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Israelische Schüsse gegen Diplomaten sorgen für Empörung

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Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS)
©AFP, APA, NICOLAS TUCAT
Schüsse israelischer Streitkräfte in Richtung einer Delegation ausländischer Diplomaten im besetzten Westjordanland sorgen in der Europäischen Union für Empörung. Laut dem Wiener Außenministerium (BMEIA) war auch ein österreichischen Diplomat betroffen. Dem Leiter der Vertretung in Ramallah, Marian Wrba, gehe es aber gut, hieß es am Mittwoch auf APA-Anfrage. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger erklärte auf "X": "Ich bin sehr erleichtert, dass ihm nichts passiert ist."

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"Ich habe mit unserem österreichischen Vertreter vor Ort telefoniert", ließ Meinl-Reisinger über die Online-Plattform wissen. Zudem hielt die NEOS-Außenministerin fest: "Es ist völlig klar: so etwas darf nicht passieren, genau deswegen gehen wir davon aus, dass der Vorfall auch von den israelischen Behörden aufgeklärt wird."

Das Vertretungsbüro Ramallah repräsentiert Österreich in den Palästinensischen Autonomiegebieten. Es wurde 1998 eingerichtet und koordiniert unter anderem auch die österreichische Entwicklungszusammenarbeit (Austrian Development Agency/ADA) an Ort und Stelle. Die im Westjordanland gelegenen Stadt Ramallah ist ein politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der palästinensischen Autonomiegebiete.

Nach bisher vorliegenden Angaben hatte die israelische Armee zuvor bei einem Besuch von rund 20 Diplomaten in der Stadt Jenin Schüsse in der Nähe der Delegation abgefeuert. In der Delegation befanden sich Delegierte aus mehreren EU-Ländern, darunter Österreich sowie Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien oder Spanien.

In der Stadt gibt es auch ein Flüchtlingslager. Medienberichten zufolge wollte die ausländischen Diplomaten das Camp besichtigen, um sich über die humanitäre Lage vor Ort zu informieren.

Israels Militär teilte mit, die Delegation sei von einer zuvor genehmigten Route für den Besuch von Jenin abgewichen und habe ein Gebiet betreten, in dem sie sich nicht hätten aufhalten dürfen. Israelische Soldaten hätten Warnschüsse abgegeben, um die Gruppe auf Distanz zu halten, hieß es. Nachdem sich herausgestellt habe, dass es sich um die Diplomaten handelte, habe die Armee eine Untersuchung eingeleitet.

Es solle zudem mit den Vertretern der von dem Vorfall betroffenen Länder gesprochen werden. Sie sollen über die Ergebnisse der Untersuchung informiert werden. Die Armee betonte in der Mitteilung, die entstandenen Unannehmlichkeiten zu bedauern.

Verletzte oder Schäden wurden nicht gemeldet. Der Vorfall ereignete sich während eines von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) organisierten Besuchs internationaler Diplomaten in dem Gebiet. Wie mehrere Medien berichteten, befand sich die Delegation in Jenin, um das dortige Flüchtlingslager zu besichtigen und sich über die humanitäre Lage vor Ort zu informieren. Das Außenministerium der PA bezeichnete den Vorfall als einen "eklatanten und schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht".

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas forderte Israel in einer ersten Reaktion nachdrücklich auf, den Vorfall zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. "Jegliche Bedrohung des Lebens von Diplomaten ist inakzeptabel", sagte sie.

Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot bezeichnete das Geschehen als "nicht hinnehmbar" und kündigte die Einbestellung des israelischen Botschafters in Frankreich an. Das spanische Außenministerium erklärte: "Wir stehen in Kontakt mit anderen betroffenen Ländern, um gemeinsam auf das Geschehene zu reagieren, das wir aufs Schärfste verurteilen."

Nach Angaben des belgischen Außenministers Maxime Prévot befand sich die Delegation auf einem offiziellen Besuch in der Stadt, der mit der israelischen Armee koordiniert war. Sie waren demnach in einem Konvoi von etwa zwanzig deutlich erkennbaren Fahrzeugen unterwegs.

Aus Berlin hieß es: "Diesen unprovozierten Beschuss verurteilt das Auswärtige Amt scharf. Wir können von Glück reden, dass nichts Schlimmeres passiert ist." Die israelische Regierung müsse umgehend die Umstände aufklären und die Unverletzlichkeit von Diplomatinnen und Diplomaten respektieren.

Der Vorfall in Jenin verdeutlicht, wie gefährlich die Lage im von Israel besetzten Westjordanland ist. Angespannt ist sie seit langem - seit dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 hat sie sich noch verschärft. Seitdem wurden dort nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei israelischen Militäreinsätzen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Anschlägen von Extremisten mehr als 900 Palästinenser getötet. Zugleich gibt es verstärkt Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen palästinensische Zivilisten.

Jenin gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Israel hatte dort im Jänner die größte Militäroffensive gegen bewaffnete Gruppierungen seit langem im Westjordanland begonnen. UNO-Angaben zufolge mussten Zehntausende Menschen ihre Häuser in den betroffenen Gebieten verlassen.

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