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Der Aktionsplan war nach langen Verhandlungen mit Beteiligten aller Stakeholder Ende 2024 vom damaligen Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) vorgestellt worden; zu einem Beschluss im entscheidenden Gremium - der sogenannten "Bundeszielsteuerungskommission", die Vertreter von Bund, Ländern und Sozialversicherung vereint - kam es aber bisher nicht. Im Mai hieß es seitens Königsberger-Ludwig, der Plan solle nochmals überarbeitet werden. Befürchtungen von Patientenvertretern, dies würde ein völliges Aufschnüren bzw. einen Neustart des Plans bedeuten, entkräftete die Staatssekretärin nun im APA-Interview: "Wir nehmen das extrem ernst, was da drinnen steht."
Es gebe "ganz, ganz gute Punkte, die man umsetzen kann, manche muss man wahrscheinlich schnell umsetzen", sagte sie. "Überarbeiten heißt nicht, dass man das alles nicht macht, sondern dass man sich anschaut, wie kann man Teile aus dem Plan gut umsetzen. Und damit man so etwas gut umsetzen kann, braucht man die Stakeholder. Ohne die wird es nicht gelingen."
Daher sei die Einbindung aller Beteiligten abzusichern und der Plan in der Zielsteuerungskommission zu beschließen, gab Königsberger-Ludwig zu verstehen. "Man muss die Ärzte an Bord haben, man muss die Sozialversicherungsträger dabei haben, man muss die Länder dabei haben", verwies sie u.a. auch darauf, dass auch die Bundesländer bei der Errichtung von Behandlungsstellen die Finanzierung mittragen müssen. Auch erinnerte Königsberger-Ludwig an den Finanzausgleich, über den den Ländern 600 Millionen Euro für den Spitalsbereich und 300 Millionen für den niedergelassenen Bereich zur Verfügung gestellt wurden. Ein Teil dieser 600 Millionen Euro sei ja u.a. auch explizit für die Errichtung von spezialisierten Zentren für ME/CFS- bzw. PAIS-Betroffene vorgesehen.
"Wir werden auch daran gemessen werden, ob man auf Sicht gesehen - und das muss man wahrscheinlich jetzt relativ schnell tun - wirklich Angebote hat für die Menschen", so die Staatssekretärin. Sie verwies auch darauf, dass es wegen der teils schwer Betroffenen unterschiedliche Angebote bei der Versorgung brauchen werde: "Man wird etwas brauchen, wo die Menschen hingehen können und man wird mobile Teams brauchen, weil nicht alle mobil sind".
Auch in den Krankenhäusern werde man sich auf Akutfälle von Patientinnen und Patienten mit ME/CFS einstellen müssen - etwa mit speziellen Betten bzw. Zimmern. Für Betroffene sei ein Krankenhausbesuch (wegen der oft vorliegenden Reizempfindlichkeit, Anm.) ein großer Stress, da es dort keine abgedunkelten Zimmer und keine Ruhe gebe: "Du fährst ins Krankenhaus, weil es dir schlecht geht und eigentlich kommst du schlechter heim wie vorher."
Zu den Problemen von Betroffenen von ME/CFS und Post Covid bei der sozialen Versorgung - etwa im Zusammenhang mit Begutachtungen durch die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) - sagte Königsberger-Ludwig, hier könne sie die Aussagen von Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) vor einer Woche nur unterstützen. "Man muss das einfach schon ernst nehmen und auch miteinander an Verbesserungen arbeiten."
Schwierigkeiten in diesem Bereich hatte im Mai eine gemeinsame Recherche von APA, ORF und der Rechercheplattform Dossier aufgezeigt - etwa die oftmalige Nicht-Anerkennung der Erkrankungen von Patienten mit ME/CFS oder Post Covid bei der PVA. Probleme bringt das bei der Beantragung von Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditätspension oder (des temporären) Rehagelds, ähnlich verhält es sich beim Pflegegeld.
Verständnis zeigte Königsberger-Ludwig dafür, dass Patientenvertreter oft darüber klagen, sich nicht ernst genommen zu fühlen. Sie fühle sich hierbei an Diagnosen wie Burn-out erinnert, womit man auch lange Zeit nicht ernst genommen worden sei. "Das hat sich Gott sei Dank auch geändert, dass man das ernst nimmt."
Es gehe auch darum, Diagnosen richtig zu stellen - darum habe man auch das Referenzzentrum geschaffen, verwies sie auf die dortige Expertise. Das Bewusstsein für die Erkrankung sei mittlerweile aber schon gestiegen, sagte Königsberger-Ludwig. "Da muss man schon sagen, da hat die Patientinnen-Bewegung vieles geschaffen."
In Sachen Prävention und der oftmaligen Forderung (etwa von Referenzzentrums-Leiterin Kathryn Hoffmann) nach mehr "Lufthygiene" in öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Gesundheitseinrichtungen verwies Königsbergers Ressort auf die jeweiligen Zuständigkeiten: "Grundsätzlich ist eine Verbesserung der Lufthygiene - etwa durch regelmäßiges Lüften, Luftreiniger oder moderne Belüftungssysteme - ein sinnvoller und unterstützenswerter Ansatz, gerade in sensiblen Bereichen wie Spitälern, Amtsgebäuden oder Bildungseinrichtungen. Klar ist aber auch: Die Zuständigkeit für bauliche Maßnahmen liegt hier nicht beim Gesundheitsressort. Wir sehen es als unsere Aufgabe, Bewusstsein für gesundheitliche Prävention zu schaffen - aber der konkrete Vollzug muss durch die jeweils zuständigen Stellen erfolgen."
Gefragt nach dem aktuellen und zu erwartenden Infektionsgeschehen - insbesondere hinsichtlich einer neuen Covid-Welle - verwies man im Büro der Gesundheitsstaatssekretärin auf die aktuellen Abwasserdaten: "Wir sehen derzeit - wie schon im Sommer 2024 - einen moderaten Anstieg im Abwassermonitoring (https://abwassermonitoring.at/dashboard/). Die Situation ist vergleichbar mit dem Vorjahr und aktuell nicht besorgniserregend. Auch im SARI-Dashboard, das die stationären Aufnahmen mit schweren Atemwegsinfektionen zeigt, ist aktuell noch kein Anstieg der Aufnahmen mit COVID-19 zu sehen (https://www.sari-dashboard.at/)." Man beobachte die Entwicklung weiterhin "sehr genau", stehe in engem Austausch mit den Fachstellen und könne bei Bedarf rasch reagieren.
Wichtig sei, "dass sich möglichst viele Menschen im Herbst wieder gegen Influenza und COVID-19 impfen lassen - gerade mit Blick auf vulnerable Gruppen und das Gesundheitspersonal". Um die Impfbereitschaft zu stärken, sei auch heuer wieder eine breit angelegte Informationsoffensive geplant.
Mit der Corona-Pandemie sind postakute Infektionssyndrome (PAIS) wie Post Covid verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt - und damit auch ME/CFS. Als Auslöser fungieren auch andere Infektionen wie etwa Influenza oder Pfeiffersches Drüsenfieber. Weiters gelten u.a. Traumata, bestimmte Medikamente oder Toxine als mögliche Trigger.