"Beim Blasen zwischen den Knien"

So stellt sich der Magistrat die perfekte Hure vor - ein kurioser Leitfaden

von Ein Wiener Prostituierte in einem Zimmer © Bild: Marcus Deak

Unfreiwillige Komik. Zweifelsohne, der Folder bietet wichtige und wertvolle Informationen für Prostituierte. Von Anmeldung und Beratungsstellen bis zu Versicherungstipps. Doch Teile der Checkliste "Anschaffen auf der Straße – so sicher wie möglich" könnten Highlights eines mittelmäßigen Kabarettprogramms sein.

Im Studio "97a" haben die Damen schnell ihren Lieblingspunkt gefunden: "Vermeiden Sie Positionen, die für Sie ungünstig sind. Zum Beispiel beim Blasen zwischen den Knien des Freiers. Versuchen Sie möglichst, oben zu bleiben."

Komplett absurd, sind sich die Prostituierten einig. Lachen müssen sie trotzdem. Obwohl es ja eigentlich gar nicht so lustig ist, meint Liane. "Da kommen sich die Mädchen doch verarscht vor. Ich mein, da stehst du jeden Tag auf der Straße und liest dann in einem Folder weltfremde Tipps."

Schlecht abgeschrieben
Schon in der Schule galt: Weiß es der Nachbar nicht besser, sollte man es lieber selbst probieren. Das wäre auch hier ein guter Denkansatz gewesen. Denn: Beim ganz genauen Hinsehen ist zu erkennen, dass die Straßenstrich Checkliste kein original Wiener Werk ist. "Anschaffen und gesund bleiben" heißt die – nennen wir es
– Vorlage der Aids-Hilfe aus Deutschland. Die Verantwortlichen der MA 62 behielten es sich allerdings vor, – teils sinnverändernde – Adaptionen vorzunehmen. So kam es zum Beispiel erst zu den bereits allseits bekannten Zeilen des neuartigen Akrobaten-Blowjobs. Zugegeben, auch die deutschen Kollegen dürfen für ihren Folder keinen Preis erwarten, empfehlen sie doch ebenfalls, die Position zwischen den Knien des Kunden zu vermeiden. Doch sie schreiben weiter: "Wenn du auf ihm liegst, kannst du sein Gesicht und seine Hände besser im Blick behalten." Aha – gemeint ist der Körper, nicht der Kopf. In diesem Zusammenhang leuchtet das ein und macht Sinn, sagen die Prostituierten.

Die laut Folder verhaltenstechnisch perfekt ausgebildete Straßenhure bekommt dank der Checkliste auch Stylingratschläge der Stadt Wien. So zum Beispiel: "keine Ketten, Schals und Ähnliches" – Würgegefahr. Oder: "Jacke immer ganz auf oder ganz zu" – Fesselungsgefahr. Und zu guter Letzt: "bequeme Schuhe, in denen Sie gut laufen können" – Fluchtprävention. Für Rotlicht-Urgestein Liane ist ein großer Teil der Liste eine – um es pragmatisch auszudrücken – "abstrakte Beschäftigungstherapie für Menschen, die vom Geschäft überhaupt keine Ahnung haben".

Wiens perfekte Hure
Während der Recherche zum Report über das am 1. November in Kraft tretende Puff-Gesetz verteilten wir den Leitfaden für Straßen-Prostitution in einigen Etablissements sowie am Straßenstrich im Wiener Prater. Nach erster Erheiterung überall dasselbe Bild: grübelnde Menschen, die sich die gleiche Frage stellen – wie sieht die Stadt-Wien-Hure eigentlich aus?

NEWS probierte es aus. Die 22-jährige Prostituierte Cindy schlüpfte für uns in ein Outfit, das alle Punkte der Liste beinhaltet. Schmucklos, die Jacke geschlossen, gemütliches Schuhwerk. Klar, ihren Sprint- Rekord wird sie mit den Holzschlapfen nicht verbessern, stylisher als silberne Laufschuhe sind sie aber allemal. Das "Problem" Handtasche wurde im Folder zwar nicht ausführlich behandelt, aber auch hier fand sie eine stimmige Lösung. Um – wie es heißt – "Tasche und Handy gut greifbar" zu haben, bietet sich eine Bauchtasche an.

Für unsere Testdame Cindy steht fest: Mit diesem Outfit macht sie kein Geschäft. Und auch wenn die Darstellung überspitzt ist, zeigt sie den weltfremden Zugang eines Handbuchs, das ausschließlich vom Schreibtisch aus geschrieben worden sein dürfte. Und gut gemeint ist ja bekanntlich das Gegenteil von gut gemacht.

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Kommentare

Viennese melden

Re: @War-Lord:Wahrscheinlich waren manche Rathauspolitiker zu Studienzwecken bei den Rotlichtdamen zu Besuch.Denn dümmer als diese Broschüre verfasst ist, kann man kaum etwas in Umlauf bringen.Um dieses Rotlichtproblem in den Griff zu bekommen gibt es nur eines:Laufhäuser und Konakthöfe an den Stadtgrenzen mit Parkplätzen und Cafes. Beispiele : Hamburg, Unsere " Gscheiterln" wissen ja alles Besser

Ignaz-Kutschnberger
Ignaz-Kutschnberger melden

@Viennese...
ja siehst, wie ich derlei geäußert hab, hat man meinen Beitrag gleich rausglöscht *gg

Ignaz-Kutschnberger

Hmm... würd mich jetzt doch interessieren wer von diesen Leuten bei der Stadt Wien sich über mein voriges Postig echauffiert hat, auf die Frage woher dieses Wissen bezügl. "zwischen den Knien" beruht ... scheinbar habe ich damit doch ins Schwarze getroffen und wie man so schön sagt: den Bock abgeschossen ;-)

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