„In fast jedem steckt ein wenig BDSM“

Faszination am Spiel mit Schmerz und Unterwerfung: Ein echter Dom im Interview

In „Grey“, dem neuen Roman von E.L. James, wird „50 Shades of Grey“ aus der Sicht von Christian erzählt. Auf news.at spricht ein realer Dom über die Faszination am Spiel mit Schmerz und Unterwerfung. Gentledom (Anm. er möchte anonym bleiben) ist Jurist, 37 Jahre alt und Betreiber von gentledom.de, einer der größten deutschsprachigen BDSM-Seiten

von Menschen - „In fast jedem steckt ein wenig BDSM“ © Bild: anonym

News.at: Sie sind ein Dom und praktizieren BDSM. Was bedeutet das?

Gentledom: Bei BDSM geht es darum einvernehmlich seine Lust an Unterwerfung, Lustschmerz und/oder Fixierungen auszuleben. Dom steht dabei für jene Person welche den dominanten Part übernimmt. Mich selbst reizt das Spiel mit der Macht. SM, also das Spiel mit dem Schmerz, ist für mich maximal Mittel zum Zweck und mit der Knotenkunst bin ich nie wirklich warm geworden.

News.at: Wie erklären Sie sich den Hype um die „50 Shades of Grey“ Bücher?

Gentledom: Ich habe die Bücher nicht gelesen, stehe ihnen aber nicht, wie wohl viele in der BDSM (Anm. Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism)-Szene, negativ gegenüber. Es sind Unterhaltungsromane, die in erster Linie einen guten Plot haben: Eine Frau errettet einen starken Mann – das spricht vorallem Frauen an. Negativ finde ich die Klischees, die darin vorkommen und, dass ich von der Presse gerne mit Mr. Grey verglichen werde, in welchem ich mich nicht wiederfinden kann. Denn im Gegensatz zu ihm hatte ich eine sehr liebevolle und behütete Kindheit in gutbürgerlichen Verhältnissen – und ich weise weder einen Kontrollzwang noch ungesunde Verlustängste auf.

News.at: Haben die Romane etwas zur Aufklärung in Sachen BDSM beigetragen?

Gentledom: Ja, es ist aus der Schmuddelecke herausgekommen. Laut einer Umfrage der Kulturwissenschaftlerin Corinna Rückert sollen 81 Prozent der Frauen Unterwerfungsfantasien haben. Ich denke in fast jedem steckt ein kleiner BDSMler, wobei ich zu BDSM auch schon seichte Formen wie Fesselsex, Festhalten, Popoklapse usw. zähle. Die einen werden damit dauerhaft nichts anfangen können, für andere wird es ab und an ein kleiner Tabubruch sein, der sie kickt, und wieder andere werden tiefer in die Materie eintauchen.

News.at: Warum haben Sie gentledom.de gegründet?

Gentledom: Die Grundidee ist die Aufklärung. Jeder Bereich der Seite dient diesem Ziel, die erotischen Geschichten ebenso, wie die Community in welcher sich die Mitglieder hilfesuchend an Paten wenden können, wenn sie jemanden benötigen, der ihnen bei ihren ersten Schritten oder auch akuten Problemen hilft. Seit 2014 haben wir zudem eine eigene Rubrik mit einer Partnersuche eingerichtet. Pro Tag haben wir derzeit rund 15.000 Seitenbesuche.

News.at: Was ist das größte Problem für Menschen, die BDSM-Neigung an sich entdecken?

Gentledom: Das schwerste ist immer das Outing vor sich selber. Wenn man in einer Partnerschaft ist fällt es vielen auch schwer sich gleich dem Partner anzuvertrauen. Miteinander kommunizieren ist deshalb das Wichtigste. Man sollte den Partner aber auch nicht mit seinen Wünschen überfallen, sondern versuchen herauszufinden, ob er bereit ist Neues auszuprobieren.

News.at: Wie lange sind Sie in der BDSM-Szene aktiv?

Gentledom: Im Alter von 22 Jahren hat jemand in mir den Dom gesehen, zu einem Zeitpunkt bei dem ich gerade einmal dabei war meine ganz „normale“ Sexualität zu entdecken. Ich war in den letzten 15 Jahren aber nicht durchgehend als Dom aktiv, hatte eine Auszeit von 1,5 Jahren als ich in einer monogamen Beziehung gelebt habe in der BDSM keine Rolle spielte.

News.at: Was ist für Sie persönlich bei BDSM am wichtigsten?

Gentledom: Spaß! BDSM kann für mich zwar mehr sein als nur Spaß, aber würde es an diesem fehlen wo würde dann die Freude bleiben? Konventionen die sonst gelten sind nicht mehr vorhanden, es ist ein extatischer, animalischer und gemeinsamer Tanz.

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