Der Fall Florian Teichtmeister

Florian Teichtmeister stand 20 Jahre lang als Publikumsliebling auf Bühnen und war im Fernsehen sehen. Seine schauspielerische Karriere nahm 2023 wohl ein Ende. Der österreichische Schauspieler muss sich wegen des Besitzes von sexuellen Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger vor Gericht verantworten.

von Florian Teichtmeister © Bild: IMAGO/Starface

Steckbrief Florian Teichtmeister

  • Name: Florian Teichtmeister
  • Geboren am: 4. November 1979 in Wien
  • Wohnort: Wien
  • Ausbildung: Max Reinhardt Seminar
  • Beruf: Schauspieler, Dozent

Ab 8. Februar 2023 steht Florian Teichtmeister vor Gericht. Auf diversen Datenträgern seien 58.000 Mediendateien mit mutmaßlich kinderpornografischem Material gefunden worden. Laut seinem Anwalt Michael Rami bekennt sich Teichtmeister schuldig. Außerdem ließ er bei Bekanntwerden der Vorwürfe über seine Anwälte mitteilen, dass er sich seit zwei Jahren in Therapie befinde. Öffentlich äußern will er sich zur Causa aber nicht. Bei einer Verurteilung drohen dem österreichischen Schauspieler bis zu zwei Jahre Haft.

Der Verhandlungstermin dazu hätte eigentlich am 8. Februar 2023 stattfinden sollen, wurde aber wegen Erkrankung Florian Teichtmeisters abberaumt. Ein neuer Termin noch nicht in Sicht. Allerdings teilte die Sprecherin des Wiener Landesgerichts, Christina Salzborn am 21. März mit, dass die Verhandlungsfähigkeit Teichtmeisters wieder gegeben sei. Zugleich sei jedoch der Richter, der die Verhandlung leiten wird, bei der Vorbereitung auf diese "zum Schluss gekommen, dass weitere Ermittlungen notwendig sind". Folglich habe der Richter diese "von Amts wegen in Auftrag gegeben", so Salzborn. Nähere Angaben, worauf sich diese Ermittlungen beziehen, "sind im Zwischenverfahren nicht möglich", erläuterte die Gerichtssprecherin.

Ursprünglich ermittelte die Staatsanwaltschaft Wien gegen Teichtmeister wegen häuslicher Gewalt und eines Suchtmitteldelikts. Der Ermittlungsantrag wegen fortgesetzter, gegen seine damalige Lebensgefährtin gerichteter Gewaltausübung wurde aus Beweisgründen eingestellt. Hinsichtlich der Drogen trat die Anklagebehörde vorläufig von der Verfolgung zurück. Der Grund: Teichtmeister habe mit den Behörden sowie mit den Ärzten kooperiert. Zudem glaubt ihm die Staatsanwaltschaft, dass er das Suchtgift - trotz der großen Menge - nur zum Eigenkonsum verwendet hat, wie der Falter aus den Polizeiakten berichtet.

Fotos aus dem Darknet heruntergeladen

In weiterer Folge erlangten die Strafverfolgungsbehörden Kenntnis von 22 Datenträgern mit sexuellen Darstellungen von Unmündigen und Minderjährigen. Teichtmeister soll die Fotos zwischen Februar 2008 und August 2021 aus dem Darknet heruntergeladen haben. Darüber hinaus wird davon berichtet, dass der Schauspieler an Drehorten Fotos von teils minderjährigen Darstellern gemacht und aus diesen - mit Sprechblasen mit pornografischen Inhalten versehen - Collagen angefertigt habe. Eines der Bilder habe seine Lebensgefährtin entdeckt und der Polizei gemeldet.

Gerüchte um den Besitz von Missbrauchsdarstellungen Unmündiger und Minderjähriger gab es schon länger. Nachdem das Burgtheater, an dem Teichtmeister zuletzt einen Vertrag hatte, im September 2021 über Medienberichte von den Vorwürfen erfuhr, habe man den Schauspieler zur Rede gestellt. Teichtmeister habe die Vorwürfe stets bestritten und als Racheakt seiner Ex-Lebensgefährtin abgetan. Nach Bekanntwerden der Affäre hat das Burgtheater Teichtmeister am 13. Jänner 2023 fristlos entlassen. Damit findet wohl auch seine schauspielerische Karriere ein Ende.

"Kinderpornografie"
Mit der Verwendung des Begriffs Kinderpornografie läuft man Gefahr, ein schweres Vergehen sprachlich zu verharmlosen. Unter Pornografie versteht man die explizite Darstellung einvernehmlicher sexueller Handlungen zwischen volljährigen Menschen. In diesem Sinne gibt es keine Kinderpornografie. Tatsächlich handelt es sich um Aufnahmen sexualisierter Gewalt an Kindern.*

Wer ist Florian Teichtmeister?

Am 4. November 1979 als Sohn eines Notars und einer Tierärztin geboren, wuchs Florian Teichmeister mit einem sieben Jahre jüngeren Bruder in Wien auf. Bescheidenheit und humanistische Werte seien in seinem Elternhaus wichtig gewesen, sagte er in einem 2012 mit dem "Kurier" geführten Interview. Schon als Kind habe er sich schauspielerisch betätigt: Er war im Schultheater des Albertus-Magnus-Gymnasiums aktiv. Später besuchte er das Max-Reinhardt-Seminar in Wien, wo er 2012 selbst einen Lehrauftrag für Rollengestaltung erhielt.

Florian Teichtmeister
© imago/Scherf Florian Teichtmeister als Papageno in "Die Zauberflöte" an der Berliner Staatsoper

Theater-Engagements

Florian Teichtmeister studierte unter anderem beim österreichischen Schauspieler und Theaterregisseur Karlheinz Hackl und dem Pantomimen und Autor Samy Molcho. Bereits während seines Studiums trat er an mehreren Bühnen in Österreich auf, etwa am Wiener Volkstheater. Ab 2005 war er Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt. Seit 2019/20 zählte er zum Ensemble des Wiener Burgtheaters. Als Alfred in Ödön von Horvaths "Geschichten aus dem Wiener Wald" oder als Mozart in "Amadeus" war Florian Teichtmeister auch bei den Salzburger Festspielen vertreten.

Persönlich bezeichnete sich der Schauspieler in einem Interview mit der "Presse" einst als "Möchtegern-Punk". Als politische Figur befinde er sich immer in einem Zustand der Revolte oder Unterwerfung. Im Zweifel wehre er sich und verkünde laut seine Meinung, unabhängig davon, wie die Reaktionen ausfallen.

Florian Teichtmeister in Film und Fernsehen

Auch im heimischen Fernsehen war Teichtmeister oft zu sehen. So spielte er Hauptrollen in "SOKO Kitzbühel", trat im "Tatort" und bei "Kommissar Rex" auf. Seit 2016 war er als der rollstuhlgebundene Major Peter Palfinger in der ORF-Serie "Die Toten von Salzburg" zu sehen (Anm.: In einem ersten Bericht über seine strafbaren Handlungen auf krone.at durfte Teichtmeisters Name nicht genannt werden, er wurde "Peter P." genannt, mutmaßlich in Anlehnung an diese Rolle.) Bis zur gerichtlichen Klärung der Vorwürfe wird der ORF Serien und Filme, an denen Florian Teichtmeister mitgewirkt hat, nicht mehr ausstrahlen.

Florian Teichtmeister
© imago images / Manfred Siebinger In "Die Toten von Salzburg" spielte Florian Teichtmeister den an den Rollstuhl gebundenen Major Peter Palfinger

Ebenso präsent war Florian Teichtmeister in den vergangenen Jahren im Kino. So trat er etwa im "Fall des Lemming" und in Sebastian Brauneis' Debüt "Zauberer" auf. (Letzterer distanzierte sich bereits 2021 von Florian Teichtmeister und sagte in Interviews nach Bekanntwerden des Namens im Zusammenhang mit den Vorwürfen, dass "jedem in der Branche“"klar gewesen sei, "um wen es geht".) Zuletzt sah man Teichtmeister in Ruth Maders Glaubensthriller "Serviam - Ich will dienen", wo er den Vater einer Zwölfjährigen spielte, sowie in Marie Kreutzers hochgelobter Sisi-Parabel, dem österreichischem Oscar-Kandidaten "Corsage", worin er Kaiser Franz Joseph verkörpert. (Anm.: Die Dreharbeiten wurden im Juli 2021, also kurz vor dem ersten Bekanntwerden der Straftat in der Branche, beendet.)

Debatte um Sisi-Film "Corsage" bei Oscars

Nach der Veröffentlichung von Teichtmeisters Namen zeigt sich Regisseurin Marie Kreutzer "schockiert": Sie sei "traurig und wütend, dass ein feministischer Film, an dem mehr als 300 Menschen aus ganz Europa jahrelang gearbeitet haben, durch die grauenvollen Handlungen einer Person so beschmutzt und beschädigt wird." Man könne aber nicht in seine Mitmenschen hineinschauen, so die Regisseuren weiter. Der Film bleibt trotz der Vorwürfe Österreichs Kandidat für den Auslandsoscar 2023, denn "Teichtmeister ist nicht 'Corsage'", befand etwa Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Obmann des Fachverbands für die Musik- und Filmwirtschaft.

Burgtheater: Keine Schuld laut Gutachten

Das Burgtheater habe laut einem Gutachten, das von Kunst - und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) beauftragt wurde, korrekt gehandelt. In dem Gutachten kommt Arbeitsrechtsexpertin Sieglinde Gahleitner zu dem Schluss, dass die Führungspersonen im Bundestheaterkonzern sich keiner Pflichtverletzungen im Umgang mit der Causa schuldig gemacht hätten. Festgehalten wird allerdings, dass "im Ermessen allerdings weitere Schritte gesetzt werden hätten können und insbesondere Optimierungsmöglichkeiten bei Dokumentation und Begleitung existiert hätten, die in Zukunft genutzt werden sollten". Der Fall Teichtmeister wird aber dennoch noch eine längere Aufarbeitung nach sich ziehen.

* Die Definition der Begriffe "Pornografie" und "Kinderpornografie" ist dem Artikel "Kleines Glossar für die Berichterstattung über Pädokriminalität" des "Standard" entnommen.