Julia Jurtschak: "Die Liebe
ist wichtiger als rote Rosen"

Ende Mai wird die Deutsche Julia Jurtschak Frau von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Ein Gespräch über den Abschied aus Köln, Neubeginn und fehlende Romantik.

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Doskozils Verlobte - Julia Jurtschak: "Die Liebe
ist wichtiger als rote Rosen"

Frau Jurtschak, im Mai letzten Jahres sind Sie nach Österreich gezogen und gleich in den Burgenland-Wahlkampf eingetaucht. Hatten Sie Zeit, sich einzuleben?
Natürlich sind viele neue Eindrücke auf mich zugekommen. Ich bin weg von zu Hause, kenne noch niemanden und finde mich in einem neuen Leben wieder, weil es an der Seite eines Spitzenpolitikers stattfindet. Das konnte ich mir alles nicht vorstellen, solange ich in Köln gelebt habe. Wir hatten zwar unsere Fernbeziehung, aber dieses Leben täglich mitzuleben eröffnet eine neue Dimension. Ich fühle mich jedenfalls pudelwohl.

Aktuell ist der Terminkalender Ihres Mannes besonders dicht. Erleben Sie ihn dadurch nochmal anders?
Schon als wir uns kennengelernt haben, war sein Arbeitspensum für mich unvorstellbar. Dabei war ich es durch meine Tätigkeit als Eventmanagerin ja gewohnt, viel zu arbeiten, auch am Wochenende oder abends, denn in meiner Branche gibt es auch keine Feiertage. Aber als ich erlebt habe, was er stemmt, habe ich gedacht: Wie schafft man das? Ich verstehe es, seit ich ihn begleite: Man kommt in einen Fluss, der bewirkt, dass es sich nicht als Arbeit anfühlt. Das liegt daran, dass es sich nicht wie Pflicht anfühlt, wenn man etwas findet, das Spaß macht. Für mich zählt die Zeit mit ihm, wenn ich ihn begleite. Die ist das Kostbarste.

Genießen Sie gemeinsame Wahlkampftermine tatsächlich als "Wir"-Zeit?
Natürlich ist es anders, als private Zeit zusammen zu haben. Aber wir haben beschlossen, so viel Zeit wie möglich gemeinsam zu verbringen. Das geht nur, wenn ich mit ihm an einem Strang ziehe. Es macht mir Spaß, ihn zu begleiten. Zeit ist für mich das Wichtigste in dieser Beziehung, da ist es egal ob in der Öffentlichkeit oder im Privaten.

Dafür sind Sie von Köln ins Burgenland nach Oberwart gezogen. War es schwer, diese Entscheidung zu treffen?
Den Schritt weg aus meiner ursprünglichen Heimat habe ich ja schon viel früher gemacht, als ich 450 Kilometer, also knappe vier Autostunden, weit weg nach Köln gezogen bin. Die Abnabelung von der Heimat hatte ich schon hinter mir. Ins Burgenland zu ziehen war daher nicht dramatisch: Ob es jetzt 600 oder 450 Kilometer sind, war nicht mehr ausschlaggebend. Dass er nicht wegziehen kann, war klar -das hätten mir die Burgenländer auch übel genommen.

Erinnern Sie sich an den Moment, in dem klar war: "Jetzt starte ich ein neues Leben im Burgenland"?
Das war ein fließender Prozess. Wir haben versucht, einander immer öfter zu sehen, zuletzt haben wir es wöchentlich geschafft. Für ihn war es zusätzlich zu seinem Arbeitspensum eine große Belastung, einmal die Woche nach Köln zu fliegen. Dann war es plötzlich klar, wie wenn man morgens aufwacht und denkt: So, jetzt bin ich bereit, ich will gehen, wir starten gemeinsam neu durch.

Was war Ihnen beim Ankommen wichtig, um sich heimisch zu fühlen? Ein Stammlokal finden, eine Laufstrecke, Freunde?
Da gab es tatsächlich bis jetzt nichts außer ihm. Auch wenn es sich seltsam anhört, aber Heimat ist für mich da, wo er ist. Die Verbundenheit zu Hans Peter ist so groß, dass ich die Faktoren, die Sie genannt haben, für einen Ausgleich bis jetzt nicht benötigt habe. Es füllt meinen Tag aus, in seine Welt reinzuwachsen. Das andere liegt am Weg vor mir. Dafür habe ich noch genug Zeit.

© Ricardo Herrgott Zwei Jahre nach dem Treffen in Köln zog Julia Jurtschak, 36, nach Oberwart zu Hans Peter Doskozil, 49

Was haben Sie zurückgelassen, was haben Sie gewonnen mit dieser lebensverändernden Entscheidung?
Ich lasse nichts zurück, denn alle wichtigen Dinge, die es in meinem Leben in Deutschland gab, trage ich im Herzen. Ich habe nur dazugewonnen, und das ist Hans Peter.

Gab es den Moment, als Sie überlegt haben, was es bedeutet, an der Seite eines Spitzenpolitikers zu leben und wie diese Rolle wohl auszufüllen ist?
Es stimmt, anfangs war mir nicht bewusst, wer da vor mir steht. Die Tragweite habe ich langsam begriffen: Erst habe ich sein Leben aus der Ferne erlebt und hatte in Köln den privaten Hans Peter. Als ich hier war, haben wir uns Zeit gelassen, bis er mich zu den ersten Veranstaltungen mitgenommen hat. Als wir uns entschlossen hatten, dass ich herziehe, war ich auf einmal mittendrin. Aber Hans Peter gibt mir auch, wenn ganz viel los ist um uns, immer diese Sicherheit und Geborgenheit, dass ich mit ihm da durchgehen kann.

Wie spüren Sie das?
Sein Blick, seine Aura.

Wie begreifen Sie die Rolle der "First Lady" des Burgenlands?
Hans Peter ist der Mann an der Spitze. Er ist der Politiker. Ich bin seine Partnerin. Ich sehe mich nicht als First Lady. Ich bin Julia, er ist für mich Hans Peter. Ich sehe es aus dem Blickwinkel der Frau, die Zeit mit ihm verbringen möchte.

Und privat? Beschreiben Sie doch bitte Ihre partnerschaftliche Rollenverteilung.
Viele Gespräche prägen unsere Beziehung und auch, gegenseitig Ratschläge anzunehmen. Ich halte ihm den Rücken frei, damit er diesen Beruf machen kann, sich fallen lassen kann, den Kopf frei bekommt. Das gibt ihm Kraft, und so geben wir einander Halt.

Als Sie sich in Köln kennengelernt haben, waren Sie es, die ihn angesprochen hat: "Hier darf auch gelacht werden!" Sehr selbstbewusst.
Stimmt. Er stand sehr ernst auf dieser Veranstaltung und ist mir ins Auge gestochen. Ich habe gedacht: So ernst ist es hier auch wieder nicht.

Das hat ihm gefallen.
Ja, zumal ich ja völlig unbefangen war. Er war für mich ja ein Mann wie jeder andere, kein Spitzenpolitiker.

Als solcher ist er in Österreich bekannt für seine meinungsstarken, klaren Ansagen. Nimmt er von Ihnen Kritik an?
Ja und wir gehen sehr ehrlich miteinander um. Das bringt uns gegenseitig weiter. Wenn man sich immer nur sagt, was der andere hören will, bringt das nichts für eine Weiterentwicklung. Wir sind sehr ehrlich miteinander, auch bei Kritik.

Man hört oft, Hans Peter Doskozil sieht viel besser aus, seit sie beide sich kennen
Wenn ich Bilder von vor zwei Jahren sehe, denke ich auch, es gab eine Veränderung. Aber die kam nicht von mir! Das hat sich vielleicht ergeben, weil ich ein Problem mit Gluten und Lactose habe und mich deshalb sehr bewusst ernähren muss. Das fließt automatisch in den Alltag ein, und der andere übernimmt etwas davon, denke ich.

© Ricardo Herrgott Als "First Lady" sieht sie sich nicht: "Ich bin die Julia", sagt Doskozils Verlobte

Sie sind sehr sportlich, fahren sogar Einrad. Wie kommt es zu dieser Leidenschaft?
Als junges Mädchen war ich Leistungssportlerin im Kunstradfahren. Das habe ich 15 Jahre lang gemacht - und Einradfahren nebenher, weil es im Verein auch angeboten wurde.

Haben Sie auch Bewerbe gewonnen?
Im Mannschaftsbewerb war ich deutsche Meisterin im Kunstradfahren. Ich habe mich spaßeshalber erkundigt, ob es so etwas in Österreich gibt, aber es ist hier nicht besonders verbreitet, es gibt nur einen Verein in Vorarlberg.

Sport wird bei Ihnen großgeschrieben. Treffen wir Sie mit Hans Peter Doskozil beim nächsten Marathon?
Das hoffe ich! (Lacht) Meine Laufschuhe stehen seit Mai in der Ecke, aber für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, einen Halbmarathon zu laufen. Wann ist Wien-Marathon?

An dieser Stelle klärt Doskozils Pressechef Herbert Oschep auf, dass es schon im April so weit ist, aber der Graz-Marathon erst im Herbst stattfindet. Oschep ist selbst schon dort gestartet. Rasch sind sich die beiden einig: Der Graz-Marathon sollte sich ausgehen. Jurtschak: "Das ist mein Anreiz, die Laufschuhe wieder rauszuholen!"

Von Köln nach Oberwart: Hatten Sie eigentlich, was man "Kulturschock" nennt?
Das hätte es gegeben, wäre ich eine Großstadtpflanze gewesen. Aber ich bin viele Jahre auf dem Land aufgewachsen, im Dorf Ebnat bei Aalen mit 4.500 Einwohnern. Von daher war ich es gewohnt, familiär aufzuwachsen. Dass jeder jeden kennt, dass man füreinander da ist und hilft, das hat meine Kindheit geprägt. Deshalb war es statt einem Kulturschock mehr wie "back to the roots".

Inwieweit wurden Sie politisch sozialisiert?
Ich war tatsächlich mit 17 für eine kurze Zeit Mitglied der SPD in Deutschland. Wir hatten damals eine sehr engagierte Abgeordnete zum Landtag in Stuttgart im Dorf, die die Jugend für Politik begeistert hat. Die war so eine Macherin, das hat mich gepackt. Aber ich war damals sportlich sehr aktiv, und beides war zeitlich einfach nicht vereinbar.

Hans Peter Doskozils politische Karriere hat in der Flüchtlingskrise Fahrt 2015 aufgenommen. Wie haben Sie die politische Situation in Österreich damals von außen erlebt?
Auf die politische Situation in Österreich habe ich erst nach unserem Kennenlernen im Detail geschaut. Dann habe ich geschaut, was er genau tut. Man möchte ja verstehen, warum der Partner seine Entscheidung trifft. Ich habe aber nicht vor, Politikwissenschaft zu betreiben. Ich bewundere ihn dafür, wie er seine Funktion ausübt. Es erfüllt mich mit Stolz, was er mit seiner besonderen Art, Politik zu betreiben, erreicht.

Was genau macht Sie stolz?
Ich finde, er ist wahnsinnig ehrlich und authentisch. Er ist nah am Volk. Das kennt man in dieser Branche selten.

Haben Sie Pläne für Ihre berufliche Zukunft?
Ich bin für ein paar Stunden in der Unternehmenskommunikation und im Marketing bei der Energie Burgenland beschäftigt. Das ist mein Fachgebiet und ein guter Einstieg. Ich fühle mich dort sehr wohl und schaue, wo die Reise hingeht.

Dann ist noch Ihre Hochzeit zu planen, bis Ende Mai ...
Das wäre peinlich, wenn ich die nicht selber planen würde nach all den Hochzeitsmessen, die ich gemacht habe. Aber ich habe ja noch vier Monate Zeit.

Verraten Sie uns doch die Eckdaten bitte?
Relativ klein, vielleicht 100 Gäste, familiär. Bestimmte Dinge müssen sein, die Hans Peters Beruf mit sich bringt, aber sonst sehr bodenständig.

Stimmt es, dass es bei Ihnen sehr unromantisch zugeht?
Ich bin vielleicht etwas romantischer als Hans Peter, aber wichtiger als Romantik ist mir, wie man miteinander umgeht. Das hat viel mehr Tragweite, als wenn ich einmal in der Woche rote Rosen bekomme oder hundert Lichter, wenn ich heimkomme. Das ist schnell verpufft. Aber diese Wertschätzung vom Partner zu erleben, ist mir viel wichtiger.

Mit der Hochzeit werden Sie auch Stiefmutter.
So sehe ich das nicht. Wir bauen ein freundschaftliches Verhältnis auf. Seine Kinder sind erwachsen und haben eine tolle Mutter. Es geht eher darum, ein familiäres Miteinander zu finden und das freundschaftlich und im Vertrauen aufeinander zu leben.

Ist eine eigene Familie zu gründen ein Thema für Sie?
Nein, aus heutiger Sicht definitiv nicht.

Haben Sie Pläne für den Alltag nach der Wahl? Vielleicht ein Urlaub, nachdem Sie den ersten ja gemeinsam mit der SPÖ in Malta verbracht haben?
Es nutzt nichts, sich im Leben etwas strikt einzubilden. Man darf Ziele haben, träumen, sich etwas wünschen. Aber das Wichtigste ist, Situationen zu nehmen, wie sie sind und das Positive darin zu erkennen. Das macht es einfacher, glücklich zu sein. Dann macht auch eine SPÖ-Klubreise Spaß.

Wann haben Sie eigentlich gewusst: "Der ist es!"?
Relativ schnell. Er wusste es noch schneller.

Was war "das gewisse Etwas"?
Die Gespräche. Seine Art zu denken. Die Art, wie er mich versteht. Da war mir klar: Das ist ein besonderer Mensch. Er hat mich erreicht wie noch niemand davor.

Julia Jurtschak: Die 36-jährige Deutsche wuchs im 4.500-Seelen-Dorf Ebnat bei Aalen in Baden-Württemberg auf. Sie war Leistungssportlerin im Kunstradfahren und holte im Mannschaftsbewerb einen deutschen Meistertitel. Als Eventmanagerin war sie zuletzt in Köln tätig, wo sie im Mai 2017 den damaligen Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil kennenlernte. Im Mai 2019 zog Jurtschak ins Burgenland, wo sie derzeit bei der Energie Burgenland beschäftigt ist. Am 30. Mai feiern Hans Peter Doskozil und Julia Jurtschak Hochzeit.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im News 4/2020.