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APA: Herr Krön, Sie sind als Executive Producer der organisatorische Hauptverantwortliche für die Ausrichtung des ESC 2026 in Österreich. Haben Sie sich darum gerissen oder hat es sich einfach so ergeben?
Michael Krön: Nachdem ich als Chefproducer der Produktionsverantwortliche des ORF bin, war es eigentlich naheliegend, den Song Contest in meine Hände zu legen. Und es sind ja nicht nur meine Hände, sondern viele Hände, die daran arbeiten.
APA: Es klingt stressig, für den ORF Chefproducer und ESC-Executive-Producer zu sein.
Krön: Ja, aber ich bin hier gut aufgehoben. Die Geschäftsführung ist sehr entgegenkommend, was die personelle Unterstützung des ESC-Kernteams betrifft. Wir haben sehr gute Leute für das Projekt gewinnen können. Wenn alles gut funktioniert, bin ich vor allem dazu da, einen breiten Rücken für die Menschen zu haben, die mit mir dieses Projekt aufbauen und ihnen die nötigen Voraussetzungen für ihre Arbeit zu bieten.
APA: Sind Sie eigentlich ESC-Fan?
Krön: Ich würde mich nicht als Hardcore-Fan bezeichnen, das wäre auch gar nicht förderlich für meinen Job. Selbstverständlich habe ich ihn in den vergangenen Jahren - mal mehr, mal weniger - verfolgt. Für mich ist er aber unbestritten einer der größten und schönsten Events, die das Fernsehen zu bieten hat.
APA: In der zweiten Augusthälfte soll entschieden werden, wo der ESC in Österreich stattfindet: in Innsbruck oder Wien. Sie werden jetzt nicht verraten, wer es wird, aber was wird letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung sein?
Krön: Ausschlaggebend wird sein, dass wir das beste Paket aus Sicht des Publikums, der Marke, des ORF und des ganzen Landes herausdestillieren. Die finanzielle Kraft wird ebenso entscheidend sein wie die ideelle Kraft. Es ist nicht nur für den ORF ein großes Ereignis, es ist auch für die Host City ein Riesending. Wenn die ganze Welt auf ein Land schaut, ist das außergewöhnlich und eine Riesenchance zu zeigen, was man kann. Das geht aber nur gemeinsam.
APA: Sie haben die finanzielle Kraft angesprochen. Spüren Sie den Willen dazu von Innsbruck und Wien?
Krön: Total. Beide Städte haben ein tolles Konzept vorgelegt und ich spüre den Willen - finanziell und ideell. Ich bin sehr angetan von der Ernsthaftigkeit und Professionalität beider Bewerbungen. Es ist auf jeden Fall ein offenes Rennen, das sich in der zweiten Augusthälfte entscheiden wird. Der ORF will und wird kein Geschäft mit dem ESC machen. Finanziell profitiert durch Umwegrentabilität, Werbewert und Sichtbarkeit am Ende des Tages in erster Linie die Host City. Es ist klar, dass wir mit Gebührengeld sparsam umgehen werden, aber klar ist auch, dass wir eine großartige Show machen und tolle Gastgeber sein werden.
APA: Lässt sich in Zeiten des Spardrucks, der auf dem ORF lastet, ein ähnliches Spektakel wie einst 2015 in Wien auf die Beine stellen?
Krön: Ich denke schon. Es ist eine Fernsehshow: kleiner in der Realität, größer im Fernsehen. Wenn man gut inszeniert, kann man für die Zuseherinnen und Zuseher am Fernsehschirm ganz sicher auch mit nicht noch mehr Geld ein größeres Spektakel veranstalten. Es geht darum, kreativ zu überlegen, welche Geschichte man erzählt, welche Botschaft man übermittelt, wie man die Künstlerinnen und Künstler ins Zentrum der Inszenierung stellt. Das kriegen wir hin. Wir werden das mit Sicherheit spektakulär machen.
APA: Wie geht es weiter, nachdem die Ausrichterstadt feststeht?
Krön: Wir arbeiten derzeit an unserer Vision. Wir denken darüber nach, was unser roter Faden ist, was unsere Stärken sind und wie wir Österreich präsentieren wollen. Darauf setzen wir das ganze Event und das Design für die Shows auf. Sie soll das Herz sein, von dem alles wegpumpt. Natürlich wird auch mitgedacht, dass wir nächstes Jahr 70 Jahre Song Contest feiern. Sobald die Stadt feststeht, geht es dann detaillierter weiter. Es hängt natürlich viel davon ab, ob man von einer Alpenstadt im Kreuz von Nord-Süd-Ost-West erzählt oder von einer Metropole, einem Melting-Pot, mitten in Europa. Das sind unterschiedliche Storys.
APA: Haben Sie sich schon Tipps von ihrem Vorgänger als Executive Producer des ESC 2015 in Wien, Edgar Böhm, geholt?
Krön: Nein, mit Edgar hatte ich noch keinen Kontakt zum Song Contest, aber mit den Schweizer Kollegen, die ihn ja heuer veranstaltet haben. Sie sind sehr hilfsbereit und kooperativ. Das ist wirklich toll. Ich habe auch Hilfe aus der EBU und im Haus haben wir im Kernteam ein paar Veteranen. Die haben das schon vor zehn Jahren gemacht und wissen, was auf uns zukommt.
APA: Es wurde mit Nina Kaiser eine ProSiebenSat.1Puls4-Managerin ins ORF-ESC-Kernteam geholt. Ein Signal an die Privaten?
Krön: Es spricht für die Exzellenz von Nina Kaiser. Wir kennen sie seit längerem und haben mit ihr das 4Gamechangers-Festival veranstaltet. Sie ergänzt uns sehr gut. Unter ORF-Generaldirektor Roland Weißmann werden Kooperationen mit Mitbewerbern ohnehin gepflegt und unsere Hände sind weiterhin ausgestreckt. Dass man vielleicht auch inhaltlich einen Schritt gemeinsam mit österreichischen Privaten geht, schließe ich nicht aus.
APA: Wie schaut es mit dem österreichischen Act 2026 aus? Wie wird man hier vorgehen?
Krön: Das ist klar getrennt - für den österreichischen Act und seine Auswahl ist die ORF-Unterhaltungsabteilung zuständig. Damit haben wir als ESC 2026 Projektteam eigentlich nichts zu tun.
APA: Inwieweit wird Vorjahressieger JJ, der dem ORF diese Aufgabe eingebrockt hat, eingebunden? Er hat gesagt, es gibt Pläne, dass er singen wird ...
Krön: Das sind Detailfragen, die wir erst klären können, wenn wir das Showkonzept entwickelt haben. Aber aus meiner Sicht wäre es toll, wenn JJ genauso wie Conchita in der Show mit dabei sind. Versprechen kann ich aber zum jetzigen Zeitpunkt nichts. Aber weil Sie gesagt haben, JJ habe uns das eingebrockt: Ich habe das nie so gesehen. Wenn man einen Wettbewerb absolviert und gewinnt, ist das Grund zur Freude. Ich erachte es als eine riesige Chance und weniger als eine Belastung für den ORF. Wenn wir es nächstes Jahr wieder gewinnen, dann werden wir auch 2027 einen tollen Song Contest machen.
APA: Vor kurzem gab es eine große Störaktion bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele. Auch beim ESC muss man wohl mit Störversuchen rechnen. Wie bereitet sich der ORF darauf vor?
Krön: Sicherheit spielt leider eine wesentlich wichtigere Rolle als noch vor zehn Jahren. Es braucht mehr Ressourcen und viel Professionalität. Wir sind jetzt schon, obwohl wir noch gar nicht wissen, wo der ESC stattfinden wird, in intensivem Austausch mit den zuständigen Behörden und Sicherheitsexperten. Man muss alle Menschen, die zu unserem Event kommen, gleichermaßen schützen. Sie sollen hier eine tolle und unbeschwerte Zeit verbringen können.
APA: Abschließend: Mit wie vielen Punkten für Österreich rechnen Sie? 0 wie einst die MakeMakes in Wien nach dem Sieg von Conchita Wurst bekommen haben oder doch so vielen wie JJ einheimste?
Krön: Dazu habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich wünsche mir viele Punkte und einen tollen Act.
(Das Gespräch führte Lukas Wodicka/APA)
ORF-ESC-Executive Producer Michael Krön im Rahmen eines Interviews mit der APA am Mittwoch, 30. Juli 2025, in Wien. Krön hat die organisatorische Hauptverantwortung für den Eurovision Song Contest 2026 in Österreich.