In ihrem Beststeller "Troublemaker" beschreibt Schauspielerin Leah Remini, wie ihr Leben innerhalb von Scientology ablief und warum es notwendig war, die Organisation zu verlassen. Ein Jahr nach der Erscheinung ist das Buch ab sofort auch auf Deutsch erhältlich. Wir haben einige der interessantesten Passagen für Sie zusammengefasst.
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Schon im Vorwort von "Troublemaker: Wie ich Hollywood und Scientology überlebte", schreibt Leah Remini offen über ihre Verfehlungen ("Ich habe gelogen", "Ich bin fremdgegangen"), um der Organisation zuvor zu kommen.
So kam Leah zu Scientology
Im Alter von 13 Jahren kam die bekannte "King of Queen"-Darstellerin erstmals mit Scientology in Berührung. Nachdem ihre Mutter der Kirche beigetreten war, besuchten Leah und ihre Schwester Nicole die Sea Org, eine eigene, strenggläublige Abteilung der Scientology-Elite. "Ich sah mir den Vertrag an und stellte schockiert fest, dass ich mich für eine Milliarde Jahre zum Dienst in der Sea Org verpflichten sollte, um dem ganzen Universum Ethik zu bringen", schreibt Leah Remini in ihrem Buch.
Leah fühlte sich zu Beginn sehr wohl in der Organisation. "Scientology hatte auf mich als Kind so eine starke Wirkung, weil ich den anderen endlich etwas voraushatte", schreibt sie. Doch es war nicht alles nur eitel Wonne. Ihr Vater, von dem sich ihre Mutter kurz vor ihrem Beitritt scheiden hatte lassen, führte Leah vor Augen, dass sie bei Sea Org für 15 Dollar die Woche putzen müsse, während ein Zimmermädchen durchschnittlich 125 Dollar bekäme.
Während ihrer Zeit bei Sea Org bekam Leah Remini Besuch von einem sogenannten Ethikoffizier. Dieser erklärte, ihm liege ein Wissensbericht vor, den ein Freund über sie verfasst hätte. "Wissensberichte sind ein System der Scientologen zur Erstattung von Meldungen übereinander. Damit soll die Vorstellung durchgesetzt werden, dass es Freunde in ihrer Freiheit einschränkt, wenn man nichts über sie verrät, und dass man damit zum Mittäter wird. Es ist wie systematischer Klatsch und Tratsch", erklärt Leah.
Ungebührliches Verhalten bei Sea Org
Weil sie mit einem Burschen schmuste und ihn dabei auch ein wenig unter ihre Blusen fassen ließ, wurde Leah vorgeworfen, "sexuell aberriert" (ein Scientologen-Begriff für "falsches Verhalten oder eine Abweichung von dem, was rational und geradlinig ist") zu sein. Eine Versetzung in eine Rehabilitierungseinheit drohte, doch Leahs Mutter war dagegen und zog mit ihren Kindern nach Los Angeles. "Trotz allem war meine Mutter immer noch sehr überzeugt von Scientology und davon, dass unsere Familie ihren Platz in dieser Kirche hatte. Deshalb glaubte ich das auch", erinnert sich die Schauspielerin.
Nachdem sie aus der Sea Org ausgeschieden war, belasteten Leah sogenannte "Schmarotzerschulden". Sie hatte an zahlreichen Kursen teilgenommen, die an sich kostenlos waren, die sie nach ihrem Rauswurf nun aber bezahlen sollte. Leah versuchte sich als Schauspielerin. "Ich hatte noch nicht lange in L. A. gelebt, als mir klar wurde, dass man im Grunde gar kein Engagement brauchte, um sich als Schauspieler zu bezeichnen", schreibt sie.
Leahs erste Schritte in Hollywood
Doch aus Leah Remini sollte sehr wohl bald eine Schauspielerin mit Engagement werden. In der Sitcom "Wer ist hier der Boss?" spielte sie Samantha Micellis Freundin Charlie Briscoe aus Brooklyn. Vor allem Tony Danza gab der Jungschauspielerin damals wichtige Tipps. "Tony war ausgesprochen liebevoll und auf väterliche Art fürsorglich. Er brachte mir alles bei, was man über ein Sitcom-Set wissen musste", schreibt Leah. Die Rolle der Charlie mimte Remini schließlich auch im "Wer ist hier der Boss?"-Spin-Off "Living Dolls". Nach 12 Episoden war die Serie, in der auch Halle Berry mitspielte, jedoch schon wieder Geschichte.
Nach einigen Absagen konnte sich Leah Remini gegen Jennifer Aniston durchsetzen und bekam eine Rolle in der Sitcom "Cheers". Neben ihrer Schauspieltätigkeit war sie auch bei Scientology ziemlich eingespannt. "Jeder 'kritische Gedanke' eines Scientologen ist sofort verdächtig. Diese Umwertung macht es Mitgliedern äußerst schwer, sich kritisch über Scientology zu äußern, denn es fällt so auf sie zurück, als hätten sie selbst etwas falsch gemacht. Hubbards Botschaft ist unmissverständlich: Kritisches Denken ist nichts, womit sich ein guter Scientologe befassen sollte", schreibt Remini.
Erstes Treffen mit Angelo Pagan
"1996 servierte mir das Universum Angelo Pagán - einen notorischen Betrüger mit drei Kindern. Perfekt. Ich möchte vorausschicken, dass jetzt keine Liebesgeschichte kommt. Ich meine, es ist schon eine Geschichte über die Liebe - nur eben keine, wie man sie gern später mal seinen Kindern erzählt", meint Leah Remini. Sie brachte ihn zu Scientology, nach der Trennung von seiner Ehefrau entschied er sich für ein Leben mit der Schauspielerin.
Beruflich hatte Leah einen weiteren Fehlschlag zu verkraften. Die Serie "Fired Up" wurde bereits nach kurzer Zeit abgesetzt. "Dass die Serie abgesetzt wurde, stellte nicht nur einen weiteren Fehlschlag meiner Karriere als Schauspielerin dar, sondern auch ein Scheitern als Scientologin", schreibt Remini. "Ein Scientologe ist für alles Schlechte, das ihm widerfährt, selbst verantwortlich. (Alles Gute ist dagegen der Kirche zu verdanken.) Der Gedanke lag daher nahe, dass das Ende von Fired Up durch meine Verfehlungen herbeigeführt worden war – oder dadurch, dass ich in meinem Leben irgendeine Technologie falsch einsetzte."
Der große Durchbruch mit King of Queens
Als Leah Reminis Agent ihr von einer neuen Serie namens "King of Queens" erzählte, war sie zunächst skeptisch: "Mir gefiel die Idee für die Serie zwar, doch ich hielt sie für altbacken und dachte, Sender hätten sicher mehr Interesse an Sitcoms über junge, gebildete Internetkarrieristen." Zum Glück sagte sie schließlich aber doch noch zu.
"Das hört sich klischeehaft an, doch bei King of Queens herrschte große Harmonie. Das ganze Team stand sich sehr nahe, und ich spürte nur Distanz, wenn es um das Thema Scientology ging. Ich behielt meine religiöse Überzeugung meist für mich. Obwohl ich fast jeden Tag vom Set direkt in die Kirche musste, sagte ich keinem, wohin ich ging", schreibt Leah Remini.
Keine typische Scientologin
Von Scientologen wird nicht nur erwartet, nach außen hin stets ein perfektes, glückliches Bild zu vermitteln, sie sollen auch Freunde und Bekannte anwerben. Leah fühlte sich dabei niemals richtig wohl in ihrer Haut: "Statt neue Leute für Scientology zu interessieren wollte ich instinktiv genau das Gegenteil tun, denn ich wusste ja, wie extrem diese Religion war." Anstatt neue Mitglieder zu rekrutieren, kümmerte sich die Schauspielerin lieber darauf, praktizierenden Scientologen zu helfen. "Wenn ich Ungerechtigkeit sah oder merkte, dass jemand nicht für sich eintreten konnte, dann musste ich den Mund aufmachen. Das machte mich zum inoffiziellen Fürsprecher all jener Scientologen, die in der Kirche aneckten, denn ich sagte jedem offen alles - ungeachtet seines vorgeblichen Rangs."
Von einem prominenten Scientologen wird nicht nur erwartet, ein Vorbild zu sein, es soll auch jede Menge Geld spenden. Leah Remini spendete der Kirche im Laufe ihres Lebens Millionen, um ihre Vorbildrolle zu erfüllen. Als sie wissen wollte, was mit ihrem Geld geschieht, begannen die ersten Probleme. Leah wagte zu fragen, ob jene 50.000 Dollar, die sie für Spezialeinsätze freiwilliger Scientology-Helfer nach dem Hurrikan Katrina spendete, wirklich den Opfern zugute kamen. "Als ich nach handfesten Belegen dafür fragte, dass tatsächlich Hilfsgüter verteilt worden waren, schickte man mich von Pontius zu Pilatus", schreibt sie.
Die Beziehung zu Tom Cruise
Trotz aller Bedenken spendete die Schauspielerin weiterhin fleißig. Als sie erstmals eine Million Dollar gespendet hatte, traf sie zum ersten Mal auf Tom Cruise. "Wenn Tom kam, wurde das Gebäude abgeriegelt. Die übrigen Prominenten, die das President’s Office frequentierten, mussten dann den anderen Eingang benutzen", schreibt Leah Remini. Sie wurde rasch in seinen engeren Kreis aufgenommen.
"Je mehr Zeit wir mit Tom verbrachten, desto mehr kam er mir wie ein großes Kind vor mit seinem lauten Lachen, seiner enormen Energie und seinen verrückten Einfällen", schreibt Leah. Sie berichtet in ihrem Buch von einem skurrilen Treffen in seinem Haus: "Einmal hatte er ein paar Scientologen und andere Prominente wie Will Smiths Frau Jada Pinkett Smith eingeladen und schlug plötzlich vor, Verstecken zu spielen. Ich hielt das zunächst für einen Scherz, aber nein - er wollte tatsächlich mit einer Gruppe erwachsener Menschen in seinem 650-Quadratmeter-Haus auf 1,2 Hektar umzäuntem Grund Verstecken spielen."
Die Hochzeit - der Anfang vom Ende
Je besser Leah Tom Cruise kennenlernte, desto suspekter wurde er ihr. Dennoch reiste sie zu seiner Hochzeit mit Katie Holmes nach Rom. Rasch erkannte sie jedoch, dass sie und ihr Ehemann Angelo wohl hauptsächlich deshalb eingeladen wurden, weil sie mit Jennifer Lopez und Marc Anthony befreundet waren. Tom und Katie wollten die beiden unbedingt dabei haben, obwohl sie sie gar nicht kannten. Offenbar sollte J.Lo für Scientology gewonnen werden.
Bei den Hochzeitsfeierlichkeiten benahm sich Leah Remini - aus Sicht von Scientology - daneben. Vor allem weil sie zu viele unbequeme Fragen stellte. Sie hatte das Gefühl, dass Tom Cruise und einige andere führende Scientologen nicht im Sinne der Kirche handelten. Für die Schauspielerin begann eine schwere Zeit.
"Ich fühlte mich furchtbar - verwirrt, wütend, verraten, im Stich gelassen. Doch niemand - nicht einmal Angelo - sollte sehen, wie tief mich diese Erfahrung aufgewühlt hatte. Ich war schließlich Scientologin und wusste, wie ich mich verhalten musste, um keine Reaktion zu zeigen. Ich hatte keine Ahnung, an wen ich mich wenden konnte, doch ich wusste, ich hatte nun eine Mission: Ich wollte Scientology retten."
Doch bei Scientology wollte man nichts von Leahs Bedenken hören, im Gegenteil. Die Schauspielerin wurde zur Ethikabteilung zitiert und innerhalb der Organisation degradiert. "Damals wusste ich das nicht, doch wer führende Kirchenvertreter anschwärzt, wird gewöhnlich durch Einschüchterung dazu gebracht zu widerrufen oder am Ende zur unterdrückerischen Person erklärt", schreibt Remini.
Ein neues Leben ohne Scientology
Nach 30 Jahren Mitgliedschaft sagte sich Leah Remini schließlich von Scientology los. Dies passierte zwangsläufig, als sei eine Vermisstenanzeige für Shelly Miscavige, die seit Jahren verschollene Frau des Kirchen-Chefs, aufgab. Leah traurige Erkenntnis: "Ein paar Jahre zuvor hatte ich groß meinen 40. Geburtstag gefeiert. All meine guten Freunde aus der Kirche waren eingeladen - Menschen, die ich kannte, seit ich ein Teenager war. Jeder überreichte mir zu diesem Anlass einen persönlichen Brief. Als ich die 35 Briefe durchsah, die ich an meinen Geburtstag bekommen hatte, erkannte ich, dass ich jeden der Scientology-Freunde, die mir damals geschrieben hatten, verloren hatte."
Leah versuchte, ihre Tochter Sofia von all dem, was ihr widerfuhr, fern zu halten, doch das Mädchen merkte, dass etwas nicht stimmt. "Eines Tages sah sie mich weinen. 'Mami, ich weiß, dass du mit Psychologie fertig bist' (ironischerweise verwechselte sie das Wort Scientology mit Psychologie), 'da drin', sagte sie und zeigte auf meinen Kopf. 'Doch du musst mit der Psychologie auch hier drin fertigwerden.' Und ihr Finger deutete auf mein Herz. Ich hatte meine Tochter nie so sehr geliebt wie in jenem Moment. Wie sie auf diese Idee kam, ist mir schleierhaft, doch ihre Worte waren weise über ihre Jahre hinaus."
Rückblickend weiß Leah Remini, dass sie großes Glück hatte. "Anders als viele, die von ihrer Familie verstoßen werden, wenn sie die Kirche verlassen, ist meine Familie mit mir ausgetreten, obwohl die Kirche tat, was in ihrer Macht stand, um uns auseinanderzubringen."
Rückblickend weiß Leah Remini, dass sie großes Glück hatte. "Anders als viele, die von ihrer Familie verstoßen werden, wenn sie die Kirche verlassen, ist meine Familie mit mir ausgetreten, obwohl die Kirche tat, was in ihrer Macht stand, um uns auseinanderzubringen."
Troublemaker: Wie ich Hollywood und Scientology überlebte *
von Leah Remini
mvg Verlag
ISBN-10: 3868826939
ISBN-13: 978-3868826937
19,99 Euro
Troublemaker: Wie ich Hollywood und Scientology überlebte
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