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Regierung einigte sich auf Konjunkturpaket

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Die Regierung will Investitionen fördern
©APA, HANS KLAUS TECHT
Die schwarz-rot-pinke Koalition hat sich in einer Regierungsklausur auf ein Konjunkturpaket in Höhe von einer Milliarde Euro geeinigt. Neues Geld gibt es nicht dafür: 600 Mio. waren im Budget schon heuer für Offensivmaßnahmen vorgesehen, weitere Mittel sollen durch Umschichtungen freigemacht werden. Geplant sind Investitionsanreize, eine Unterstützung energieintensiver Betriebe und Mittel für den Breitbandausbau. Zudem wurden kleinere Maßnahmen gegen die Teuerung angekündigt.

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Konkret einigte sich die Regierung unter anderem auf Investitionsanreize, indem ab 1. November der Investitionsfreibetrag von zehn auf 20 Prozent, bei ökologischen Investitionen von 15 auf 22 Prozent erhöht wird. Dafür werden 220 Mio. Euro in den kommenden beiden Jahren aus dem Budget locker gemacht. Das sei ein "eindeutiger Anreiz, Investitionen zu tätigen und Investitionen vorzuziehen", betonte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

Mit je 75 Mio. Euro sollen energieintensive Betriebe heuer und im kommenden Jahr unterstützt werden. Das entsprechende Gesetz soll bis Ende der Woche in Begutachtung gehen, so Hattmannsdorfer. Eine Entlastung soll es bei der Energieabgabe geben. Für den Breitbandausbau sollen für die Jahre 2027 bis 2029 jährlich 40 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden. Um mehr privates Kapital zu mobilisieren, soll ein Standortfonds geschaffen werden.

Im Kampf gegen die Teuerung setzt man bei den Lebensmittelpreisen vor allem auf die EU im Kampf gegen den "Österreich-Aufschlag" im Lebensmittelhandel. Indes sind auch einige nationale Maßnahmen geplant. Um der "Shrinkflation" - versteckte Preiserhöhungen durch Verkleinerung von Packungsinhalten - entgegenzuwirken, soll bis Jahresende eine gesetzliche Regelung zur Kennzeichnungspflicht ausgearbeitet werden. Mit dem heimischen Lebensmitteleinzelhandel will die Regierung einen "Schulterschluss gegen Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln" suchen.

Zudem soll die Statistik Austria ab Anfang 2026 eine Datenbank zur Preisbeobachtung einrichten, um ungerechtfertigte Preispolitik entlang der Lieferkette zu identifizieren. Die bestehende Preiskommission soll neu aufgestellt werden, zudem sind Änderungen bei der Grundpreisauszeichnung zur besseren Vergleichbarkeit und mehr Kontrollen geplant. Die Eingriffsmöglichkeiten der Bundeswettbewerbsbehörde sollen gestärkt und diese bei der Umsetzung eines umfassenden Wettbewerbsmonitoring unterstützt werden. Das Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern wird bis 2031 verlängert.

Der Handel reagierte wenig begeistert. Man trage die Verantwortung für die aktuelle Teuerung nicht, erklärte Christian Prauchner von der Wirtschaftskammer: "In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine Ausweitung der Kompetenzen von Bundeswettbewerbsbehörde und Statistik Austria tatsächlich einen sinnvollen Beitrag leisten würde oder ob sie im Gegenteil die Lebensmittelpreise durch noch umfangreichere Berichtspflichten zusätzlich verteuern könnte." Begrüßt wird dagegen der Kampf gegen den "Österreich-Aufschlag", und das auch vom Handelsverband, der hier die "oberste Priorität" sah.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) verwies auf die beschränkten Möglichkeiten der Regierung in Bezug auf Konjunktur und Teuerung. Die budgetäre Situation erlaube keine umfassenden Konjunkturmaßnahmen, daher gehe es darum, die Rahmenbedingungen zu verbessern. In Bezug auf die Budgetlage liege man "budgetär auf Kurs" insbesondere im Bund. Nachdem die meisten Konsolidierungsmaßnahmen erst mit 1. Juli in Kraft getreten seien, werde das zweite Halbjahr "entscheidend".

Auch bei den anstehenden Valorisierungen müsse man alles tun, um etwas gegen die Teuerung zu tun, betonte NEOS-Staatssekretär Josef Schellhorn. Die Unternehmen entlasten müsse man auch durch Entbürokratisierung. Dem Thema will sich die Regierung in einem eigenen Ministerrat noch heuer widmen.

Angekündigt wurden auch Arbeitsmarktmaßnahmen. Ab 2026 sind 50 Mio. Euro jährlich für die "Aktion 55 Plus" vorgesehen. Die vor allem von der ÖVP forcierte Steuer- und Abgabensenkung für weiterarbeitende Pensionisten soll wie geplant 2026 kommen. Gleichzeitig wird die Grenze für den geringfügigen Zuverdienst bis Ende 2027 eingefroren. Zum zuletzt heiß diskutierten Thema Teilzeit soll eine Taskforce eingesetzt werden, die Anreize und Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsstunden ausarbeiten soll.

Die Gegenfinanzierung sei gesichert, betonte die Regierung am Dienstag, blieb aber bei den Details vage. Verwiesen wurde auf Umschichtungen im Budget und Kürzungen bei den Förderungen. Einig ist man sich offenbar auch, dass die Pensionen - sozial gestaffelt - unter der Inflation, also unter 2,7 Prozent, erhöht werden sollen. Die Verhandlungen dazu stehen aber noch aus.

Das Maßnahmenpaket soll am Mittwoch im Ministerrat beschlossen werden. Kurz vor Beginn der zweitägigen Regierungsklausur zu den Themen Konjunktur und Teuerung am Dienstag hatte es neuerlich Hiobsbotschaften gegeben: Laut Schnellschätzung der Statistik Austria stieg die Inflationsrate im August auf 4,1 Prozent und damit deutlich über der Teuerungsrate von 2,1 Prozent in der Eurozone. Das "viel zu viel", betonte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) zu Beginn der Regierungsklausur zu Mittag. Als Ziel setzt sich die Regierung die Inflationsrate im kommenden Jahr auf zwei Prozent zu senken.

Bei der Regierungsklausur soll auch das Programm für das nächste halbe Jahr festgelegt werden. Aus Spargründen trifft sich die Dreierkoalition im Kanzleramt.

Seltene Zustimmung bekam die Dreierkoalition von der FPÖ. Die Investitionsanreize wurden von Wirtschaftssprecherin Barbara Kolm und Budgetsprecher Arnold Schiefer als "richtiges Zeichen" gelobt, allerdings hätte diese Maßnahmen aus Sicht der Freiheitlichen bereits im Juni bei einem entsprechenden blauen Antrag im Nationalrat umgesetzt werden können. Kritischer äußerte sich Generalsekretär Michael Schnedlitz. Mit dem Hin- und Herschieben von Geldern, die aufgrund des gigantischen Schuldenbergs ohnehin gar nicht vorhanden seien, versuche die Regierung, den Menschen Handeln vorzutäuschen.

Auch die Grünen reagierten nicht gerade begeistert. Budgetsprecher Jakob Schwarz sah "alten Wein in neuen Schläuchen". Milliardenschwere klimaschädliche Subventionen lasse die Regierung dazu unangetastet. Für den Industriestrom-Bonus würden sogar sinnvolle Energieeffizienz-Förderungen gestrichen.

Industriellenvereinigung (IV) und Wirtschaftskammer (WKÖ) äußerten sich zufrieden über die angekündigten Maßnahmen. Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen, Entbürokratisierung und die Einrichtung eines Standortfonds mit Wachstumsanreizen für Startups seien wichtige Impulse für Wirtschaftswachstum, so die IV. Im Pensionssystem und in der Verwaltung forderte sie indes einmal mehr strukturelle Reformen. Die WKÖ begrüßte die Vorhaben, längeres Arbeiten attraktiver zu machen und forderte eine rasche Umsetzung der Anhebung des Investitionsfreibetrags.

Der ÖGB drängte anlässlich der Klausur erneut auf einen Deckel für Mieterhöhungen bei freien Mieten und im geplanten Elektrizitätswirtschaftsgesetz (EIWG) auf einen Krisenmechanismus, bei Preissteigerungen am Energiemarkt einzugreifen.

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