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Linzer Bürgermeister: Land greift "in Taschen der Gemeinden"

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Vor fünf Monaten als Bürgermeister in Linz angelobt: Dietmar Prammer
©APA, WERNER KERSCHBAUMMAYR, TEAM FOTOKERSCHI, WERNER KERSCH
Seit fünf Monaten regiert Dietmar Prammer (SPÖ) offiziell in Linz. Aus "Didi zum Anfassen" ist "Herr Bürgermeister" geworden, der von jedem Ressort minus 15 Prozent bei den Ermessensausgaben erwarte. Die Finanzlage von Linz führte er im APA-Gespräch darauf zurück, dass Oberösterreich wie kein anderes Bundesland "voll in die Taschen der Gemeinden" greife. NEO-Landesparteichef, der 62-jährige Martin Winkler, komme ihm geistig frischer vor als manch "junge Zukunftshoffnung".

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Der Bürgermeister steht in seiner Stadt derzeit vor allem vor einer Herausforderung: den Stadtfinanzen. Auch wenn laut Rechnungsabschluss 2024 die Einnahmen mit 907 Millionen Euro um 37,5 Millionen Euro höher als prognostiziert lagen (Ausgaben: 928 Millionen Euro), meinte er, "dass wir uns für die Zukunft besser aufstellen müssen und sehr genau auf die Stadtfinanzen schauen müssen". Mit Blick auf das Doppelbudget 2025/26 hat er daher die "Losung ausgegeben", dass alle "Referentinnen und Referenten 15 Prozent bei den Ermessensausgaben" einzusparen haben. "Die kaufmännische Sorgfalt" mache für ihn "auch nicht vor den Parteien halt", weshalb er die Förderung für die Linzer Gemeinderatsfraktionen auf bisherigem Niveau einfrieren will.

Grund für die Sparmaßnahmen sind sinkende Einnahmen aus dem Bund und bei der Kommunalsteuer und zugleich steigende Ausgaben für Personal und Transfers an das Land. "Wir liefern über 100 Millionen Euro heuer dem Land als Krankenanstaltenbeitrag, als Sprengelbeitrag für das Gesundheitssystem." Dies entspreche zehn Prozent des Budgets für Krankenanstalten, "das ist schon sehr überbordend und nicht zu vergleichen mit anderen Ländern. Das Land Oberösterreich greift bei allen Töpfen, die es gibt, voll in die Taschen der Gemeinden". Der "inneroberösterreichische Finanzausgleich" bringe den Kommunen die höchste Transferbelastung, sagte der 50-Jährige, der auch Vorsitzender des oberösterreichischen Städtebundes ist.

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) begründe dies stets mit der eigenen angespannten wirtschaftlichen Situation. "Das Argument ist halt nicht sehr stichhaltig, wenn er sich damit rühmt, das einzige Bundesland mit einem Maastricht-Überschuss" zu sein, merkte das Stadtoberhaupt an. Er unterstütze "mit vollstem Herzen" den Vorstoß des designierten SPÖ-Landesparteichefs und Neo-Landesrats Martin Winkler, die Gesamtlast der Umlagen mindestens auf den Bundesdurchschnitt zu reduzieren.

Der 62-jährige Quereinsteiger in die Landespolitik ist für Prammer durchaus "das richtige Signal für eine Erneuerung" innerhalb seiner Partei. "Ich glaube, das Alter ist kein Gradmesser für politisches Engagement und für politische Weitsicht." Ihm komme der Unternehmer "mit seinen 62 Jahren im Geiste viel jünger vor, als manche, die vielleicht als junge Zukunftshoffnungen gegolten haben".

Den Blick wieder auf die Landeshauptstadt gerichtet, fand Prammer, der im Wahlkampf ein "Didi zum Anfassen" war und gut fünf Monate später - wenn er in Linz unterwegs ist - als "Herr Bürgermeister" angesprochen wird: "Wir haben große Projekte laufen" - wenngleich nicht alle mit dem gewünschten Ausgang. So wurde der Pilotversuch auf der Nibelungenbrücke von zwei baulich getrennten Fahrradstreifen bereits nach einer Woche eingestellt und eine der Spuren den Autofahrern zurückgegeben. Für Prammer ein "Fiasko", aber auf die Entscheidung habe er keinen Einfluss gehabt, da es sich um eine Brücke des Landes handelt, stellte er klar. Nun sollen Experten nach Lösungen suchen.

Die im Wahlkampf angekündigte PV-Anlagen-Pflicht für Neubauten kommt auch vorerst nicht. Der Plan, diese per Ediktalverfahren allgemein für alle Bebauungspläne einzuführen, scheiterte am Veto des Landes. "Wir sind davon ausgegangen, dass es geht. Wir haben im Rahmen einer Ediktalverordnung ja auch eine verpflichtende Dachbegrünung für Flachdächer über 100 Quadratmeter bei Neubauten vorgeschrieben." In Sachen PV-Anlagen könne hingegen die Stadt "nicht alle über 1.000 Bebauungspläne auf einmal ändern", sondern müsse dies für jeden einzelnen "peu à peu" tun, was "Jahrzehnte dauern" werde, ärgerte sich Prammer.

Andersherum hat aber auch der Bürgermeister bereits das Land (und den Bund) bei einem sogenannten Leuchtturm-Projekt ausgebremst, indem er die Umwidmung des Areals von Grün- in Bauland für die neue Digital-Uni IT:U neben der Johannes Kepler Uni (JKU) absagte. Aktuell läuft wieder die Standortsuche, im Gespräch ist eine Fläche unweit des ursprünglich geplanten Areals, beim Biodiversitätszentrum der JKU. Auch wenn "derzeit noch nichts fix"sei, im Gegensatz zum ersten Areal handle es sich nun nicht um Grünland, sondern um "eine für Sonderwidmung Universität bzw. Museum bereits gewidmete Fläche". Das heißt, auf diesen beiden Flächen könne an sich schon gebaut werden, so Prammer.

Für ihn ist aber auch noch immer die Post City neben dem Hauptbahnhof ein "hochattraktives" Areal. "Ich kann mir die Universität dort gut vorstellen. Es ist aber immer auch eine Frage der Finanzierung, logischerweise auch der Kosten, der Baukosten, der Grundstückskosten. Und man muss natürlich auch abwägen, welche Synergien hat die Nähe zur Universität, zur JKU und welche Vorteile hat möglicherweise ein anderer Standort.

"Game over" hieß es vergangene Woche für Linz und Wels als mögliche Veranstaltungsorte für den Song Contest im kommenden Jahr. Dass sich die beiden Städte doch nicht beworben haben, war für Prammer nicht wirklich überraschend. "Letztendlich ist es darum gegangen, kann Wels mit der Halle die Anforderungen erfüllen." Und dann habe sich herausgestellt, "was zu befürchten gewesen war, dass Wels das nicht kann."

Durch den zwangsweisen Rücktritt Klaus Lugers im August des Vorjahres wegen der einst geschobenen Bestellung des Direktors der Linzer Veranstaltungsgesellschaft LIVA war aus der beabsichtigten geordneten Machtübergabe 2025 nichts geworden. Vielmehr wurde unerwartet eine Neuwahl nötig und Prammer setzte sich gegen den freiheitlichen Mitbewerber Michael Raml durch. Da es durch das "Proporzsystem gar nicht anders möglich" sei, arbeite er in der Stadt auch mit der FPÖ zusammen. Er stehe dazu, dass "wir in Linz auch schon Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ" gehabt haben, meinte er rückblickend auf jene Jahre von 2015 bis 2019 unter Luger.

Das Nein seines Bundesparteichefs Andreas Babler zu einer Regierungszusammenarbeit mit den Blauen stehe für ihn da nicht im Widerspruch: "Der Unterschied zum Bund ist natürlich schon ein eklatanter, weil im Bund gibt es eben ein Mehrheitssystem, kein Proporzsystem. Außerdem liegen dort natürlich die Materien, die uns von der FPÖ am meisten trennen - etwa wenn es um Medienfreiheit geht, Menschenrechte, Asylrecht und das Sozialsystem".

Zur Person: Dietmar Prammer wurde am 9. September 1974 in Linz geboren und befindet sich in einer Lebensgemeinschaft. Er studierte an der Johannes Kepler Universität (JKU) Jus und absolvierte das Masterstudium General Management an der Hamburger Fern-Hochschule. Er war für die Oberösterreichische Landesregierung tätig, u.a. im Büro von SPÖ-Landesrätin Birgit Gerstorfer. Seit 2021 war er in Linz Stadtrat für Liegenschaften, Bau und Stadtplanung, Wohnbau und Schulen, am 6. Februar 2025 wurde er als Bürgermeister angelobt. Für die SPÖ engagierte er sich in Linz früh. Er war Politischer Sekretär für die SPÖ-nahe Aktion Kritischer Schüler und für die Sozialistische Jugend, später Geschäftsführer der Initiative Kritischer Studenten an der JKU. 2017 zog er in den Gemeinderat ein.

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