Wie Maria Theresia
Österreich geprägt hat

40 Jahre lang lenkte sie als erste Frau die Geschicke des Habsburger-Reiches

Vier Jahrzehnte lang lenkte "Kaiserin" Maria Theresia (1717-1780) die Geschicke des Hauses Habsburg. Vor allem durch ihr von zahlreichen Reformen geprägtes Wirken erlangte die Erzherzogin bis heute große Popularität. Im kollektiven Gedächtnis ist die Regentin aber auch als sechzehnfache Mutter verankert, die nicht davor zurückschreckte, ihre Kinder politisch zu instrumentalisieren.

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Jubiläum - Wie Maria Theresia
Österreich geprägt hat

Die älteste Tochter von Kaiser Karl VI.

Maria Theresia wurde am 13. Mai 1717 in der Wiener Hofburg als älteste von drei Töchtern von Kaiser Karl VI. und Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel geboren. Karl VI. hatte mit der "Pragmatischen Sanktion" schon 1713 die Voraussetzung dafür geschaffen, dass ihm auch ein weiblicher Nachfahre in die Regierungsverantwortung folgen konnte. Auf Maria Theresias Erziehung und Ausbildung hatte diese Möglichkeit allerdings keine Auswirkungen.

Frühe Liebe

Ihrem persönlichen Glück war die drohende zukünftige Rolle jedoch zuträglich. So war die Vermählung mit einem Vertreter eines allzu bedeutenden Herrscherhauses nicht im Sinne wichtiger europäischer Mächte. Maria Theresia konnte somit als 19-Jährige 1736 den von ihr favorisierten Franz Stephan von Lothringen heiraten. Aus der für damalige höfische Verhältnisse sehr innigen Beziehung entstammten nicht weniger als sechzehn Kinder.

Nach dem Tod ihres Vaters übernahm Maria Theresia 1740 die Regierungsgeschäfte - allerdings vorerst als Erzherzogin. Zur "Kaiserin" wurde sie erst, als ihr Mann 1745 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde. Trotzdem ihr Franz Stephan schon fünf Jahre davor bei der Machtübernahme als Mitregent zur Seite gestanden wäre, blieb Maria Theresia in der Rolle als Regentin auf sich selbst gestellt. Auf nennenswerte Regierungserfahrung konnte sie nicht zurückgreifen, was sie aber durch Engagement wettmachen konnte.

Die Österreichischen Erbfolgekriege

Viel Zeit zum Einarbeiten blieb ihr auch nicht, begannen doch noch im Jahr 1740 die Österreichischen Erbfolgekriege, in denen sie ihr Herrschaftsgebiet und den dynastischen Anspruch gegen eine von Preußen geführte Allianz behaupten musste. Mit Maria Theresia "haben wir hier eine Frau an einer politischen Weichenstellung. Das passiert nicht so häufig", sagte Werner Telesko, Direktor des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). "Es gibt wahrscheinlich keine Persönlichkeit der österreichischen Geschichte - und das zeigen auch Umfragen - die eine derartige Wirkungsgeschichte bis heute hat."

Wirken mit europäischer Tragweite

Ihr Wirken habe keineswegs nur eine österreichische oder habsburgische Dimension, sondern sei in vielerlei Hinsicht von europäischer Tragweite, so der Forscher, der 2012 das Buch "Maria Theresia: Ein Europäischer Mythos" veröffentlicht hat. Die Reformen in Verwaltung, Militär und im Bildungswesen, für die sie noch heute geschätzt wird, seien jedoch oftmals durch Druck von außen und angesichts der insgesamt krisenhaften Situation zustande gekommen. So war etwa am Ende der Erbfolgekriege 1748 klar, dass man Preußen, dem man ab 1756 im Rahmen des Siebenjährigen Krieges erneut gegenüberstand, in vielen Bereichen unterlegen war, erklärte der Historiker und Habsburg-Experte Karl Vocelka.

Die Modernisiererin

Viele der ersten Reformen hatten daher einen nicht immer auf den ersten Blick erkennbaren militärischen Hintergrund. So wurden etwa Hausnummern mit dem Hintergedanken eingeführt, Rekruten besser ausheben zu können, auch die großen Anstrengungen zur Vermessung des Landes oder die erste Volkszählung dienten strategischen Interessen, so der frühere Professor für Österreichische Geschichte an der Universität Wien. 1752 gipfelten ihre Bemühungen in der Einrichtung der Militärakademie in Wiener Neustadt. Insgesamt zeigte Maria Theresia Zeit ihres Lebens enormes Interesse an militärischen Entscheidungen, in die "die sehr pragmatische, praktische Frau" laut Telesko stets stark involviert war.

»Sie hat den Staat letztlich modernisiert«

Auch für ihre zahlreichen Reformen im Bereich der Verwaltung oder im Straf- und Zivilrecht - etwa mit der Einführung der "Constitutio Criminalis Theresiana" im Jahr 1770 - war es laut den Experten hoch an der Zeit. Ein visionäres Programm habe es bei der akribischen Arbeiterin und fleißigen Schreiberin von Briefen und Aktenvermerken allerdings nicht gegeben. "Sie hat den Staat aber letztlich modernisiert", konstatierte Vocelka.

Angesichts all dieser Neuerungen sei das Bild der Reformerin insgesamt "sicher ein zutreffendes", zeigte sich auch Telesko überzeugt. Hinter vielen Neuerungen stünden allerdings auch ihre Berater, wie Gerard van Swieten oder Joseph Freiherr von Sonnenfels und später ihr Sohn und Nachfolger Joseph II. "Dass sie die persönliche Initiatorin der meisten Dinge gewesen sei, kann man so nicht gelten lassen", so der Experte.

Einführung der generellen Unterrichtspflicht

Die Reform, mit der Maria Theresia vermutlich heute noch in der öffentlichen Wahrnehmung am präsentesten ist, ist ihre 1774 erlassene "Allgemeine Schulordnung", mit der auch die generelle Unterrichtspflicht eingeführt wurde. Diese betraf - für die damalige Zeit nicht selbstverständlich - beide Geschlechter, wie Vocelka ins Treffen führte: "Hier war sie sicher auf einem progressiven Trip."

Der Machtmensch

Wenig progressiv war die Herrscherin im Umgang mit ihrer Familie. Vor allem ihren Kindern billigte sie kein Mitspracherecht bei deren Vermählung zu, sondern handelte nach ihren machtpolitischen Vorstellungen. Einmal verheiratet, gab sie ihnen in umfassenden Briefwechseln detaillierte Handlungsanweisungen.

Aus einer tiefen Religiosität heraus sei auch ihre aus heutiger Sicht befremdliche Intoleranz zu verstehen. Telesko: "Das ist eine Frömmigkeit, die in dieser politischen Instrumentierbarkeit heute völlig abhandengekommen ist, die aber für die Habsburger typisch ist." Auf Basis dieser Weltsicht ging Maria Theresia mit Deportationen sehr hart gegen Juden und Protestanten vor - nachdem ihnen zuvor ihre Kinder abgenommen wurden. "Sie war alles andere als tolerant", sagte auch Vocelka. Bei alldem habe sie sich sicher als Anwältin für den Erhalt des Katholizismus gesehen. Trotzdem stellte sie letztendlich den Staat über die Religion, so die Einschätzung der Experten.

Mitregent und Nachfolger

Einen tiefen Einschnitt im Leben Maria Theresias markierte der überraschende Tod von Franz Stephan bzw. Kaiser Franz I. am 18. August 1765 in Innsbruck. Von diesem Zeitpunkt an kleidete sie sich nur noch schwarz. Joseph II. trat das Erbe des Vaters an und übernahm damit auch dessen Funktion als Mitregent. Anders als sein Vater verfolgte der Sohn sehr wohl politische Ambitionen.

Joseph II. war etwa die treibende Kraft hinter der relativ späten Abschaffung der früher unter seiner Mutter noch formal geregelten Folter im Jahr 1776. Das war laut Vocelka schon zur damaligen Zeit ein wichtiger Parameter für den Grad der Aufgeklärtheit eines Herrschers. Trotzdem blieb auch die Abschaffung der Folter stark mit der Regentin verbunden, die am 29. November 1780 im Alter von 63 Jahren an den Folgen einer Erkältung verstarb.

TV-Überblick

Rund um den 300. Geburtstag Maria Theresias (1717-1780) am 13. Mai beherrscht die niemals zur Kaiserin gekrönte Regentin das heimische TV-Geschehen:

  • 5. Mai: 22.45 Uhr; ORF 2: Die Dokumentation "Maria Theresia - Eine Kaiserin gegen Preußens Friedrich" (2008) wird ausgestrahlt. Es geht darin um die langwierige Auseinandersetzung mit ihrem Haupt-Widersacher.
  • 5. Mai: 23.30 Uhr; ORF 2: Es spielt Axel Cortis Fernsehfilm "Wie der Mond über Feuer und Blut" aus dem Jahr 1981.
  • 7. Mai: 16.30 Uhr; ORF 2: Der ORF bringt eine Kurzfassung von Georg Rihas neuer Dokumentation "Maria Theresia - Vermächtnis einer Herrscherin" unter dem Titel "Erlebnis Österreich: Von Schloss Hof bis Niederweiden - Maria Theresia, Majestät in NÖ".
  • 9. Mai: ab 21.05 Uhr; ORF III: Die Dokumentation "Maria Theresia - Vermächtnis einer Herrscherin" wird in voller Länge gezeigt. Andrea Eckert liest aus Texten der Regentin und Peter Simonischek führt durch die Schauplätze. In der Reihe "Mythos Geschichte" geht es danach auch unter dem Titel "Maria Theresia - Die Matriarchin" und "Marie Antoinette - Verräterin oder Opfer?" um den Themenkreis.
  • 12. Mai: 20.15 Uhr; ServusTV: "Heimatleuchten"-Spezial unter dem Titel "Frau Kaiser und das Erbe der Habsburger"
  • 14. Mai: 6.00 Uhr – Mitternacht; Thementag auf 3sat: Den ganzen Tag lang werden zahlreiche Dokumentationen und Spielfilme gezeigt.

Im Winter folgt dann ein starbesetzter Spielfilm: Ungefähr 30 Jahre im Leben der für Österreich und Europa prägenden Monarchin wird der von Robert Dornhelm aufwendig inszenierte TV-Zweiteiler abdecken, der ab Mitte April in Österreich, Tschechien, der Slowakei und in Ungarn gedreht wird. Die Titelrolle in der internationalen Koproduktion mit dem Titel "Maria Theresia" gibt Burgtheater-Ensemblemitglied Marie-Luise Stockinger (24). In dem auf zweimal 100 Minuten ausgelegten Historien-Melodram werden auch heimische Filmgrößen wie Karl Markovics, Fritz Karl, Julia Stemberger oder Cornelius Obonya zu sehen sein.