Diese Top-Produzenten stecken hinter den Eigenmarken von Hofer, Billa & Spar: Kaum ein Segment ist so umkämpft wie der heimische Lebensmittelhandel. Tausende Filialen von Spar über Billa bis Hofer buhlen um das tägliche Haushaltsbudget der Österreicher.
Das Argument, dass den Konsumenten wirklich zuverlässig in die Filiale bewegt, ist noch immer der günstigtste Preis. Und den haben die Diskonter längst nicht mehr für sich gepachtet.
Eigemarken am Vormarsch
Die Wunderwaffen im Preiskampf sind Eigenmarken. Der Rewe-Konzern, unter dessen Flagge Billa, Merkur, Penny und Adeg segeln, schickt seine Billig-Marke "Clever“ in die Schlacht mit den Diskontern. Der Spar-Konzern wiederum unterwandert die Preishürden mit seiner günstigen Linie "S-Budget“.
Das Wachstum speziell dieser Eigenmarken ist enorm. Die Preise sind meist unglaublich niedrig. Der Konsument kann sich nur wundern und fragen, wer die Zeche für die billigen Waren wirklich zahlt.
Der Lebensmittel-Code
Als erstes stellt sich allerdings die Qualitätsfrage: Was ist wirklich drinnen, in den Billigprodukten? Macht man sich auf die Suche nach den Produzenten, findet man auf den Verpackungen meist nur dürftige Hinweise. Einzig Hofer führt sehr viele Hersteller auf der Packung an. Doch die NEWS-Recherchen ergaben, dass es mitunter Codes gibt, die zu den Produzenten führen.
So muss auf allen Milch- und Fleischprodukten verpflichtend der Code des Produzenten vermerkt sein (siehe Seite 64). Geht man dem Buchstaben und Zahlen auf den Grund, so staunt man nicht schlecht, welche Top-Markenproduzenten hinter den Billigmarken stecken.
Top-Markenproduzenten
Wer hätte gedacht, dass im "Clever“-Plastikbecher gutes NÖM-Joghurt zu finden ist? Und das zu einem sehr wohlfeilen Preis. Und es sammeln sich noch mehr klingende Namen unter den Produzenten der billigen Handelsmarken.
Berglandmilch, Alpenmilch Salzburg, Ennstal Milch und Kärntnermilch sind ebenfalls mit von der Partie. Aber auch hochwertige Produzenten wie Bahlsen, de Beukelaer, Radatz, Ölz und Handl Tyrol mischen mit im Kampf um die preisbewusste Kundschaft. "Handl Tyrol produziert Eigenmarken weil der Discount-Bereich einen maßgeblichen Anteil des Marktes ausmacht“, teilt uns der Tiroler Speck-Spezialist auf Anfrage mit. Oder anders ausgedrückt: Die Produzenten von teuren Herstellermarken erschließen sich damit einen neuen Kundenstamm und sichern sich wichtige Umsätze. "Es ist eine deutliche Polarisierung bei den Konsumentenbedürfnissen zu beobachten: einerseits der Wunsch nach hochwertigen Produkten mit österreichischem Bezug, aber auch eine relevante Käufergruppe, bei der vor allem der Preis im Focus steht“, so Bernhard Ölz vom gleichnamigen Großbäcker.
Gleiche Qualität, kleiner Preis?
Bekommt der Kunde, der zur Eigenmarke eines der Handelsriesen greift, nun die gleiche Qualität, wie bei einem Markenprodukt? Ja, ist es gar derselbe Inhalt? Hier halten sich die Hersteller so bedeckt wie möglich. Keiner will sagen, dass es sich um exakt das gleiche Produkt handelt. Weiß man erst, dass die bei Hofer erhältliche "Vitaquelle“ von Güssinger abgefüllt wird, so mag man leicht denken, es ist das selbe drinnen. Nur eben ist die Hofer-Eigenmarke um 46 Prozent billiger.
Selbiges gilt für die "Clever“-Frankfurter, die von Radatz hergestellt werden. Diese sind um 55 Prozent billiger als die Radatz-Frankfurter. Beide fanden wir übrigens bei unserer Recherche nebeneinander im Regal. "Die Qualität ist bei beiden Produkten gleich hoch“, erklärt Radatz-Verkaufsleiter Johann Pichler generell zu den Handelsmarken. Warum dann "Clever“ billiger ist, beantworter er so: "Der wesentliche Unterschied liegt in der Kostendegression, die eine effiziente und konstante Auslastung der Produktionskapazitäten ermöglicht. Selbstverständlich werden diese Vorteile von Industrie und Handel an den Endverbraucher weitergegeben - zugegeben oft deutlicher als beim Markenprodukt“, so der Radatz-Verkaufsleiter.
Wofür man mehr bezahlt
Einig sind sich die Hersteller, wenn es um ihren Qualitätsanspruch geht. Dieser gelte auch bei der Produktion der Handelsmarken. Denn man habe ja schließlich einen Namen zu verlieren. Aber wo liegt dann der Unterschied für den Kosumenten? Im Hause des Molkereikonzerns NÖM formuliert man es so: "Es gibt Unterscheidungsmerkmale. Die Verpackung, die Rezeptur, die Verpackungsgröße.“ Handels-Experte Peter Schnedlitz sagt es deutlicher: "Ich wage zu bezweifeln, dass es sich um exakt das gleiche Produkt handelt. Aber ein anderes Rezept heißt nicht, dass es minderwertig ist“, so der Universitätsprofessor (siehe Interview Seite 62).
Ein kleiner Unterschied muss also sein, damit sich die Markenhersteller nicht selbst das Wasser abgraben. Andere Rezepte, ein leicht veränderter Geschmack, sagen die Hersteller. Manche Experten meinen hingegen, die Umrüstung der Produktion sei zu teuer und der Unterschied nur Legende. Aber das muss jeder Konsument für sich entscheiden.
Verpackungs-Verwirrungen
Deutliche Unterschiede haben wir allerdings in den Packungsgrößen festgestellt. Ganz so, als wolle man den Konsumenten den Vergleich etwas schwieriger machen. Meistens sind die Packungen bei den Billigmarken wesentlich größer. So findet man bei Hofer die "Finest Bakery Orange Cake“, die den "Messino“-Keksen von Bahlsen verblüffend ähnlich sehen. Tatsächlich ist Bahlsen auch der Hersteller der Hofer-Sorte. Nur: Dort werden gleich 300 Gramm pro Packung für 99 Cent angeboten. Die "Messino“ kauften wir in einer 125-Gramm-Packung für 1,89 Euro. Der Vergleich beim Einkauf fällt schwer, was nicht verwundert, wenn man sich die Ersparnis ausrechnet: Es sind stolze 78 Prozent, die man sich beim Kauf der Hofer-Kekse gegenüber dem Markenprodukt von Bahlsen erspart.
Der Zwang
Keksfabrikant Werner Bahlsen erklärte sich vor wenigen Tagen in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung“: "Wir wollten bei Aldi rein und das ging nur mit einer Handelsmarke. Wir hatten kaum eine Wahl, obwohl wir uns selbst Konkurrenz machen. Wer bei Billigmarken nicht mitmacht, ist draußen“, so Bahlsen.
Das bestätigen viele heimische Produzenten, die aber mit diesen Aussagen nicht vor den Vorhang treten wollen. Man müsse Billigmarken für die Handelsriesen erzeugen, weil man sonst Gefahr laufe, aus dem Geschäft gedrängt zu werden. Handels-Professor Schnedlitz dazu: "Die drei großen Handelskonzerne teilen sich 80 Prozent des Marktes. Das sagt viel.“
Spitz´Energydrink-Wunder
Andere Beispiele relativieren die Marktmacht aber wieder ein wenig. Der oberösterreichische Getränkehersteller Spitz scheint da ein Kapitel für sich zu sein. Spitz erzeugt sehr viele Produkte von Fruchtsaftsirup bis Ketchup für Hofer. Experten sagen, Spitz ist mit Hofer groß und erfolgreich geworden. Noch vor wenigen Jahren wurden Produzenten, die für Hofer geliefert wurden, von anderen Handelsketten verbannt. Für Spitz gilt dies keinesfalls.
Das markanteste Beispiel sind die Energydrinks, die Spitz herstellt. Da wäre erst einmal die erfolgreiche Eigenmarke "Power Horse“. Die Dose mit dem schwarzen Hengst konnte sich in einigen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens als Marktführer durchsetzen. "Power Horse“ gehört zur Spitz-Gruppe, wird aber völlig eigenständig geführt. Abfüller ist freilich die "S.Spitz GmbH“ in Attnang-Puchheim. Und ebenso wird dort ein anderer, höchst erfolgreicher Energydrink abgefüllt: der "S-Budget Energydrink“, den es bei Spar um 49 Cent pro Dose zu kaufen gibt. Damit aber nicht genug. Auch der Hofer-Energydrink "Flying Power“ wird ebenfalls von Spitz produziert. "Daneben füllen wir auch Energydrinks für einige ausländische Handelsmarken ab“, erklärt Unternehmenssprecherin Jutta Mittermair und fügt nicht ohne Stolz hinzu: "Wir sind hinter Red Bull sicher der Zweitgrößte auf diesem Markt.“
Marken unter Druck
Gerade was Energydrinks betrifft, veranschaulichen Experten vieler Branchen am Beispiel von Red Bull viele ihrer Thesen. Eine davon lautet, dass der Konsument nicht das Produkt, sondern eine Philosophie, eine Idee oder ein Lebensgefühl kauft. "Red Bull ist keine pickige Limonade, sondern flüssiges Adrenalin“, meinte der deutsche Markenexperte Frank Dopheide jüngst beim "Regal“-Branchentreff in Wien.
Nur ganz so leicht es für die Markenartikel-Produzenten nicht mehr. "Herstellermarken müssen sich warm anziehen und das ist die Botschaft“, formuliert es der deutsche Ökonom Franz Rudolf Esch. "Die Handelsmarken werden immer besser, das Marketing wird immer professioneller. Selbst Lidl wirbt sehr emotional für ihre Produkte im deutschen Fernsehen. Der Vorsprung schmilzt“; warnt Esch. Der Marketingexperte unterlegt seine Meinung mit einer Untersuchung, wonach "es bei den Kunden so ist, dass sich der Egal-Effekt durchsetzt. Alle Eier sind gleich. Wir haben festgestellt: Nur noch 15 Prozent der Kunden glauben, dass Innovation einen Unterschied zwischen Herstellermarken und Handelsmarken macht“, sagt der Experte.
Zwiespäliger Erfolg
Tatsache bleibt, dass die Eigenmarken stark wachsen. Die Hersteller freuen sich zwar über Auslastung, meist aber weniger über die Marge. Dies wiederum kann gut für den Kunden sein, solange die Arbeitsplätze im Land bleiben. Würden die Produzenten offener deklariert, könnte der Konsument dies mitentscheiden.