Andreas Babler, Christian Stocker und Beate Meinl-Reisinger
©IMAGO / SEPA.MediaDas Wirtschaftsforum der Führungskräfte (WdF) hat seine Mitglieder zur Lage des Wirtschaftsstandorts Österreich befragt. Das Ergebnis fällt kritisch aus: mangelndes Vertrauen in die Regierung, hohe Erwartungen an Reformen – aber verhaltener Optimismus in den eigenen Unternehmen.
Im Rahmen der ersten Erhebung des WdF-Führungskräfte-Stimmungsbarometers wurden im September 2025 Manager:innen aus unterschiedlichen Branchen zur aktuellen Wirtschaftslage und zur Zukunft des Standortes Österreich befragt. Die Ergebnisse zeichnen ein differenziertes, in Teilen aber ernüchterndes Bild.
Nur 1 Prozent der Befragten bewertet die Arbeit der Bundesregierung mit „sehr gut“, 17 Prozent mit „gut“. Insgesamt 43 Prozent vergeben die Noten „genügend“ (25 %) oder „nicht genügend“ (18 %), was einem durchschnittlichen Notenschnitt von 3,4 entspricht.
Geringes Vertrauen in wirtschaftspolitische Maßnahmen
Das Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung, bis Jahresende wirksame Maßnahmen gegen die hohe Inflation umzusetzen, bleibt gering. Kein einziger Befragter äußerte „sehr starkes“ Vertrauen, lediglich 10 Prozent „eher starkes“. Ganze 63 Prozent gaben an, kaum oder gar kein Vertrauen in entsprechende politische Maßnahmen zu haben.
Reformbedarf bleibt hoch
Beim Reformbedarf herrscht weitgehende Einigkeit: 89 Prozent der Führungskräfte halten eine Föderalismusreform für dringend notwendig, 87 Prozent fordern die Abschaffung von Doppelgleisigkeiten bei Förderungen auf verschiedenen Ebenen, und 83 Prozent sehen eine Pensionsreform als überfällig an.
Bewertung von Konjunkturmaßnahmen
Unter den diskutierten Vorschlägen zur Belebung der Konjunktur findet vor allem die Verdoppelung des Investitionsfreibetrags Zustimmung – 75 Prozent der Befragten bewerten sie als effizient. 45 Prozent sehen auch im Strompreiskosten-Ausgleich (SAG) eine wirksame Maßnahme. Weniger Zustimmung erhielten ein geplanter Standortfonds für Start-ups sowie das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), die jeweils nur von etwa einem Drittel als effizient beurteilt werden.
Kritik am Zustand des Wirtschaftsstandorts
Insgesamt wird der Wirtschaftsstandort Österreich von den befragten Führungskräften kritisch gesehen: Niemand vergab die Bewertung „sehr gut“, nur 13 Prozent bezeichneten den Standort als „eher gut“. Demgegenüber bewerteten 37 Prozent die Situation als „eher schlecht“ und 8 Prozent sogar als „sehr schlecht“.
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bleibt stabil
Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen schätzen viele Unternehmen ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit vergleichsweise positiv ein. 39 Prozent bewerten diese für die kommenden sechs Monate als „gut“ oder „sehr gut“, 42 Prozent für das nächste Jahr und 51 Prozent im Zwei-Jahres-Ausblick.
Herausforderungen im Führungsalltag
Die größten Belastungen im Management-Alltag bleiben bürokratische Auflagen und Regulatorien. 79 Prozent sehen das Berichtswesen als wesentliche Herausforderung, 46 Prozent nennen unnötige meldepflichtige Dokumentationen, 34 Prozent die Kommunikation mit Behörden.
Weitere Stolpersteine sind laut Befragung die EU-Lieferkettenrichtlinie (30 %), die Integration ausländischer Fachkräfte (24 %), rechtliche Limitationen (22 %) und die Gewerbeordnung (15 %). Auch ein Mangel an Unterstützung durch Kammerorganisationen wird von 22 Prozent als persönliche Herausforderung empfunden.
Strategien und Prioritäten
Um diesen Rahmenbedingungen zu begegnen, setzen viele Führungskräfte auf strategische Anpassungen:
60 Prozent evaluieren ihr Geschäftsmodell,
51 Prozent konzentrieren sich verstärkt auf technologische Entwicklungen,
44 Prozent analysieren Erlös- und Kostenstrukturen,
27 Prozent forcieren Innovationsmanagement,
25 Prozent planen einen Strategiewechsel,
24 Prozent legen den Fokus auf die Akquisition von Fachkräften.
Die Ergebnisse des Barometers zeigen: Österreichs Führungskräfte blicken kritisch auf die politische Lage, sehen aber in der eigenen Anpassungsfähigkeit und unternehmerischen Resilienz eine solide Grundlage für die kommenden Jahre.