche Sicherheitsgarantien geben. "Wir konnten das folgende Zugeständnis gewinnen: Dass die Vereinigten Staaten einen Artikel-5-ähnlichen Schutz bieten können, was einer der eigentlichen Gründe ist, warum die Ukraine der NATO beitreten möchte", sagte Witkoff am Sonntag dem Sender CNN.
Für Putin sei ein NATO-Beitritt der Ukraine nicht diskutierbar. "Wir konnten das sozusagen umgehen und eine Vereinbarung erzielen, dass die Vereinigten Staaten einen Schutz ähnlich dem in Artikel 5 bieten könnten", so Wittkoff. Weiter ins Detail ging er nicht.
"Putin hat viele Forderungen, aber wir kennen nicht alle davon, und wenn es wirklich so viele sind, wie wir gehört haben, dann wird es Zeit brauchen, sie alle durchzugehen", sagte Selenskyj weiter. "Unter dem Druck von Waffen ist das unmöglich, daher ist es notwendig, einen Waffenstillstand zu erklären und schnell an einer endgültigen Einigung zu arbeiten." Später erklärte er, dass er von der Leyen zustimme, die eine Bezeichnung Waffenstillstand als nicht vordergründig bezeichnet hatte. Wichtig sei, dass der Krieg aufhöre, hatte von der Leyen gesagt.
Nach Angaben von US-Außenminister Marco Rubio ist ein Waffenstillstand weiter im Gespräch. Auf die Frage, ob ein Waffenstillstand nun nicht mehr auf dem Tisch liege, sagte Rubio im Gespräch mit dem US-Sender NBC News: "Nein, er ist nicht vom Tisch." Übergeordnet stehe das Ziel, ein "umfassendes Friedensabkommen" abzuschließen. "Ich denke, das ist der beste Weg, um den Krieg zu beenden", so Rubio.
Die Verhandlungen über einen Frieden müssten ausgehend von der Frontlinie beginnen, sagte Selenskyj. Zugleich wies er darauf hin, dass es Putin in dem Krieg bisher nicht gelungen sei, den Donbass komplett einzunehmen. Mit Blick auf den von Russland geforderten Verzicht auf Gebiete sagte er, dass die ukrainische Verfassung das nicht vorsehe - auch keinen Tausch von Land. Zugleich forderte er Verhandlungen bei einem Dreiergipfel mit Putin und Trump - und verlangte Sanktionen für den Fall, sollte der Kremlchef ein solches Treffen ablehnen.
Nach dem Presseauftritt wollten Selenskyj und von der Leyen gemeinsam an einer Videoschalte der "Koalition der Willigen", zu der neben Deutschland vor allem auch Frankreich und Großbritannien gehören, sowie NATO-Generalsekretär Rutte teilnehmen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Selenskyj wird am Montag mit Trump in Washington über ein mögliches Ende des Krieges in der Ukraine sprechen. Trump hatte Putin am Freitag zu einem Gipfeltreffen in Alaska empfangen und seinem diplomatisch weitgehend isolierten Gast dabei buchstäblich den roten Teppich ausgerollt - obwohl gegen Russlands Machthaber ein internationaler Haftbefehl wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen vorliegt.
Konkrete Gesprächsinhalte gaben die beiden danach nicht preis. Allerdings kassierte Trump seine bisherige Forderung nach einer Waffenruhe vor etwaigen Friedensverhandlungen wieder ein - und schwenkte damit auf Putins Linie ein, ohne dass der russische Präsident selbst sichtbare Zugeständnisse gemacht hätte.
Zwar wurde das aus Sicht der Europäer schlimmste Szenario, ein Deal über den Kopf der Ukrainer hinweg, vorerst nicht zur Realität. Doch die Ernüchterung nach den intensiven Absprachen im Vorfeld - auch mit Trump - war deutlich spürbar. Putin durfte am Rednerpult neben seinem Gastgeber einmal mehr deutlich machen, dass für einen stabilen Frieden zuallererst die Grundursachen des Konflikts beseitigt werden müssten, so wie er sie definiert. Trump ließ das unwidersprochen - und betonte später in einem TV-Interview, er rate Selenskyj dazu, einem "Deal" mit dem militärisch überlegenen Angreifer zuzustimmen.
Besonders heikel ist die Frage möglicher Gebietsabtretungen, die Kiew bisher strikt ablehnt. US-Medien zufolge soll Putin verlangt haben, den kompletten Donbass mit den beiden Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine Russland zuzuschlagen. Trump habe diese Forderung an Selenskyj weitergereicht, berichteten die Nachrichtenagentur Bloomberg, die Zeitung "New York Times" und die Nachrichtenseite "Axios" jeweils unter Berufung auf informierte Kreise. Gegenwärtig kontrolliert Moskau nur Teile des Donbass.
Wie es nun weitergeht, dürfte maßgeblich davon abhängen, wie Selenskyjs Besuch in Washington verläuft - und mit welchen Forderungen er dort konfrontiert wird. Im Februar war sein Treffen mit Trump im Weißen Haus vor laufenden Kameras eskaliert, sodass der Ukrainer unverrichteter Dinge abziehen musste. In der Folge setzten die USA ihre für die Ukraine enorm wichtigen Militärhilfen vorübergehend aus. Aktuell kann er aber auf die Solidarität und Unterstützung der EU und führender europäischer Staaten setzen.