News.at: Wie unterscheidet sich die Musik mit deiner Familie heute von der der Kelly Family?
Angelo Kelly: Die Musik, die ich mit meiner Familie mache, ist ein bisschen anders. Sie hat sehr viel irischen Einfluss, wir wohnen ja seit fünf Jahren in Irland und ich wollte mich schon immer mit der irischen Musik, mit den Wurzeln beschäftigen und das hört und spürt man auf diesem Album.
Aber wir sind eine Familie, die Musik macht und mit meinen Geschwistern damals, das war auch eine Familienband. Insofern gibt es natürlich Parallelen, es gibt ähnliche Elemente aber genauso hat jedes Kind eine eigene Stimme, einen eigenen Einfluss. Von den Älteren oder von meiner Frau werden teilweise auch Songs geschrieben und dadurch unterscheidet sich das dann nochmal.
Du warst sehr jung als ihr auf dem Höhepunkt wart mit der Kelly Family. Hast du unter der Extrem-Situation auch gelitten?
Nein, gerade die Zeit auf der Straße fand ich super, das war fantastisch. Als ich zwölf war, hatten wir dann den großen Durchbruch. Da waren die ersten paar Jahre sehr aufregend, alles war neu, es war einfach nur unglaublich. Ende der 90er wurde es mir ein bisschen zu viel. Aber ich war dann mit 16 oder 17 auch in einem Alter, in dem man überlegen muss, wo man hin will. Aber sonst habe ich nichts zu beschweren. Ich kann mich sehr glücklich schätzen.
Der große Erfolg fiel genau in deine Pubertät. War das nicht schwer, gerade in dieser Teenie-Zeit niemals Privatsphäre zu haben?
Privatsphäre hatte ich nicht, das stimmt. Ich hatte acht Jahre lang einen Security immer bei mir. Aber ich glaube, was ich für mich gefunden hatte, war die Liebe zum Schlagzeug und das war das, was mir Halt gegeben hat. Das hat mir Fokus gegeben und es hat mir ziemlich den Arsch gerettet.
Was wäre gewesen, wenn du damals gesagt hättest: „Ich will nicht mehr“?
Das gab es nie. Ich habe immer Musik geliebt und auf die Bühne zu gehen, war für mich nie eine Qual. Ich fand, das war das schönste, das man machen kann.
Aber hätte es theoretisch die Option gegeben?
Ich weiß es nicht, keine Ahnung. Ich denke ja. Ich weiß, dass es auf jeden Fall bei meinen Kindern so ist, dass, wenn einer keinen Bock hat, muss er nicht auf die Bühne. Und das wird sicherlich kommen.
Bis jetzt macht es ihnen Spaß?
Ich würde sagen, ja. Manchmal ist es sicherlich auch aufregend und eine Überwindung, aber das gehört dazu, zum „Über-sich-hinaus-wachsen“. Ich glaube, es ist wichtig, dass Kinder auch Herausforderungen annehmen.
Sind deine Kinder bei allen Shows mit dabei?
Das Album ist ein Familienalbum, das heißt, die Shows dazu machen wir zusammen, aber sie machen nicht die volle Show mit.
Müssen deine Kinder nicht zur Schule?
Wir unterrichten sie zuhause. Meine Frau macht sehr viel, ich auch ein bisschen und sonst kommen Experten.
Du hast erzählt, dass dich die immer wieder kehrende Frage nach einem Comeback der Kelly Family sehr lange sehr genervt hat. Wie kam es dann doch dazu?
Es gab mindestens zehn Jahre, wo ich meine Sachen machen wollte. Und erst dann kam immer mehr der Wunsch. Ich fand es irgendwie komisch, die Kelly Family einfach so liegen zu lassen. Anfang der 2000er hat sich das alles so aufgelöst und es war kein schönes Ende. Es war auch nicht dramatisch, aber eben auch nicht schön. Ich hatte die letzten Jahre mehr und mehr das Gefühl, da ist irgendwas unfertig. So kann es nicht gewesen sein und das müsste man korrigieren. Und daraus entstand für mich der Wunsch: Komm wir packen es nochmal an. Und es war unfassbar. Crazy.
Das heißt, das Comeback ging von dir aus?
Nein, alle hatten mehr und mehr das Gefühl. Ich habe sicherlich viel dafür getan und war an gewissen Führungsrollen beteiligt, aber ich bin noch jünger und habe vielleicht ein bisschen mehr Kraft. Jeder soll eine Zeit lang die Familie ein bisschen tragen und deshalb habe ich in den letzten zwei Jahren etwas mehr gemacht.
Wird es jetzt mit beiden Familienbands weitergehen oder wie machst du das?
Ich hab dieses Jahr noch zehn oder elf Open-Air-Konzerte mit meinen Geschwistern (zwei in Österreich) und das war es dann eigentlich.
Es kann sein, dass es im nächsten Jahr was geben wird, oder auch nicht, ich weiß es nicht. Ob ich dabei bin oder nicht, was das dann ist, werden wir sehen.
Gibt es Pläne, die Familien auch mal zu vereinen auf der Bühne?
Alles ist möglich, aber ich glaube, das muss man nicht unbedingt machen.
Du bist mit deiner Familie nach Irland ausgewandert. Wirst du da erkannt?
Nicht so sehr. Wir hatten in den 90er-Jahren in Irland zwar auch ein paar Hits, aber wir haben dann entschieden, dort keine Konzerte mehr zu geben und keine Platten mehr zu veröffentlichen, weil wir in der großen Erfolgs-Phase (1996-1998) dort lebten. In Deutschland hatten wir aufgrund von Paparazzi & Co. damals nämlich keine Chance.
Leben deine Geschwister auch in Irland?
Mein Bruder, der Musiker und Imker, Paul lebt auch in Irland, manche in Deutschland, in Amerika, oder in Spanien, ein bisschen verteilt.
Wie oft seht ihr euch?
Man sieht sich bei den Comebacks. Sonst bei Geburtstagen, zwar nicht den eigenen, aber jenen von der nächsten Generation. Die Beziehung der Cousins und Cousinen trägt dazu bei, dass man sich als Geschwister sieht, weil die Kinder da sehr hinterher sind.
Du und deine Frau habt vor ein paar Jahren euer letztes Geld zusammengekratzt für ein Wohnmobil mit dem ihr zwei Jahre unterwegs wart, bevor ihre euch in Irland niedergelassen habt. Wie kann es nach so einer Karriere sein, dass man sein letztes Geld zusammenkratzen muss?
Das ist ganz einfach: Die 90er waren sehr sehr erfolgreich. Wir waren aber eine Band, die von der Straße kam, wir verstanden nicht viel von Geschäft. Es ist einfach diese klassische Rock’n’Roll-Story: Ganz viel Geld rein aber auch ganz viel Geld raus. Dann gab es noch Fehlinvestitionen und die ganzen Papierarbeiten, wofür wir viele Mitarbeiter hatten, wurden nicht gut gemacht, weshalb wirSteuern nachzahlen mussten. Und und und… Das geht ziemlich schnell.
Aber ganz ehrlich, ich bin dankbar dafür, weil ich dann Anfang 20 meine eigene Familie mit eigenen Jobs als Schlagzeuger, als Lehrer, als Sänger,… ernähren musste und das hat mich stark gemacht. Heute weiß ich es zu schätzen, heute habe ich mehrere Häuser, die ich mir alle hart erarbeitet habe und das ist anders als wenn das schon immer da gewesen wäre.
Was erhoffst du dir nun für Angelo Kelly & Family?
Für mich ist es ein spannender nächster Schritt: Wie weit kann ich mich mit meiner Frau und meinen Kindern musikalisch entwickeln. Das Album ist definitiv ein großer Schritt nach vorne gewesen. Den Leuten gefällt es und das ist gut. Und jetzt schauen wir, wie es live ankommt. Aber wir wissen nicht, was nächstes Jahr ist. Wenn die Kids wollen, dann machen wir gerne weiter und wenn nicht, dann mache ich eben allein weiter Musik, denn das ist meine Berufung, das ist das, was ich liebe.
Dürfen sich Fans, die nun deine Konzerte besuchen, auch auf Kelly-Family-Songs freuen?
Nein, ich versuche das voneinander getrennt zu halten. Wer zum Kelly-Family-Konzert kommt, der hört viele alte Hits, aber wer zum Angelo Kelly & Family-Konzert kommt, der hört das neue Album, Songs, die wir seit Jahren entwickelt haben, viel Irisches. Ich versuche, das alte nicht auf die Kinder und uns so „draufzudrücken“. Es gibt auch wenige Leute, die danach fragen. Ich glaube, es ist wichtig, dass es eine Tradition gibt, die wir fortführen, aber wir wollen keine Kopie werden.
Info:
Angelo Kelly & Family - "Irish Hearts" erschien am 25. Mai
Angelo Kelly & Family live:
12. Juli beim MusikfestiWels ("Irish Summer"-Tour)
14. Dezember in der Wiener Stadthalle ("Irish Christmas"-Tour)
The Kelly Family live:
6. Juli in Dornbirn
7. Juli in Salzburg