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Ford streicht weitere 1.000 Stellen in Deutschland

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Ford produziert in Köln laut Experten am Markt vorbei
©APA, dpa, Federico Gambarini
Wegen schwacher Nachfrage nach Elektrofahrzeugen verschärft der US-Autobauer Ford seinen Sparkurs und streicht in Deutschland weitere 1.000 Stellen. Man stelle im Jänner vom bisherigen Zwei-Schicht-Betrieb auf Ein-Schicht-Betrieb um, teilte das Unternehmen in Köln mit.

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Schon vor knapp einem Jahr hatte das Management einen anderen Sparplan verkündet, der zu scharfen Protesten und dem ersten Streik in der Geschichte der Kölner Ford-Werke geführt hatte. Erst kürzlich hatten die Beschäftigten diesen Sparplan zähneknirschend akzeptiert.

Das 2024 eingeleitete Vorhaben sieht vor, an dem Standort bis Ende 2027 insgesamt - also inklusive Verwaltung, Entwicklung und anderen Bereichen - 2.900 Stellen einzusparen. Die Mitarbeiter sollen freiwillig gehen und Abfertigungen bekommen oder in Altersteilzeit gehen. Dieses Sparvorhaben wird nun erweitert um bis zu 1.000 Stellen - die genaue Zahl steht nicht fest, erst einmal soll mit der Arbeitnehmerseite gesprochen werden, möglicherweise sind es am Ende knapp unter 1.000.

Der Zeitdruck ist hoch: Schon im Jänner soll die Zahl der Arbeitsplätze entsprechend reduziert sein. Sollten die Pläne umgesetzt werden, hätte Ford in gut zwei Jahren nur noch etwa 7.600 Beschäftigte. Ende des vergangenen Jahrzehnts waren es rund 20.000 gewesen.

Am Dienstag erklärte das Ford-Management den Beschäftigten der Produktion die Notwendigkeit der Maßnahme. "Wir sind uns der Auswirkungen auf unsere Mitarbeitenden bewusst und setzen uns dafür ein, die Betroffenen bestmöglich zu unterstützen", hieß es von dem Unternehmen. "In diesem Zusammenhang werden wir freiwillige Abfindungspakete anbieten." Die Konditionen für das freiwillige Ausscheiden werden aus dem ersten Sparprogramm übernommen. Das von der Gewerkschaft IG Metall ausverhandelte Paket gilt als relativ attraktiv für Arbeitnehmer.

Die Einsparungen schließen betriebsbedingte Kündigungen vorerst aus. Sollte der Personalabbau aber deutlich unter den Erwartungen liegen und sollten zu wenige Beschäftigte freiwillig gehen, wird der Druck schrittweise erhöht und am Ende könnte Ford doch noch Kündigungen aussprechen.

Die Ford-Werke sind seit 1930 in Köln, die Deutschland-Tochter des US-Konzerns hat eine große Tradition. Mit dem Kleinwagen Fiesta gelang ihr im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts ein Kassenschlager, das Auto war solide, simpel und billig. Später wurde der Fiesta technisch verbessert und komfortabler, aber auch teurer. Die Erfolgsgeschichte endete, im Sommer 2023 lief in Köln der letzte Fiesta vom Band.

Ford stellte das Werk in Köln auf Elektroproduktion um, das kostete fast 2 Milliarden Euro. Mit dem Schwenk auf die E-Mobilität waren die Amerikaner spät dran, die Konkurrenz war schon weiter. Dennoch machten die Investitionen der Belegschaft Mut, dass ihr Standort auch nach der Verbrennermotoren-Ära eine Zukunft haben könnte. Politprominenz kam zur Eröffnung des Elektrowerks und hielt aufmunternde Reden, darunter der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Doch der Start der Elektroauto-Produktion stand unter keinen guten Vorzeichen. Kurz zuvor hatte die deutsche Regierung eine Elektro-Kaufprämie gestrichen, die Nachfrage nach Stromern sank rapide - und ausgerechnet in dieser Schwächephase platzierte Ford die neuen E-Modelle Explorer und Capri, die etwa 40.000 Euro oder mehr kosten und damit längst nicht mehr im soliden Günstig-Segment liegen, was doch eigentlich die Stärke von Ford war.

Der Verkauf verlief schleppend. Laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) wurden in den Monaten Jänner bis August in Deutschland rund 74.000 Ford-Pkw zugelassen, von denen rund 20.000 einen Elektroantrieb hatten. Hierbei inkludiert sind auch andere Elektroautos von Ford, die nicht in Köln produziert werden - wie viele Kölner Stromer verkauft wurden, ist nicht bekannt. Der Marktanteil von Ford in Deutschland kletterte seit Jahresbeginn von 3 auf 4,5 Prozent. Es geht bergauf, aber auf niedrigem Niveau.

Ford begründet den neuen Personalabbau nun damit, dass die Nachfrage nach elektrischen Pkw in Europa deutlich unter den ursprünglichen Branchenprognosen liege. Als die Firma Milliarden in das Kölner Elektrowerk investierte, ging sie im Jahr 2023 von einem Elektro-Anteil von 35 Prozent aller verkauften Autos am Markt insgesamt aus. Im Rückblick war das zu optimistisch, laut KBA liegt der Anteil von Stromern inzwischen nur bei 18 Prozent.

Immerhin geht es nach oben - für Ford aber nicht steil genug. Mehrfach hatte das Unternehmen in seiner Produktion auf Kurzarbeit gesetzt, nun hält es aber strukturelle Veränderungen für nötig und baut dauerhaft Personal ab.

Branchenexperten sind nicht überrascht von dem verschärften Sparkurs. "Das war leider absehbar: Ford verkauft viel zu teure Autos und bekommt die nicht verkauft, die Firma produziert auf Halde", sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. Die Marke Ford stehe für solide und günstige Autos, daher würden Elektroautos in der Preiskategorie unter 30.000 Euro besser zum Image passen. "Die Amerikaner haben seit langem den falschen Blick auf den europäischen Markt und schießen produkttechnisch daneben - die Entwicklung von Ford in Köln ist ein Trauerspiel."

Ein Ein-Schicht-Betrieb in einer modernen teuren Anlage, die auf eine hohe Kapazität ausgelegt ist, sei wirtschaftlich gesehen fragwürdig. "Es erscheint mir hier fast unmöglich, mit einer Schicht profitabel zu arbeiten", sagt Bratzel. "Es geht bei Ford nur darum, Verluste einzudämmen." Die Firma brauche schnell neue preisgünstige Modelle, um am Markt doch noch Erfolg zu haben. "Sonst geht der Abbau weiter."

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