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TU-Informatikerin: Wir müssen Computerarchitektur für KI neu denken

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++ ARCHIVBILD ++ Rechenzentren verbrauchen heute enorme Mengen an Ressourcen
©APA (dpa), APA, Marijan Murat
Der Stromhunger der Künstlichen Intelligenz (KI) stellt Energiesysteme weltweit vor Herausforderungen. Im Wettlauf um die Marktherrschaft zwischen KI-Unternehmen entsteht ein Spannungsfeld, in dem größere KI-Modelle immer schnellere Rechenzentren verlangen, die mehr Ressourcen und neue Kraftwerke notwendig machen. Die Alternative: "Man hat einen längeren Atem und schaut, dass man neue Architekturen baut", sagte die Informatikerin Ivona Brandic von der TU Wien im APA-Gespräch.

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"In Summe muss man schauen, dass man unsere Computersysteme neu denkt", so die Forscherin, denn die heute gängigen Systeme seien nicht für die Berechnungen ausgelegt, die für KI notwendig sind. Rechenzentren verschlingen heute außerdem große Mengen an Strom, meist aus nicht-erneuerbaren Quellen. Zur Kühlung der Systeme sind oft große Mengen an Wasser notwendig, was vor allem in trockenen Regionen zum Problem werden kann. Brandic forscht am Institut für Computer Engineering der Technischen Universität Wien (TU) an den Rechenzentren der Zukunft, die ganz ohne Kühlwasser und mit deutlich weniger Strom auskommen sollen.

Für Europa biete sich darin eine "riesen Chance", sagte Brandic. Der europäische Weg in Sachen KI sei schon jetzt ein anderer als etwa jener der USA: In Europa werde die KI-Landschaft nicht von einigen wenigen Firmen dominiert. Stattdessen fördert die EU unter anderem sogenannte "AI Factories", große Rechenzentren die auch von kleinen Unternehmen genutzt werden können, unter anderem für KI. Ziel sei ein "Ökosystem", das von Wirtschaft, Forschung, NGOs und anderen genutzt werden kann, so die Forscherin. In Europa versuche man so, sich zu einem gewissen Grad unabhängig von großen US-Unternehmen zu machen.

Die Energieeffizienzrichtlinie der EU sieht unter anderem vor, dass Rechenzentren sich an bestimmte Effizienzvorgaben und Meldepflichten halten müssen. So muss etwa ein steigender Anteil des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien kommen und Abwärme genutzt werden.

Auch Österreich sei "wahnsinnig stark" in den Bereichen Quantencomputing und Informatik. "Da sehe ich riesiges Potenzial", sagte Brandic. Allerdings müsse in die Forschung investiert werden, "es muss gesteuert werden, es muss aufgebaut werden". Derzeit gebe es auch die Chance, gute Forscherinnen und Forscher aus den USA nach Europa und Österreich zu bringen, wenn Karrierepfade in der Forschung hierzulande attraktiver gestaltet werden. "Es gibt viel zu wenige Positionen für Topforscher und Topforscherinnen", so die Informatikerin.

Mit Blick auf die Klimaziele der EU sieht Brandic ein "zweischneidiges Schwert": Auf der einen Seite stünden demnach der derzeit hohe Ressourcenverbrauch und der damit verbundene Treibhausgas-Ausstoß, auf der anderen Seite könne KI, sinnvoll genutzt, auch beim Einsparen helfen. Die Frage sei, "wann kommen wir zu dem Zeitpunkt, wo die Nutzung der KI mehr Vorteile bringt als Nachteile?", so die Informatikerin. Derzeit stünden Hersteller unter "extremem Druck", effizientere Hardware für KI zu bauen. Vor diesem Hintergrund liege die Hoffnung auf "disruptiven Veränderungen, die die Art und Weise, wie wir die Software betreiben, verändern".

Die Frage, ob Nutzerinnen und Nutzer heute im Sinne der Nachhaltigkeit auf KI verzichten sollten, verneinte die Forscherin. "Nein, das muss volkswirtschaftlich gedacht werden", sagte Brandic, denn der Verzicht Einzelner sei "ein Tropfen auf den heißen Stein". Wichtig sei es jedoch, die Bildung im Bereich der künstlichen Intelligenz zu fördern: "Ich finde es katastrophal, dass in Österreich diese Grundlagen der Informatik, dieses logische Denken, einfach nicht gelehrt werden." So sollte auch in Schulen vermittelt werden, wie KI arbeitet und welche Modelle dahinterstehen. "Sonst bleiben wir für immer und ewig nur Anwender", so die Forscherin.

ARCHIV - 16.01.2025, Baden-Württemberg, NA: Eine Bandbibliothek zur Langzeitdatenarchivierung ist in einem Rechenzentrum zu sehen. (zu dpa: «Bitkom warnt: Deutschland braucht mehr eigene Rechenzentren») Foto: Marijan Murat/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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