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In der Hauptstadt Kiew und in anderen Großstädten der Ukraine wiederum war es im Gegensatz zur Nacht davor vorerst ruhig. Unklar ist, ob die Kämpfe an den Frontlinien auch vorübergehend eingestellt wurden. Ein Augenzeuge an der Front berichtete der Nachrichtenagentur Reuters, er höre keine Kampfgeräusche.
Die von Russland einseitig verkündete Waffenruhe über die Tage des Weltkriegsgedenkens war an sich mit Anbruch des Donnerstags in Moskau um 0.00 Uhr Ortszeit (Mittwoch 23.00 Uhr MESZ) in Kraft getreten. Die Feuerpause im Ukraine-Krieg soll bis Samstag um Mitternacht dauern. Der Ukraine-Beauftragte von US-Präsident Donald Trump, Keith Kellogg, berichtete unterdessen von angeblichen Kiewer Vorschlägen für einen Waffenstillstand, darunter einer entmilitarisierten Zone entlang der Front.
Die 72-stündige Waffenruhe deckt laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS die Tage ab, in denen Russland an den Sieg über Nazi-Deutschland und das Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 erinnert.
Kellog betonte am Mittwoch, die Ukraine sei zu einem Einfrieren der Kämpfe mit Russland in den derzeitigen Positionen und zur Einrichtung eines 30 Kilometer breiten Sicherheitsstreifens bereit. Der Ex-General erklärte dem TV-Sender Foxnews, Präsident Trump ist mit den Verhandlungen aktuell "nicht zufrieden".
"Was sie den Russen eigentlich sagen: Wir ziehen uns um 15 Kilometer zurück, zieht ihr euch auch um 15 Kilometer zurück! Dann haben wir eine 30-Kilometer-Zone, die man überwachen kann", gab Kellogg die angebliche Kiewer Position wieder. Ein weiterer Vorschlag sei, dass europäische Länder wie Frankreich, Großbritannien, Deutschland und andere den Luftraum westlich des Flusses Dnipro überwachen sollten.
Aus der Ukraine gab es für diese Angaben keine Bestätigung. In Moskau sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, Russland habe von den Amerikanern nichts zu einem ukrainischen Vorschlag für eine demilitarisierte Zone gehört.
Im Gegenteil zeige die Ukraine mit ihren Drohnenangriffen, dass sie keinen Frieden wolle und zu "terroristischen Aktionen" neige, sagte Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. "Das rechtfertigt eine Fortsetzung der militärischen Spezialoperation" - so nennt Moskau den Krieg gegen Nachbarland offiziell. Die Einstellung des Feuers an einer so langen Front sei "mit einer Menge von Fragen verbunden, die bearbeitet werden müssten", kommentierte Maria Sacharowa, Sprecherin des Außenministeriums.
Unterdessen wurden erneut Drohnenangriffe aus der Ukraine gemeldet. Wie der Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin am Mittwoch erklärte, griff die ukrainische Armee mit mehr als einem Dutzend Drohnen an, von denen die meisten abgewehrt worden seien. Die Rettungskräfte seien mit Spezialteams an den Orten im Einsatz, an denen Trümmerteile niedergegangen seien, schrieb er im Onlinedienst Telegram.
Die ukrainische Armee hat mit vielen Drohnen den zivilen Flugverkehr von und nach Moskau in den Tagen vor dem Weltkriegsgedenken am 9. Mai empfindlich gestört. Präsident Wladimir Putin habe aber keine neuen Befehle für eine Vergeltung erteilt, sagte Peskow. Auf Putins Befehl soll mit Tagesanbruch um 0.00 Uhr am Donnerstag eine dreitägige Feuerpause beginnen.
Kurz davor hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den weitergehenden Vorschlag einer Waffenruhe von 30 Tagen bekräftigt. "Unser ukrainischer Vorschlag, die Angriffe zu stoppen und das Feuer für mindestens 30 Tage einzustellen, bleibt in Kraft", sagte er in einer Videobotschaft. "Wir ziehen diesen Vorschlag nicht zurück, der der Diplomatie eine Chance geben könnte."
Von Russland gebe es aber keine Antwort außer neuen Angriffen, klagte Selenskyj. Vor der von Kremlchef Wladimir Putin angekündigten Feuerpause ab Mitternacht habe die russische Armee die Ukraine den ganzen Mittwoch mit Drohnen und Raketen angegriffen.
US-Präsident Donald Trump hat sich mit Blick auf den Stand der Verhandlungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs erneut unzufrieden gezeigt. Angesprochen auf eine Aussage seines Vizepräsidenten JD Vance, der dem Kreml zu viele Forderungen für ein Kriegsende vorgeworfen hatte, sagte er im Weißen Haus: "Wir kommen an einen Punkt, an dem einige Entscheidungen getroffen werden müssen. Ich bin nicht zufrieden damit."
Trump wusste bei der Pressebegegnung allerdings nicht im Detail über Vances Aussage Bescheid. "Wann hat er das gesagt?", fragte er. Die Reporterin antwortete: "Heute Morgen." Daraufhin entgegnete Trump, das könne gut sein - Vance wisse womöglich "einige Dinge", während er selbst mit anderen Themen befasst gewesen sei.
Vance hatte bei einer Veranstaltung in Washington wenige Stunden zuvor gesagt, es sei wichtig, die Perspektive des Kremls zu verstehen. Zudem pochte er auf direkte Gespräche zwischen Kiew und Moskau.