IQ-Test: Alles, was
man dazu wissen sollte

Wie intelligent bin ich eigentlich wirklich? Diese Frage hat sich jeder schon einmal gestellt. Oft begeht man den Fehler zu glauben, dass die Beantwortung einer einzigen Frage oder ein schneller Online-Test für das Messen von Intelligenz ausreicht. Univ.-Lektor Dr. Andreas Krafack ist Klinischer Psychologe, Psychotherapeut, Gerichtssachverständiger und beantwortet für News die wichtigsten Fragen zum Thema IQ-Tests.

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Ab wann gilt man als überdurchschnittlich intelligent?
Andreas Krafack: Ausgehend von einem Intelligenzquotienten (IQ) von 100 gibt es statistische Schwankungen nach oben und nach unten, die bei der Interpretation zu berücksichtigen sind; Ab einem IQ von 116 bis 130 spricht man von überdurchschnittlicher Intelligenz, ab einem IQ von 130 von Hochbegabung

Ist Intelligenz vererbbar?
Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft seit langer Zeit, es gibt wohl sowohl genetische Faktoren als auch Umweltfaktoren (Sozialisation), exakte prozentuale Anteile anzuführen wäre hier trotz einer Vielzahl an Studien unseriös.

Sind die gegenwärtigen Messinstrumente zur Erhebung menschlicher Intelligenz ausreichend?
Es gibt inzwischen wissenschaftlich sehr fundierte Testverfahren zur Bestimmung der Intelligenz, die einerseits aktuell ausreichend sind. Andererseits ist es stets ein Bestreben der empirischen psychologischen Wissenschaft die Verfahren noch zu verfeinern oder neue Verfahren zu entwickeln.

Was macht einen seriösen Intelligenz-Test aus?
Ein seriöser Intelligenztest zeichnet sich zunächst wie jeder seriöse psychologische Test durch folgende drei Kriterien aus:

  • Validität (Gültigkeit des diagnostischen Verfahrens - Misst der Test tatsächlich das gewünschte Merkmal? Ein Test ist dann valide, wenn er das misst, was er zu messen beabsichtigt)
  • Reliabilität (der Test soll bei einer Testwiederholung zum gleichen Ergebnis kommen, also zuverlässig sein)
  • Objektivität (die Ergebnisse müssen unabhängig von Einflüssen der UntersucherInnen oder der Untersuchungssituation sein. Es muss also Testleiterunabhängigkeit, Verrechnungssicherheit der Daten und Interpretationseindeutigkeit gegeben sein.)

Dann sollte klar sein, ob der Intelligenztest nur die „Grundintelligenz“ misst oder die einzelnen Faktoren der Intelligenz (zum Beispiel logisch analytisches Denken, Abstraktionsfähigkeit, Raumvorstellung, Gedächtnis, Allgemeinwissen, Wortschatz, etc). In der Regel unterscheidet man bei der Grundintelligenz zwischen der kristallisierten Intelligenz, die bildungsabhängig ist und der sogenannten flüssigen Intelligenz (Problemlösefähigkeit, logisches Denken).

Wovon sollte man eher die Finger lassen?
Die Finger sollte man von nicht wissenschaftlichen Intelligenztests lassen, die nicht der DIN Norm 33430 entsprechen und/oder in keinem der anerkannten wissenschaftlichen Testverlage angeboten werden. In jedem Fall muss der Intelligenztest von einem erfahrenen Psychologen durchgeführt werden.

Gibt es Intelligenz-Tests online, die man empfehlen könnte?
Ich würde von Online-Tests abraten, es gibt sehr viele und in den meisten Fällen sind sie nicht seriös. Das Beste ist einen wissenschaftlich fundierten Intelligenztest bei einem Psychologen oder Psychologin durchführen zu lassen und dann über das Ergebnis und dessen Auswirkungen auf die Fragestellung ausführlich zu sprechen. Zu oft kommt es vor, dass die Messergebnisse bei Online-Tests falsch interpretiert werden.

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Wem ist also ein Intelligenztest zu empfehlen?
Ein Test bietet sich normalerweise an, wenn eigenes Interesse an Grundintelligenz und speziellen Begabungen besteht. Im Rahmen von Bewerbungen zur Personalauswahl sind Intelligenztests oft eine Ergänzung zu Persönlichkeitstests, Interview oder Assessment Center, etc.

Zu betonen ist, dass eine Verwendung und Interpretation von Psychologischen Tests wie eben Intelligenztest nur von PsychologInnen mit Akademischem Studienabschluss durchgeführt und interpretiert werden dürfen, dies ist auch gegebenenfalls einklagbar. Die Testung und Interpretation hat unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft zu erfolgen.

Wann ist die Ermittlung des IQ wirklich notwendig, wann ist es reine Spielerei?
Wenn es einen konkreten Grund zur Bestimmung der Intelligenz gibt, zum Beispiel in der Klinischen Diagnostik oder Eignungsdiagnostik, dann ist die Ermittlung eines IQ in vielen Fällen notwendig und sinnvoll. Das Ergebnis ist dann ja auch Fördermaßnahmen gekoppelt.

Wie ernst sollte man die Resultate eines Intelligenz-Tests nehmen?
Wenn ein den wissenschaftlichen Kriterien entsprechender Intelligenztest durchgeführt wurde, sind die Resultate „ernstzunehmen“, es gibt allerdings immer statistische Schwankungsbreiten die zu berücksichtigen sind, sodass der absolute Wert noch nicht viel aussagt, sondern nur wenn er in Bezug auf eine bestimmte Referenzgruppe vorgenommen wird.

Gibt es kritische Werte, die ein Test zutage fördern kann und die Handlungsbedarf nach sich ziehen?
Wenn etwa ein mehrdimensionaler Intelligenztest durchgeführt wird, kann es interessant sein, wo bestimmte Begabungen oder Defizite bestehen. Dadurch kann – bei entsprechender Fragestellung und Motivation - Handlungsbedarf bestehen..

»Es macht keinen Sinn, sich auf IQ-Tests vorzubereiten«

Macht es Sinn, sich auf einen IQ-Test vorzubereiten? Wenn ja, wie?
Es macht keinen Sinn sich vorzubereiten, da es ja viele Verfahren gibt. Oft wird versucht, sich auf Testverfahren im Eignungs- und Personalbereich vorzubereiten um einen bestimmten Job zu bekommen. . In der klinischen Psychodiagnostiki st dies meist nicht der Fall.

Man kann sich an die Art der Aufgabenstellungen zwar gewöhnen und somit Prüfungsängste vermindern, aber ein Erlernen der Aufgaben ist nicht möglich, zudem gibt es sogenannte Paralleltests mit anderen Aufgaben bzw. weiß man ja nicht welche Testaufgaben vorgegeben werden.

Hat die Bestimmung des IQ an Bedeutung verloren? Welche Rolle übernimmt Ihrer Ansicht nach der EQ?
Der IQ hat nicht an Bedeutung verloren und erlebt sogar eine gewisse „Renaissance“, der EQ ist eine wichtige Ergänzung, da er die soziale Kompetenz misst.

Lässt sich sagen, wann die Ermittlung des IQs von Vorteil ist und wann die Ermittlung des EQ?
In der Regel sind sowohl der IQ als auch die soziale Intelligenz (EQ) gleich wichtig, bei Personalauswahlverfahren werden der EQ ja auch nicht nur mittels Tests, sondern durch Verhaltensstichproben, Assessment Center, Potenzialanalysen und der Interaktion mit anderen BewerberInnen oder Gruppenmitgliedern gemessen bzw. beurteilt.

Wo hat die Ermittlung von Intelligenz ihre Ursprünge?
Die Bestimmung der Intelligenz hat den Ursprung in dem 1904 von Binet und Simon entwickelten ersten Intelligenztest, die Aufgaben hatten einen ansteigenden Schwierigkeitsgrad um trennscharf für die jeweilige Altersgruppe lösbar zu sein. Wechsler, der später 1950 den bekannten HAWIE (Hamburger-Wechsler Intelligenz Test für Erwachsene) entwickelte, betrachtete die Intelligenz als zusammengesetzte Fähigkeit des Menschen, zielgerichtet zu handeln und sich wirkungsvoll mit seiner Umgebung auseinanderzusetzen. Er unterteilte seinen Test in einen verbalen Teil und einen Handlungsteil..

Thurstone u Jäger versuchten hingegen dann unterschiedlichste Teilkomponenten der Intelligenz zu erfassen. Auf der Suche nach der „Grundintelligenz“ entstanden ab 1938, ausgehend von Raven die sogenannten Matrizentests, die sprachfreie Tests sind und in weiterer Folge Versuche sogenannte „Culture Fair“, also kulturunabhängige Tests zu konstruieren, was allerdings nur bedingt gelungen ist. In den nächsten Jahrzehnten wurden dann immer modernere Intelligenztests entwickelt und heute- ganz aktuell- gibt es viele Testverfahren mit guter Verlässlichkeit, die an großen Stichproben normiert wurden.

Wesentlich ist, dass ein Test ein und dieselbe Fähigkeit misst (also eindimensional ist und dem methodischen sogenannten „Rasch Modell“ entspricht). Das Resultat eines Intelligenztest ist der sogenannte Intelligenzquotient (IQ), der eine Einordnung der Intelligenz zu einer Referenzpopulation ermöglicht.

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Was sind die aktuellen Trends auf dem Gebiet der Intelligenz-Tests?
Die Erstellung einer Testbatterie, die die grundlegenden Faktoren der Intelligenz in einem zeitlich vertretbaren Rahmen misst, wobei hier bereits an der Zeitökonomie viel erarbeitet wurde. Hinsichtlich der Eignungsdiagnostik haben sich in Kombination mit Assessment Center die Hinzunahme von Intelligenztests als effektiv erwiesen, da diese eine relativ gute Prognose über den Berufserfolg ergeben, zudem wenn man die sozialen Kompetenzen hinzuzieht (Methodenmix).

Lässt sich die Zukunft von Intelligenz-Tests skizzieren?
Die Zukunft - soweit sich das sagen lässt - wird in einem optimalen Mix aus Intelligenztests und zusätzlich aus verschiedenen Leistungs- und Persönlichkeitstests bestehen, die unter anderem eben die Intelligenzfaktoren sowie Konzentration, Daueraufmerksamkeit, Gedächtnis, Belastbarkeit, Kreativität, Empathie, Kooperationsbereitschaft, Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Offenheit für neue Erfahrungen und emotionale Intelligenz etc. messen., Es soll damit nicht nur eine Momentaufnahme erstellt werden, sondern auch ein Längsschnitt erfassbar sein, der Grundlage für etwaige Entwicklungs- und Fördermaßnahmen ist. Man könnte sagen, dass die Richtung von der Statusdiagnostik zur Veränderungsdiagnostik geht.