Kinder und Medien: Wie viel Bildschirmzeit ist gesund?

Kinder verbringen in der Regel zu viel Zeit vor dem Fernseher, Tablet oder Handy, was gravierende Folgen für die Gesundheit und das Sozialverhalten hat. Darum gibt es Empfehlungen zur täglichen Mediennutzung für Kinder und Jugendliche, die es mit dem eigenen Nachwuchs am besten gemeinsam zu vereinbaren - und einzuhalten - gilt.

von Kinder am Smartphone: Wieviel Bildschirmzeit sollten sie vor Handy, TV und Co. verbringen? © Bild: iStockphoto

Inhaltsverzeichnis:

Durchschnittliche Bildschirmzeit bei Kindern

Schon Drei- bis Fünfjährige verbringen laut einer Mediennutzungsstudie durchschnittlich 74 Minuten täglich vor dem Bildschirm, Schulkinder gar 160 Minuten. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist dieser Wert noch angestiegen - mit gravierenden Folgen für die Gesundheit und das Sozialverhalten. Die negativen Auswirkungen reichen von Übergewicht bis zu Herzerkrankungen. Auch soziale Kontakte werden vernachlässigt und es kommt vermehrt zu Konflikten in der Familie.

Auf der anderen Seite schult der Umgang mit modernen Medien die Medienkompetenz. Videospiele trainieren nachweislich das Gehirn und verbessern Motorik, Konzentration und Leistungsfähigkeit. Es wäre deshalb falsch, Fernseher, Computer und Smartphone generell zu verbieten. Wo aber sollen Eltern die Grenzen ziehen zwischen nützlich und zu viel?

Warum sollte die Bildschirmzeit bei Kindern begrenzt werden?

Zu viel Zeit vor dem Bildschirm kann krank machen. Darüber gibt es keine Zweifel. Wie viel Zeit vor dem Bildschirm aber zu viel ist und die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gefährdet, lässt sich nicht pauschal bestimmen. Studien, die den Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und Erkrankungen erforschen, sind aufwendig und die Befragung von Kindern ist nicht einfach. Sie können nur selten einschätzen, wie viel Zeit sie tatsächlich vor dem Bildschirm verbringen.

Unverkennbar ist aber der Zusammenhang von Medienkonsum und Bewegungsmangel. Weniger Bewegung führt zu nachlassender Fitness und Übergewicht. Daraus können sich Erkrankungen auch des Herzens entwickeln. Außerdem verursacht langes Sitzen, egal ob vor dem Bildschirm oder am Schreibtisch, Kopf- und Rückenschmerzen sowie Augenprobleme. Schon nach zwei Stunden vor dem Bildschirm ermüden die Augen, sie müssen sich immer mehr anstrengen, um scharf zu sehen. Wird bis in die Nacht hinein fern gesehen oder Computer gespielt, schlafen Kinder und Jugendliche schlechter ein und durch. Die nötige Erholung bleibt aus.

Übermäßiger Medienkonsum sorgt zwangsläufig zu weniger gemeinsamen Unternehmungen mit Familie und Freunden. Darüber hinaus gaukelt die idealisierte virtuelle Welt Kindern und Jugendlichen eine Perfektion vor, die es in der Realität nicht gibt. Der eigene Körper und der Alltag können mit digitalen Vorbildern nicht mithalten, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein und die soziale Akzeptanz im Allgemeinen.

Empfehlungen zur täglichen Bildschirmzeit bei Kindern

Um Kinder und Jugendliche vor einem übermäßigen Medienkonsum zu schützen, hat die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Empfehlungen zu den täglichen Mediennutzungszeiten von Kindern bis zehn Jahren veröffentlicht. Demnach sollten Kleinkinder bis drei Jahre gar nicht fernsehen und täglich höchstens 30 Minuten Hörmedien hören. Von drei bis sechs Jahren kann die Zeit der Hörmedien auf 45 Minuten ausgedehnt werden. Gleichzeitig sollten Kinder in diesem Alter nicht länger als insgesamt 30 Minuten täglich fernsehen oder am Computer, Smartphone oder Tablet spielen. Für Sechs- bis Zehnjährige empfiehlt die Bundeszentrale höchstens 60 Minuten Hör- und zwischen 45 und 60 Minuten Bildschirmmedien. Mit jedem Lebensjahr mehr kann die Bildschirmzeit um eine Stunde pro Woche erhöht werden.

Alter Hörmedien TV, Tablet, Computer, Smartphone
0-3 Jahre max. 30 min gar nicht
3-6 Jahre max. 45 min max. 30 min
6-10 Jahre max. 60 min max. 45-60 min
ab 11 Jahre pro Lebensjahr um eine Stunde mehr

Auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse haben auch österreichische Kinder- und Jugendärzte Empfehlungen zur täglichen Mediennutzung herausgegeben. Die Höchstzeiten gleichen im Wesentlichen denen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, werden aber durch weitere sinnvolle Vorschläge ergänzt. So raten sie Eltern, das Kinderzimmer zur „bildschirmfreien Zone“ zu erklären, einen bestimmten Zeitraum vor dem Zubettgehen, beim Essen und vor Kindergarten oder Schule medienfrei zu halten und für gemeinsame Aktivitäten zu sorgen.

Bildschirmzeiten festlegen – und auch einhalten

Angesichts der Fülle an Geräten ist es für Eltern nicht leicht, den Überblick über die tatsächliche Bildschirmzeit des Nachwuchses zu behalten. Außerdem lassen sich gerade Jugendliche ungern kontrollieren. Erziehungsexperten raten deshalb, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Bildschirmzeiten zu vereinbaren. Ältere Kinder sind erfahrungsgemäß eher dazu bereit, Vereinbarungen einzuhalten, wenn sie in die Entscheidungen miteinbezogen werden. Die Einhaltung der Bildschirmzeiten sollte prinzipiell auf Vertrauensbasis geschehen. Erst wenn das nicht funktioniert, können Kontrollmechanismen in Form von Apps oder technischen Sperren zum Einsatz kommen.

»Es verursacht nur Frust und Ärger, wenn ein Kind mitten in einem Spiel aufhören muss, weil die vereinbarte Nutzungsdauer damit um wenige Minuten überschritten wird. «

Statt die festgelegten Bildschirmzeiten täglich penibel zu kontrollieren, raten Experten, Zeitkonten für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen. Es verursacht nur Frust und Ärger, wenn ein Kind mitten in einem Spiel aufhören muss, weil die vereinbarte Nutzungsdauer damit um wenige Minuten überschritten wird. Damit die gesamte Zeit nicht an einem Tag ausgeschöpft wird, helfen Obergrenzen. Ausnahmen müssen möglich sein, wenn beispielsweise gemeinsam ein Film angeschaut wird. Als Erziehungsmaßnahme ist die Mediennutzung grundsätzlich nicht geeignet. Studien haben ergeben, dass Kinder und Jugendliche dadurch nur noch länger als ohnehin vor dem Bildschirm sitzen.

Sinnvoll ist es, die Vereinbarungen über feste Bildschirmzeiten für die ganze Familie aufzustellen. Das mindert Konfliktpotenzial und fördert zugleich ein eigenständiges Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen. Außerdem behalten so auch die erwachsenen Familienmitglieder ihren eigenen Medienkonsum im Blick.

Auch die Inhalte begrenzen

Nicht nur die Nutzungsdauer ist wichtig für ein gesundes Medienverhalten, auch die Inhalte müssen dem individuellen Entwicklungsstand angepasst sein. Deshalb wird Eltern geraten, ihre Kinder im Umgang mit Medien zu begleiten, mit dem Ziel, die Medienkompetenz zu fördern. Kleinkinder sollten grundsätzlich nicht allein vor dem Fernseher sitzen oder am Computer spielen. Für Kinder im Vorschulalter ist es besser, geeignete Inhalte auszuwählen und nur diese zugänglich zu machen. Für ältere Kinder, die allein im Internet surfen, können unangemessene Inhalte durch Jugendschutzfilter oder entsprechende Geräteeinstellungen gesperrt werden. Altersfreigaben von Videospielen oder Filmen können Eltern dabei als Orientierung dienen. Darüber hinaus gibt es Medienempfehlungen, die bei der Auswahl der richtigen Inhalte für Kinder und Jugendliche helfen.

Fazit

Medien sind aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht wegzudenken. Zu viel Zeit vor dem Bildschirm aber kann krank machen und die Entwicklung beeinträchtigen. Wenn der Medienkonsum keinen Raum mehr für andere Aktivitäten lässt, ist eine Grenze erreicht. Experten empfehlen, die tägliche Bildschirmzeit gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen festzulegen. Die Einhaltung fällt leichter, wenn sie bei der täglichen Bildschirmzeit mitreden können und Eltern ihnen vertrauen.

Genauso wichtig wie die Begrenzung der Bildschirmzeit, ist ein Blick auf die Inhalte, die dem Alter der Kinder und Jugendlichen angepasst sein müssen. Für jüngere Kinder sollten Eltern die Auswahl der Inhalte treffen, ältere Kinder können bei den Inhalten schon mitreden.

Wichtig: Kinder und Jugendliche in die Entscheidungen zur Mediennutzung einbinden. Dann fällt das Einhalten der Vereinbarungen nicht so schwer.