ÖSV, der Österreichische Skiverband (Ski Austria) - Geschichte, Skandale, Sportler

Der ÖSV vertritt rund 135.000 Mitglieder und Skisportbegeisterte, darunter die erfolgreichsten Wintersportler:innen der Welt. Abseits der Pisten sorgt der Verband regelmäßig mit Skandalen und Affären für Schlagzeilen.

von ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober © Bild: APA/GEORG HOCHMUTH

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Der ÖSV: 1.100 Vereine und 135.000 Mitglieder

Der Österreichische Skiverband (ÖSV) ist der Dachverband der österreichischen Skisportler:innen und umfasst über 1.100 Vereine und 135.000 Mitglieder. Seit April 2023 firmiert der ÖSV unter dem neuen Namen "Ski Austria". Der Skiverband ist in neun Landesverbände unterteilt, der Hauptsitz befindet sich in Innsbruck. Die Verbandstätigkeit untergliedert sich in die Referate Ski Alpin, Skispringen, Nordische Kombination, Langlauf, Biathlon, Snowboard, Ski Cross, Freeski, Paraski, Skibergsteigen, Telemark, Speed Ski, Firngleiten/Shortcarving, Telemark, Masters und Grasski.

Der ÖSV versteht sich als Interessens- und Fachverband des Skisports und ist in der Nachwuchsförderung sowie in der Ausbildung von Trainer:innen und Fachpersonal aktiv. Zu seinen Hauptaufgaben zählen die Organisation von Großevents wie Weltcuprennen und die Vermarktung der Athlet:innen.

Toni Sailer und Karl Schranz
© IMAGO/Cola Images Toni Sailer und Karl Schranz - zwei der erfolgreichsten ÖSV-Athleten

Der ÖSV arbeitet laut Satzung nicht gewinnorientiert und sein Hauptziel besteht in der "Förderung des aktiven Wintersports zum allgemeinen Wohl, zur körperlichen Ausbildung sowie als wesentlicher Beitrag zur Gesundheit". Neben sagenumwobenen Athlet:innen und glorreichen Sportereignissen ist die Geschichte des ÖSV auch eine von Skandalen, dubiosen Geschäftspraxen, Dopingaffären und Machtkämpfen. Die Rechercheplattform Dossier bezeichnete den ÖSV einst als "erfolgreichsten, reichsten und wohl undurchsichtigsten Skiverband der Welt".

Wer beim Mitglied beim Ski Austria Club werden möchte, muss nicht unbedingt Profi-Sportler sein. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 45 Euro für Erwachsene und 30 Euro für Kinder und Jugendliche. Sofern beide Eltern Mitglied sind, bezahlen Kinder nur die Hälfte. Für die Teilnahme an Rennen und Ausbildungsprogrammen des ÖSV sowie dessen Landesskiverbänden ist zusätzlich die Mitgliedschaft in einem der bereits erwähnten 1.100 Vereine Voraussetzung.

Die umstrittene Geschichte des ÖSV

Die eigene Geschichte wird auf der Ski Austria-Homepage als "ruhmreiche Vergangenheit" betitelt - über die man allerdings wenig preisgibt. Leser:innen erfahren lediglich, dass der ÖSV 1905 gegründet wurde und Guido Rotter bis 1907 als erster Präsident fungierte. Die Verschwiegenheit des Skiverbands dürfte auch darin begründet sein, dass dieser abseits der Pisten eine oft weniger rühmliche Rolle spielte.

Der Historiker Andreas Praher kritisiert den ÖSV in seinem Buch "Österreichs Skisport im Nationalsozialismus" das auffällige Desinteresse für die eigene Verstrickung in das NS-Regime. Im Gegenteil sollten Wintersportler:innen - und damit der ÖSV - in der Nachkriegszeit als "nicht-nationalsozialistische Botschafter eines neuen Staates" dienen, wie es in einer Dissertation zur "Erfindung der österreichischen Nation" heißt. Berge, Schnee und schneidige Rennfahrer sollten Laufe der 1950er zur Formung einer neuen österreichischen Nationalidentität, einer "Skination", entscheidend beitragen. Die Aufarbeitung der braunen Vergangenheit schien da eher hinderlich zu sein. Aus diesem Grund, kritisierte Ex-ÖSV-Rennläuferin Nicola Werdenigg-Spieß 2017 im News-Interview, seien die "faschistoiden Züge, im österreichischen Skisport niemals aufgearbeitet" worden.

Werdenigg-Spieß war es auch, die 2017 erstmals sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch durch "Trainer, Betreuer und Kollegen" des ÖSV öffentlich machte. Im Dezember 2018 bestätigte eine Expertenkommission die Vorwürfe von Wedenigg-Spieß und zwölf weiteren Opfern.

Auch in wirtschaftlicher Hinsicht dürfte beim ÖSV in der Vergangenheit nicht immer alles sauber gelaufen sein. Die Rechercheplattform Dossier zeichnete 2021 nach, wie Langzeitpräsident Peter Schröcksnadel und Langzeitgeneralsekretär Klaus Leistner den verstaubten Skiverband mit Beginn der 1990er-Jahre zur Cashcow umfunktionierten: mit millionenschweren Werbedeals, massiven öffentlichen Förderungen und undurchsichtigen Firmenkonstrukten - "ohne Rücksicht und ohne dafür Rechenschaft abzulegen", wie die Dossier-Redakteure schreiben.

Ex-ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel mit den Athleten Michael Matt, Marcel Hirscher und Marco Schwarz
© imago/Sammy Minkoff Peter Schröcksnadel - hier beim Jubel mit den Athleten Michael Matt, Marcel Hirscher und Marco Schwarz - war drei Jahrzehnte lang ÖSV-Präsident.

Teil dieser wenig ruhmreichen Geschichte sind auch diverse Doping-Affären, in deren Zentrum der ÖSV stand. Während der Winterspiele von Turin 2006 führten italienische Behörden Razzien in zwei ÖSV-Quartieren durch, in Seefeld und im deutschen Erfurt durchsuchten Polizisten 2019 die ÖSV-Räumlichkeiten.

Nichtsdestotrotz: Seit seiner Gründung ist aus dem bescheidenen Sportverband ein millionenschweres Firmen- und Verbandsgeflecht geworden, inklusive lukrativen Vermarktungs- und Sponsoringverträgen und öffentlichen Einfluss, der wohl kaum überschätzt werden kann. Gleichzeitig wird der umstrittene Verband üppig mit öffentlichen Geldern finanziert.

Roswitha Stadlober: Erste Frau an der Spitze

Seit 2021 ist Roswitha Stadlober Präsidentin des ÖSV. Sie ist - nach 22 männlichen ÖSV-Präsidenten - die erste Frau an der Spitze des ÖSV. Sie folgte auf Karl Schmidhofer, der nach rund 100 Tagen das Amt aus persönlichen Gründen wieder abgeben musste. Zuvor war Peter Schröcksnadel 31 Jahre lang Präsident des ÖSV.

Roswitha Stadlober
© IMAGO/SEPA.Media ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober

Stadlober wurde 1963 als Roswitha Steiner in Radstadt (Salzburg) geboren und zählte Laufe der 1980er zu den weltbesten Slalomfahrerinnen. Ihren ersten Weltcupsieg konnte sie mit 19 Jahren feiern, nur fünf Jahre später beendete sie ihre Karriere. Während ihrer Karriere als Skirennläuferin arbeitete Stadlober bei der Raiffeisenbank, 1999 bis 2004 war sie Sportsprecherin für die ÖVP im Salzburger Landtag. Sie ist verheiratet mit dem ehemaligen Langläufer Alois Stadlober.

Zu ihren größten Projekten zählen die neue Markenstrategie des ÖSV und der Logo-Relaunch. Mit April 2023 wurde der ÖSV in "Ski Austria" unbenannt, samt neuem Markendesign und Logo. Laut Präsidentin Stadlober sei der Skiverband damit in eine "neue Ära" eingetreten. Zukünftig wolle man noch mehr als Fachverband wahrgenommen werden und in der Politik verstärkt als Interessensvertretung agieren können.

Neben Stadlober zählen Alfons Schranz, Kurt Steinkofler, Claudia Strobl-Traninger, Hermann Nagiller, Gottfried Wolfsberger, Bernhard Zauner und Gerlinde Metzinger als ÖSV-Vizepräsident:innen zum Präsidium des ÖSV. Finanzreferent ist Patrick Ortlieb, Christian Scherer ist Generalsekretär.

Die erfolgreichsten ÖSV-Sportler

Die erfolgreichsten Athlet:innen der österreichischen Wintersportgeschichte stammen aus den Reihen des ÖSV, bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaft und Weltcup-Rennen konnten sie Hunderte Siege einsammeln. Zu den prominentesten Vertreter:innen des ÖSV zählen u.a. Toni Sailer, Karl Schranz, Franz Klammer, Annemarie Moser-Pröll, Petra Kronberger, Hermann Maier, Benjamin Raich, Anna Veith, Marcel Hirscher, Matthias Mayer, Toni Innauer, Ernst Vettori, Andreas Goldberger, Thomas Morgenstern, Gregor Schlierenzauer oder Felix Gottwald.

Die nächste Chance, österreichische Sportgeschichte zu schreiben, haben die ÖSV-Skifahrer:innen vom 4. bis 16. Februar 2025 in Saalbach. Dort findet die nächste FIS Alpine Ski Weltmeisterschaft statt.