Was für Selbstbefriedigung spricht

Heimlich, still und leise tun es viele. Aber eben unbemerkt unter der Dusche, für sich allein im Schlafzimmer, im Büro vor dem Computer, wenn es keiner mitkriegt. Kaum jemand macht es offiziell. Dabei spricht mehr dafür als dagegen.

von Liebes Leben - Was für Selbstbefriedigung spricht © Bild: Nathan Murrell

Fast 50 Prozent der Menschen befriedigen sich mehrmals die Woche – und regelmäßig – selbst. Noch immer weitaus mehr Männer als Frauen. Und nach wie vor ist das Thema ein gesellschaftliches Tabu: Bedauerlicherweise hängt der Selbstbefriedigung noch immer der graue Schleier des Anrüchigen, Armseligen, vielleicht sogar Krankhaften und Unmoralischen an. Religiöse Überzeugungen und traditionelle Moralvorstellungen bilden Hemmnisse, es sich guten Gewissens "selbst zu besorgen". Annette ist 50 und erinnert sich, wie sich ihr Vater bei der Mutter entschuldigte, als diese zusammengeknüllte Taschentücher im Papierkorb fand. Nein, der Vater litt nicht unter Heuschnupfen. Was Annette erst später, viel später klar wurde: Ihr Vater hatte sich heimlich im Arbeitszimmer selbst befriedigt. Und das hinter dem Rücken der Mutter, was damals für eine Ehefrau so viel bedeutete wie ihr fremdgegangen zu sein. Taschentücher im Papierkorb eines Mannes galten fortan in Annettes Leben als Corpus Delicti. Dabei ist die Masturbation oder Onanie eine probate Möglichkeit, sich in seinen erotischen Wünschen und Untiefen selbst zu erkunden. Verstörend wirkt, wenn Heranwachsende daran gehindert werden, als würde es sich um eine Missetat, etwas Krankhaftes oder eben Widernatürliches handeln. In einer Sexualtherapie machen sich meine Klientinnen und Klienten ihre inneren Blockaden bewusst. Und den zugrunde liegenden unbewussten Glaubenssatz, dass Selbstbefriedigung krank machen könne und ein Zeichen von Schwäche sei. Gerade bei sexuellen Funktionsstörungen – wenn es im Bett nicht mehr so klappt – oder eine große Versagensangst das Liebesleben belastet, empfehle ich den Betroffenen die Selbstbefriedigung. Denn dabei fallen der Leistungsdruck und Erwartungsdruck weg. Und es herrscht viel eher Orgasmus-Garantie.

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Im Folgenden nun die wichtigsten Punkte, die für Selbstbefriedigung sprechen: 1. Masturbation als Entspannungsmethode: Bei jedem Orgasmus werden die Botenstoffe Endorphin, Dopamin und Oxytocin ausgeschüttet, was unversehens Glücksgefühle weckt und entspannend wirkt. Darüber hinaus kommt es zum Absinken des Stresshormons Cortisol. 2. Masturbation als Einschlafhilfe: Beim Orgasmus können Sie ein Übermaß an Antrieb und Energie entladen, das Sie vom Einschlafen abhält. Zudem wird während des Höhepunkts das müde machende Prolaktin produziert. 3. Selbstbefriedigung kann bei Lustlosigkeit die Libido steigern: Die Masturbation verhindert, dass man gleichsam "aus der Übung" kommt, auch wenn Anreiz und Lust, mit dem Partner zu schlafen, nachlassen. Bei regelmäßiger Selbstbefriedigung schütten Frauen beim Orgasmus das männliche Sexualhormon Testosteron aus, das die Libido steigert. 4. Selbstbefriedigung schafft Glücksgefühle: Im zentralen Nervensystem wird durch den Botenstoff Dopamin das Belohnungszentrum aktiviert, weshalb Menschen ersatzweise zu Naschereien oder Alkohol greifen – mit dem ähnlichen Effekt der momentanen Beglückung. Da wäre die Selbstbeglückung durch Masturbation vor allem langfristig ratsamer und gesünder! 5. Der Kreislauf wird angeregt und das Immunsystem gestärkt. 6. Durch Selbstbefriedigung dringen Sie zu Ihren oft verdrängten erotischen Wünschen und Fantasien vor. Und können dieses Wissen konstruktiv nutzen, indem Sie es ins Liebesleben einfließen lassen. Und vielleicht sogar eines Tages Ihre kreative Selbsterfahrung beim Sex mit dem geliebten Menschen teilen.

Prof. Mag. Dr. Monika D. Wogrolly, Philosophin und Psychotherapeutin
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