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Mick Herrons Debüt vor "Slow Horses" erstmals auf Deutsch

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Autor Mick Herron und seine Ehefrau Jo
©MICHAEL TULLBERG, APA, GETTY IMAGES NORTH AMERICA
Mick Herron war kein schneller Erfolg vergönnt. 2003 erschien sein erster Roman "Down Cemetery Road", 2010 startete er mit "Slow Horses" eine Reihe an Spionageromanen, die ihm erst fünf Jahre später den Durchbruch bringen sollten. Nun veröffentlichte der Diogenes Verlag mit mehr als 20 Jahre Verspätung das Debüt des britischen Autors in deutscher Übersetzung. "Down Cemetery Road - Zoë Boehm ermittelt in Oxford" ist ein actionreicher Thriller, zunächst mysteriös, dann rasant.

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"Wenn ich den Roman heute schreiben würde, wäre er wahrscheinlich kürzer, aber ich finde nichts daran allzu peinlich", sagt Herron in einem vom Verlag verbreiteten Interview. Sein Urteil spricht für sich. Im Mittelpunkt steht eine Frau, die aus Sorge um ein Kind in einen Sog an Gewalt gerät. In der ersten (besseren) Hälfte der Geschichte lässt Herron seine Leserinnen und Leser mit der Protagonistin im Dunkeln tappen und in eine Falle laufen. Dann ändert sich die Atmosphäre, aus einem Suspense- entwickelt sich ein Agenten-Thriller mit Blutvergießen und ein Roadtrip bis nach Schottland.

"Down Cemetery Road" ist geschickt konstruiert und enthält bereits Elemente, die Herron schließlich so berühmt machten, dass er 2019 endgültig seinen Job als Korrektor aufgeben konnte. Nach einem "Vorspann" mit bedrohlichem Unterton, der Fragen aufwirft, die erst viel später beantwortet werden, führt der Autor in die Wohnung des Paares Sarah und Mark in Oxford, wo ein Abendessen aus dem Ruder läuft: Nicht nur, dass sich die Gäste in die Haare kriegen, fliegt in der Nähe ein Haus in die Luft. Ein Kind soll überlebt haben, ist aber aus dem Spital verschwunden. Sarah wird neugierig - plötzlich steht ihre Welt auf dem Kopf.

Nachdem "Slow Horses", die Spionagereihe um Jackson Lamb, für Apple TV+ als Serie verfilmt wurde, schießt der Streamingdienst nun "Down Cemetery Road" als Mehrteiler nach. In Hauptrollen spielen Ruth Wilson und Emma Thompson, die auch das Vorwort zur Neuauflage des Romans schrieb und sich als Herron-Fan "outete". Etwas irreführend ist der Zusatz der deutschen Ausgabe, "Zoë Boehm ermittelt in Oxford". Denn diese hat im Buch (im Gegensatz zur Verfilmung) nur eine Nebenrolle, erst in drei weiteren Romanen stellte Herron sie in den Mittelpunkt.

Herron erzählt "Down Cemetery Road" aus verschiedenen Blickwinkeln und hat seine Aufgabe gelernt, wie man Pageturner aufbaut. Vielleicht ist sein Erstling nicht so gefinkelt und originell (vor allem, was die Auflösung betrifft) wie die "Slow Horses"-Reihe. Aber die Spannung hält, es gibt interessante Charaktere, die Geheimnisse haben, eine dunkle Behörde und ebensolchen Humor. Was die Länge betrifft, hat der Autor Recht: Im letzten Drittel hätte dem Roman eine Straffung gut getan.

(Von Wolfgang Hauptmann/APA)

(S E R V I C E - Mick Herron: "Down Cemetery Road - Zoë Boehm ermittelt in Oxford", aus dem Englischen von Stefanie Schäfer, Diogenes Verlag, 560 Seiten, 20 Euro)

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