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Es ist ein üppiger, detailreicher und zahlreich bebilderter Band, über weite Strecken eine Oral History, erzählt natürlich von McCartney, aber auch von Mitmusikern und Zeitzeugen von Mick Jagger über Dustin Hoffman bis Tony Visconti. Manche Kommentare sind aktuell, viele aus dem Archiv - so kommen etwa auch Linda McCartney, George Harrison und John Lennon zu Wort. McCartney hält fest: "Jahrzehntelang habe ich die Geschichte, wie es mir nach dem Zusammenbruch der Beatles ging und was in dieser Zeit passierte, in der wir Wings gründeten, unter Verschluss gehalten." Das Buch bietet demnach mehr als eine Band-History, sondern blickt ins Innenleben McCartneys und deckt auch Ereignisse abseits der Wings ab.
"Ich habe mich da ganz schön was getraut. Wir haben uns auf ein verrücktes Abenteuer eingelassen. Ich wollte eine Band gründen mit meiner Frau, die keinerlei Bühnenerfahrung hatte", so McCartney über den Beginn der Wings. Seine Bilanz: "Entgegen aller Widrigkeiten und Prüfungen - und im Angesicht von sehr viel harter Kritik - wachten wir eines Tages plötzlich auf und stellten fest ... wir haben es geschafft!" Die turbulenten Jahre dazwischen dokumentiert "Wings".
Die Reise über mehr als 500 Seiten beginnt mit dem Ende der Beatles und dem missverstandenen Solo-Album ("RAM") McCartneys, sie behandelt die Entstehung von Erfolgsalben wie "Band On The Run" und "Venus And Mars" oder dem durchwachsenen Debüt "Wild Life". Ergänzend zu den geschilderten Begebenheiten rund um die Produktionen gibt es im Anhang eine ausführlich kommentierte Diskografie (und Timeline). Erhellend sind Kommentare zu Songs, die aus unterschiedlichen Gründen für Aufsehen sorgten - vom politischen "Give Ireland Back To The Irish" über den Kitschfolk "Mull Of Kintyre" bis zum Kinderlied "Mary Had A Little Lamb".
Auch legendäre Touren wie "Wings Over America" stehen im Fokus. Dazu gehört "Wings Over Europe", wo die Band hippiemäßig in einem Doppeldecker-Bus unterwegs war. "Leider kam der Tourbus nicht auf die Geschwindigkeit, die den Begriff 'Wings' suggeriert", heißt es. Daher musste die Band oft umsteigen, um rechtzeitig zum Auftritt zu kommen. Für Fans besonders spannend sind wohl McCartneys Erinnerungen an den letzten Abend mit John Lennon, als es fast noch zu einem gemeinsamen Auftritt gekommen wäre. Nicht fehlen darf jene Episode, die für viele das Ende der Wings markierte, als McCartney in Japan mit Marihuana im Koffer erwischt wurde und in Tokio einsaß. Im Buch "spricht" dazu der Gefängniswärter.
Parallel erschien eine Werkschau der Wings auf Tonträger, schlicht "Wings" benannt. Auf einer CD bzw. LP befinden sich zwölf remasterte Hits. Die limitierte Version auf drei LP bzw. Doppel-CD bietet eine 32 Tracks umfassende Anthologie.
(S E R V I C E - Paul McCartney: "Wings - Die Geschichte einer Band on the Run", aus dem Englischen von Conny Lösch, Herausgeber Ted Widmer, C.H. Beck Verlag, 549 Seiten, 46,50 Euro)






