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Medizin-Nobelpreis für regulatorische T-Zellen "höchste Zeit"

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++ ARCHIVBILD ++ Shimon Sakaguchi war heuer Keynote-Speaker bei Kongress in Wien
©APA (dpa), APA, Frank Rumpenhorst
Der Leiter des Instituts für Immunologie der MedUni Wien, Wilfried Ellmeier, hat sich erfreut über den Medizin-Nobelpreis gezeigt, der drei Immunforschern zugesprochen wurde. "Jetzt ist endlich auch der Preis für die Entdeckung von regulatorischen T-Zellen vergeben worden", teilte er gegenüber der APA mit. Shimon Sakaguchi sei "ein hoher Favorit" auf die Auszeichnung gewesen. Auch Mary Brunkow und Fred Ramsdell "haben es sich sehr verdient. Also höchste Zeit dafür."

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Das bahnbrechende Ergebnis auf dem prämierten Forschungsgebiet sei "die Entdeckung, dass es eine Untergruppe von T-Zellen gibt, die wichtig für die Aufrechterhaltung der peripheren Toleranz ist, und welcher Faktor für die Entstehung der regulatorischen T-Zellen wichtig ist", erläuterte der Wissenschafter: "Vereinfacht gesagt haben wir in unserem Körper T-Zellen (eine Gruppe der weißen Blutkörperchen), die leider das Potenzial haben, körpereigene Strukturen anzugreifen, und daraus könnte z.B. eine Autoimmunerkrankung entstehen. Daher ist es wichtig, dass diese Zellen in Schach gehalten werden. Und genau das machen die regulatorischen T-Zellen." Diese verhindern, dass diese "auto-reaktiven T-Zellen" aktiviert werden, betonte Ellmeier.

"Regulatorische T-Zellen haben ein hohes therapeutisches Potenzial bei Erkrankungen, wo das Immunsystem runterreguliert werden muss. Leider entwickelt ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung Autoimmunerkrankungen, das kann natürlich viele Ursachen haben, und man forscht intensiv daran." Ein Ansatz ist laut Ellmeier die Verwendung von regulatorischen T-Zellen als zell-basierte Therapie bei Autoimmunerkrankungen - das heißt, dass sie dann die autoreaktiven T-Zellen wieder runterregulieren. Weiters verwies der Immunologe auf einen Zusammenhang mit Organtransplantation, um Abstoßungsreaktionen generell zu unterdrücken. "Das wurde und wird gerade weltweit in vielen klinischen Studien genauer untersucht."

Die ersten Entdeckungen der neuen Nobelpreisträger haben "auch eine ganze Generation von Forscherinnen und Forschern stimuliert, an diesen Zellen und Themen zu arbeiten", hob Ellmeier hervor. "Dadurch hat sich das Verständnis von der Funktionsweise des Immunsystems, basierend auf den ersten Entdeckungen, grundsätzlich geändert."

Die weitere Forschung befasst sich laut dem Mediziner etwa mit der Frage: "Warum bekommen manche Menschen Immunsystem-mediierte Erkrankungen und andere nicht?" Gerade bei der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, wie vielfältig die Immunantwort nach einer Infektion sein kann. "Manche Menschen erkrankten leider schwer nach einer Infektion und entwickelten sogar Long Covid, andere hatten kaum Symptome. Viele hatten nach einer Impfung hohe Antikörperspiegel, manche aber sehr niedrige." Auch bei der Entstehung von "Long Covid" könnten regulatorische T-Zellen eine Rolle spielen, sagte er auf Nachfrage.

Welche Faktoren eine Rolle bei Autoimmunerkrankung oder einer Allergie spielen, sei vielfach noch offen, fasste Ellmeier den Themenkreis zusammen: "Die Genetik, das Mikrobiom, welche Infektionen man schon vorher hatte, ob man Grunderkrankungen hat, die das Immunsystem beeinflussen usw. - all diese Faktoren spielen eine Rolle, auch wenn man die komplexen Interaktionen und Zusammenhänge noch nicht versteht oder erst am Anfang ist, diese zu verstehen."

Daher sei Grundlagenforschung so wichtig, das zeige auch der Nobelpreis. "Ohne immunologische Forschung an regulatorischen T-Zellen, wo die ersten grundlegenden Ergebnisse schon 1995 publiziert worden sind, könnte man heute nicht nachdenken, wie man diese Gruppe von T-Zellen für zell-basierte therapeutische Strategien verwenden kann, und klinische Studien durchführen. Grundlagenforschung von heute führt zu den Medikamenten von morgen bzw. übermorgen."

"Immunologie ist ein starkes Forschungsthema bei uns an der MedUni Wien, aber generell in Wien und auch in Österreich", hob Ellmeier hervor. "Das betrifft sowohl den Bereich der Grundlagenforschung, aber auch translationale Forschung und klinisch-immunologische Forschung." Im heurigen August war der 19. Internationale Kongress für Immunologie (IUIS2025) in Wien ausgerichtet worden. Da dieser nur alle drei Jahre stattfindet, sei die Abhaltung in Österreich "eine große Auszeichnung" für den Forschungsstandort Österreich gewesen. Der nunmehrige Nobelpreisträger Sakaguchi war einer der Keynote-Speaker auf dem Kongress. Mit dem an der MedUni Wien tätigen Immunologen Shinya Sakaguchi ist er aber nicht verwandt.

ARCHIV - 14.03.2020, Hessen, Frankfurt/Main: Der japanische Immunologe Shimon Sakaguchi steht vor der nicht-öffentlichen Übergabe des Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preises in einem Frankfurter Hotel. Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr unter anderem an Shimon Sakaguchi (Japan). Foto: Frank Rumpenhorst/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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