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Bachmannpreisträgerin Gangl legt "Frische Appelle" vor

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4 min
Steirische Autorin legt Sprechtexte in Buchform vor
©APA, HANS KLAUS TECHT
Natascha Gangls Texte materialisieren sich üblicherweise im Raum. Nun hat die 39-jährige Autorin, die heuer in Klagenfurt nicht nur den Ingeborg Bachmann-Preis gewonnen hat, sondern mit ihrem Beitrag "Da Sta" auch den Publikumspreis einheimste, ein neues Buch vorgelegt: "Frische Appelle & andere Sprechtexte" (Ritter Verlag) bietet einen Überblick über das Schaffen der gebürtigen Steirerin und versammelt vor Publikum aufgeführte Texte. Der Raum entsteht hier schnell im Kopf.

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"Mit hohen Absätzen können die gesetzten Sätze nicht so schnell davonfliegen, mit Absätzen bleiben sie schneller am Punkt!", heißt es etwa in "Flugversuch: Rufzeichen" und hier wird deutlich: Gangls rhythmisierte Sprache zieht sich durch ihr Schaffen, kreist immer wieder um sich selbst und bricht sie so lange auf, bis sie ihre kleinsten Bestandteile offenbart. Dort wird dann das Fragezeichen in seiner gesetzten Ausgestaltung zum "abgebrannten Lagerfeuer" und das "i" wird, sobald es einmal die "Schwerkraft überwunden" hat, zum Rufzeichen.

"All diese Texte können an unterschiedlichen Stellen aneinander montiert und wieder zerlegt werden", ruft Gangl in ihrem kurzen Nachwort zur Aktion auf. Denn: "Alle diese Texte stellen Anspruch auf eine permanente Uraufführung." Geschrieben wurden sie stets im Rahmen von "kollektiven, interdisziplinären Arbeitsprozessen", weshalb sich am Ende auch ein Quellenverzeichnis mit den jeweiligen Uraufführungen und Radiosendungen findet. Einige der 15 Texte, die in fünf Kapiteln gruppiert wurden, sind aus Performances des Kollektivs spitzwegerich bekannt, etwa der Auszug "Es ist Samstag", der aus dem im 2024 im Theater am Werk uraufgeführten "staub ... a little mindblow" stammt, das am 23. November Chancen auf einen Nestroy-Preis in der Kategorie "Beste Off-Produktion" hat.

Ein eigenes Kapitel ist auch Natascha Gangls "Klangcomics" gewidmet, die sie seit 2016 mit dem Elektro-Musik-Duo Rdeča Raketa, bestehend aus Maja Osojnik und Matija Schellander, entwickelt. Diese Hörstücke wurden sowohl live aufgeführt als auch im Radio gesendet und vereinzelt in Anthologien publiziert. In diesem fast 60 Seiten starken Kapitel zeigt sich die Musikalität und Experimentierfreudigkeit besonders stark, arbeitet Gangl doch mit unterschiedlichen Schrifttypen und -größen, Lautmalerei und eingestreuten Fremdsprachen.

Wie nah die Autorin der Konkreten Poesie ist, verdeutlicht das Figurengedicht "Menschen im Wald", dessen Strophen kleinen und großen Tannenbäumen gleichen. Entstanden ist es als eine der "Demontagen" im gleichnamigen Kapitel. Das mehrfach aufgeführte Theaterstück bezieht sich auf "HC Straches Lieblingsbuch 'Der Waldgang' von Ernst Jünger und den Heimatroman 'Menschen im Walde' von Reimmichl", wie die Autorin in der Quellenangabe erläutert. Unter den "Demontagen" findet sich auch das Dialektgedicht "Einnahn", das im Rahmen eines Projekts der Alten Schmiede entstand, das sich Christian Loidls Verfahren des "Schreibens als Halbschlafstimme" widmet.

"Frische Appelle" ist eine geglückte Sammlung bisher aufgeführter Texte, die auch in ihrer verschriftlichen Form nicht nur für Lyrik-Fans eine lohnende Lektüre bieten. "Lesen ist eine Wahrnehmungsübung im eigenen Innen", schreibt die Germanistin, Literaturkritikerin und Bachmann-Preis-Jurorin Brigitte Schwens-Harrant in ihrem Vorwort. Wie sich Gangl selbst verortet? Das macht sie in "Die Sprecherin" deutlich, wo es heißt: "Und meine Stimmbänder spannen einen Rahmen, der den Faden, der Luft ist, zerteilt und wieder zerteilt". Es lohnt auf jeden Fall, Natascha Gangl dabei zuzuhören.

(Von Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - Natascha Gangl: "Frische Appelle & andere Sprechtexte", Ritter Verlag, 208 Seiten, 25 Euro. Buchpräsentationen im Schauspielhaus Graz (4. Dezember) und in der Alten Schmiede Wien (9. Dezember). https://gangl.klingt.org/)

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