Didi Kübauer:
Rapid ist sein Schicksal

Die Heimkehr der grün-weißen Legende Didi Kühbauer nach Hütteldorf soll dem Rekordmeister wieder Beine machen. Der Burgenländer hat sich besonders in Krisenzeiten schon bisher immer bewährt

von Sport - Didi Kübauer:
Rapid ist sein Schicksal © Bild: Stefan Gergely

Der Kreis schließt sich, sagt Dietmar „Didi“ Kühbauer bei seiner ersten Pressekonferenz als Cheftrainer des SK Rapid. Vor über 25 Jahren hat der heute 47-jährige Burgenländer als Spieler bei seinem „Traumverein“ angedockt, jetzt will er den Hütteldorfer Traditionsklub aus dem sportlichen Wellental wieder in lichte Höhen führen. Sein einfaches Rezept: „Schwitzen tut keinem Spieler weh.“ Härte gegen sich selbst und andere, kämpfen bis zum Umfallen und bedingungslose Hingabe an den Fußball, damit hat es das 1,73 große Ausnahmetalent aus Mattersburg zum 55-fachen ÖFB-Teamspieler, zum Meister, Cupsieger und Europacupfinalisten mit Rapid gebracht.

Und auch in den bisher zehn Jahren als Trainer ist ihm schon Außergewöhnliches gelungen. Mit der Admira, seiner ersten Trainerstation, schafft Kühbauer zunächst den Wiederaufstieg in die höchste Spielklasse und führt die „Underdogs“ aus Mödling in der ersten Bundesligasaison gleich auf Platz drei, gleichbedeutend mit einem Startplatz in der Europa League. Das gleiche Kunststück gelingt Kühbauer wenig später mit dem Wolfsberger AC. Und als im Frühjahr dieses Jahres beim SKN St. Pölten der Hut lichterloh brennt, schafft er nicht nur den Klassenerhalt, sondern den totalen sportlichen Turnaround: Nach neun Runden lachen die Niederösterreicher aktuell vom zweiten Tabellenplatz auf die restliche Konkurrenz, liegen ganze elf Punkte vor Rapid.

Endlich daheim

Als Didi Kühbauer am letzten Samstag mit St. Pölten im Allianz Stadion 2:0 gewinnt, macht er sich sozusagen selbst zum neuen Hoffnungsträger der krisengebeutelten Hütteldorfer. Keine Sekunde habe er nachgedacht, als ihn Rapid-Sportdirektor Fredy Bickel noch in der Nacht auf Sonntag kontaktiert. Kühbauer: „Ich war schon zwei Mal knapp dran, daher wollte ich dieses Angebot unter keinen Umständen ausschlagen. Für mich geht mit der Rückkehr zu Rapid ja auch ein Lebenstraum in Erfüllung.“

Aber kann Didi Kühbauer als Trainer nicht nur „kleine“ Klubs, sondern auch einen großen wie Rapid, wo Trainer sonder Zahl in den letzten Jahren regelmäßig an den hohen sportlichen Ansprüchen gescheitert sind, führen? Wer das Leben und die Fußballerkarriere Kühbauers verfolgt, weiß, dass der Burgenländer schon bisher die größten Herausforderungen gemeistert hat. Und er ist keiner, der beim ersten Widerstand zurückweicht, im Gegenteil: Je höher die Hürden, desto größer sein Ehrgeiz.

Das ist schon so, als sich der „kleine Didi“ auf dem staubigen Trainingsplatz unter dem Viadukt neben dem Mattersburger Stadion gegen wesentlich ältere und größere Kicker durchsetzen muss. Das ist so, als er mit 14 Jahren ins Nachwuchszentrum in die Südstadt übersiedelt, wo er innerhalb kürzester Zeit die Führungsrolle übernimmt. Mit 16 Jahren debütiert er mit der Admira in der Bundesliga, mit knapp 21 Jahren holt ihn der legendäre Ernst Happel 1992 erstmals in die Nationalmannschaft, gleich danach wechselt er zu Rapid. Die Hütteldorfer durchleben damals wie heute nicht nur eine sportliche Krise, ein Insolvenzverfahren rührt sogar an der finanziellen Existenz des österreichischen Rekordmeisters. In dieser Situation wird der junge Kühbauer rasch zum verlängerten Arm von Trainer Ernst Dokupil auf dem Spielfeld, treibt seine älteren Mitspieler an, ist mit seinem bedingungslosen Einsatz bald die Inkarnation des „Rapid-Geistes“.

1995 holt Rapid mit Kühbauer nach längerer Durststrecke mit dem Cupsieg wieder einen Titel, zieht 1996 sogar ins Europacup-Finale ein und gewinnt nach fast zehn Jahren wieder den Meistertitel. Zu dieser Zeit gilt der Burgenländer nicht nur als einer der besten Spieler der Liga, er ist der absolute Liebling der Rapid-Fans. Auch privat läuft alles bestens, er hat seine langjährige Freundin Michaela geheiratet, die beiden erwarten ihr erstes Kind und das gemeinsame Haus steht kurz vor der Fertigstellung.

© News Zach - Kiesling Roman Auftrag Ingrid und Didi Kühbauer nach der Geburt ihrer erstgeborenen Tochter Emily (2004): die Familie als starker Rückhalt

Persönliche Tragödie

Am 16. Februar 1997 verunglückt Michaela Kühbauer auf der Fahrt zum Flughafen Wien-Schwechat, wo sie ihren Mann nach der Rückkehr aus einem Trainingslager abholen will. Didi Kühbauer versucht sich durch den Fußball vom schweren Schicksalsschlag abzulenken, trainiert während der Woche in Innsbruck mit, nachdem seine Frau vom Krankenhaus Wiener Neustadt in die dortige Spezialklinik überstellt wird. Über 200 Tage liegt sie im Koma, bevor sie im September verstirbt.

Kühbauer bricht seine Zelte in Österreich ab, wechselt für drei Jahre nach San Sebastián in Spanien, danach für zwei Jahre in die deutsche Bundesliga zum VfL Wolfsburg. Heimweh ist während seiner erfolgreichen Auslandsjahre sein ständiger Begleiter. Vergeblich hofft der jetzt 31-Jährige auf ein Angebot von Rapid. Immerhin zählt er nach wie vor zu den Stützen der Nationalmannschaft. Dann kehrt er zu seinen Wurzeln zurück, unterschreibt bei seinem Stammverein Mattersburg in der 2. Liga. Mit Didi Kühbauer als Antreiber und Regisseur steigen die Burgenländer nach nur einem Jahr in die Bundesliga auf, 2006 erreicht die Mannschaft sogar das ÖFB-Cupfinale. Als Kühbauer im Sommer 2008 seine Profi-Karriere beendet, hat er auch im burgenländischen Fußball längst Geschichte geschrieben. Sein enger Vertrauter in all den Jahren seiner Profikarriere ist Martin Pucher, der Langzeitobmann von Mattersburg. Schon der blutjunge Kühbauer hat bei den Puchers eine zweite Familie gefunden, die ihn auf dem Weg ganz nach oben liebevoll begleitet. Der Mattersburg-Obmann, im Zivilberuf Bankdirektor, handelt für Kühbauer Spieler- und Sponsorverträge aus. Aus reiner Freundschaft, ohne finanzielle Hintergedanken. Eine Ausnahmeerscheinung in der verkommerzialisierten modernen Fußballwelt.

© News Herrgott Ricardo Auftrag Mattersburg-Langzeitobmann Martin Pucher hat die Fußballerkarriere Kühbauers von Anfang an freundschaftlich begleitet

Zwischen seinen Engagements in Wolfsberg und St. Pölten war Kühbauer zweieinhalb Jahre ohne Trainerjob. Er habe da sehr viel Zeit zum Nachdenken gehabt, viel über das Fußballgeschäft und auch über sich selbst gelernt. Auch wenn er nach wie vor für den Fußball brennt, sei er ruhiger geworden, könne jetzt mit Misserfolgen oder Rückschlägen besser umgehen. Den Trainer Kühbauer, der sich wie schon als Spieler gern mit Schiedsrichtern und Gegnern anlegt, würde es in Zukunft nicht mehr so extrem geben: „Ich bin heute nicht nur älter und erfahrener, ich trage ja auch Verantwortung für meine beiden Töchter. Die sollen sich in der Schule nicht genieren, wenn ihr Vater im Stadion auszuckt.“ Seit 1999 ist Didi Kühbauer mit Ingrid zusammen, die Geburt ihrer Töchter Emily (heute 14) und Kim (11) haben das gemeinsame Glück perfekt gemacht.

Wer Didi Kühbauer heute noch das eine oder andere Mal „ausrasten“ sehen will, der muss ihm schon auf dem Tennisplatz zuschauen. Dort ein Match zu verlieren, kann er nach wie vor nur schwer verkraften. Tennis ist neben dem Fußball seine zweite große sportliche Leidenschaft. Die teilt er mit seiner Frau und den Töchtern beim Tennisclub in Wulkaprodersdorf, wo sich die Familie schon vor Jahren angesiedelt hat. Die Wohnung in Wien in der Nähe der Mariahilfer Straße hat er in all den Jahren seit seinem ersten Engagement bei Rapid vor 25 Jahren behalten. Wie es sich für einen typischen burgenländischen „Arbeitspendler“ halt so gehört.

Der Kreis schließt sich, sagt der neue Rapid-Cheftrainer Didi Kühbauer bei seiner Antrittspressekonferenz in Hütteldorf. Der Spielplan führt dabei eine fast schon schicksalhafte Regie. Der Gegner beim ersten Meisterschaftsspiel Rapids unter Kühbauer am kommenden Sonntag heißt SV Mattersburg. Jener Verein, bei dem alles begonnen hat, von wo er ausgezogen ist, um die große Fußballwelt zu erobern und wo er seine aktive Kickerlaufbahn vor 20 Jahren beendet hat. Es wäre aber nicht Didi Kühbauer, wenn er diese Partie nicht gleich zum „Schicksalsspiel“ erklärt: „Gegen Mattersburg ist ein Sieg Pflicht. Da gibt es für mich kein Wenn und Aber.“

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Printausgabe 40 2018