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Kritik an fehlender Absicherung für Menschen mit Behinderung

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Gefordert wird eine eigenständige soziale Absicherung für Betroffene
©APA, Christin Klose, dpa-tmn
Die Armutskonferenz hat gemeinsam mit den Vereinen VertretungsNetz und Lichterkette in einer gemeinsamen Pressekonferenz auf die prekäre finanzielle Lage von Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen aufmerksam gemacht. Gefordert wurde eine eigenständige soziale Absicherung für Betroffene - unabhängig von der Sozialhilfe. "Menschen mit Behinderungen wird ein selbstbestimmtes Leben verweigert", sagte Martin Schenk von der Armutskonferenz.

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Laut der NGO Armutskonferenz sind 27 Prozent der rund 760.000 Menschen mit Behinderung in Österreich armutsgefährdet. "Es gibt keine eigene soziale Absicherung für Menschen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder Behinderung dauerhaft erwerbsunfähig sind", sagte Gerlinde Heim, Geschäftsführerin von VertretungsNetz, das rund 7.000 Menschen mit intellektuellen oder psychischen Beeinträchtigungen vertritt.

Das Einkommen der Betroffenen bestehe meist aus kleinen Einzelbeträgen wie Pflegegeld, erhöhter Familienbeihilfe oder Notstandshilfe. "Diese Menschen sind deshalb auch oft auf die Sozialhilfe angewiesen", obwohl diese nur für vorübergehende finanzielle Notlagen gedacht sei. Für Menschen mit Behinderung werde sie dennoch häufig zur "schlechten Dauerlösung". Laut Armutskonferenz sind 22 Prozent der Bezieher und Bezieherinnen von Sozialhilfe- oder Mindestsicherung durch eine Behinderung beeinträchtigt.

Schenk machte zudem auf fehlende Härtefallregeln aufmerksam, auf die lange Wartedauer für die Auszahlung der Soforthilfe und komplizierte Anträge und Amtswege. Viele Menschen mit Behinderung blieben auch finanziell von ihren Eltern abhängig, so Heim. Wer sich nicht selbst erhalten kann, müsse unter Umständen Unterhalt einklagen. "Das widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention", betonte Heim. In einigen Bundesländern würden Erwachsene, die bei ihren Eltern wohnen, gar keine Sozialhilfe erhalten.

Die Organisationen forderten deshalb im Zuge der geplanten Novelle des Sozialhilfegrundsatzgesetzes, die unter anderem eine bundesweite Vereinheitlichung bringen soll, eine Begrenzung der elterlichen Unterhaltspflicht bis 25, eine Entscheidungsfrist von einem Monat, Mindestabsicherung statt Höchstsätze, niederschwellige Soforthilfe in Härtefällen, barrierefreie Antragstellung - sowie die klare Verankerung von Armutsbekämpfung und Existenzsicherung als gesetzliches Ziel. Langfristig, so Heim, müsse es eine eigene soziale Absicherung für Menschen mit Behinderung geben.

Heim warnte außerdem vor einer weiteren Verschlechterung des Systems: "Wir erleben die Demontage des untersten sozialen Netzes. Die Gesetze werden immer restriktiver und gleichzeitig immer weniger wirksam, wenn es darum geht, Armut zu verhindern und ein menschenwürdiges Leben zu sichern." Auch Norbert Krammer vom VertretungsNetz kritisierte die geplanten restriktiven Sozialhilfegesetze in Oberösterreich und der Steiermark. Unklar formulierte "Bemühungspflichten" könnten zu Kürzungen bei der Sozialhilfe führen, selbst bei unverschuldeten Versäumnissen wie Krankheit. Ausnahmen für Menschen mit Behinderungen seien nicht vorgesehen. "Zwischen den Bundesländern ist ein gefährlicher Wettlauf entstanden: Wer zahlt am wenigsten und schließt am effizientesten Menschen aus?", so Krammer.

Brigitte Heller, Vorsitzende der Interessensvertretung "Lichterkette", ergänzte: "Es gibt für jemanden, der psychisch erkrankt ist, nichts Schlimmeres, als Existenzangst" - und verwies auf die steigende Suizidrate.

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/dpa-tmn/Christin Klose/Christin Klose

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