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"Weltraum und Verteidigung gehen Hand in Hand. Und hier hat Europa wirklich aufzuholen", sagte Aschbacher, der sich anlässlich einer internationalen Konferenz in Wien aufhielt. Die geopolitische Lage führe dazu, dass in Europa momentan große Kapazitäten in der Verteidigung aufgebaut werden. "Das geht von Panzern über Kampfflugzeuge und Ähnliches. Der Weltraum ist integrierter Teil dieser Militärinfrastruktur", so der ESA-Chef. Allerdings würde die Förderung dieser Infrastruktur in Europa größtenteils aus zivilen Töpfen stammen.
Weltweit betrage das Verhältnis ziviler und militärischer Fördermittel etwa 50 zu 50, in Amerika würden 60 Prozent aus militärischen Budgets kommen, in Europa im Schnitt nur 15 Prozent. Hier gebe es also noch Nachholbedarf. Aufgrund des Anwachsens der Militärausgaben dürften künftig auch mehr Mittel für den Weltraum zur Verfügung stehen, so Aschbacher im Vorfeld der Ende November geplanten ESA-Ministerkonferenz in Bremen, bei der unter anderem das Budget für die kommenden drei Jahre verhandelt wird.
Trotz der aktuell schwierigen ökonomischen Situation in vielen Ländern sei er zuversichtlich, dass die Bedeutung des Weltraums für die Wirtschaft und die Sicherheit Europas wieder finanziell abgebildet werden kann. Auch bei der vergangenen Ministerratskonferenz im Jahr 2022 sei die Situation mit dem Ukraine-Krieg, der Covid-Pandemie im Rückspiegel und der hohen Inflation schwierig gewesen. Letztendlich habe es mit einem Plus auf 17 Mrd. Euro ein absolutes Rekordbudget für die ESA-Programme gegeben. Für die kommende Drei-Jahres-Periode sind 22 Milliarden Euro im Gespräch, der Beitrag Österreichs könnte sich auf rund 320 Mio. Euro belaufen (aktuell 260 Mio. Euro).
Es brauche mehr Mittel für Forschung, Entwicklung und Innovation, um schneller und besser aus der Krise zu kommen, ist Aschbacher überzeugt. Er verwies auch auf die Rolle von Weltraumtechnologie "als kritische Infrastruktur für das tägliche Leben", von der Wettervorhersage über Landwirtschaft und Stadtplanung bis zum Katastrophenschutz. Als warnendes Beispiel nannte der ESA-Generaldirektor den IT-Bereich. "Wenn wir heute nicht investieren, verlieren wir diese Kapazität und andere Firmen außerhalb Europas werden den Weltraum dominieren."
Weltraumtechnologie würde sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke - Stichwort "Dual-Use" - eingesetzt. So habe man im Bereich Meteorologie nicht jeweils einen militärischen und einen zivilen geostationären Satelliten, sondern nur einen, dessen Beobachtungen der Wettervorhersage dienen. Diese Prognosen würden für den Landwirt gemacht "oder für das Militär, um zum Beispiel Kampfeinsätze zu fliegen". Deshalb sei der Weltraum auch nicht entweder militärisch oder zivil. "Das ist eine Argumentation aus dem letzten Jahrhundert und heute nicht mehr zutreffend", so Aschbacher.
Auch Raketen, "wie die wunderbare Ariane 6", würden sowohl zivile als auch militärische Satelliten ins All bringen. Derzeit nutze man Kourou in Französisch-Guayana als Weltraumbahnhof für die Starts. In Zukunft werde es in verschiedenen Ländern, "die sich momentan positionieren", auch kleinere Weltraumbahnhöfe geben, "die wahrscheinlich auch für häufigere, taktische Raketenstarts verwendet werden. Und taktisch heißt in dem Fall wirklich auch, um die Verteidigungsbedürfnisse zu befriedigen", sagte der ESA-Generaldirektor, dessen zweite - erneut vierjährige - Amtszeit heuer im März begonnen hat.
Geplant ist auch ein Programm zum Thema Aufklärung namens "European Resilience from Space" (ERS), das mittels Satelliten eine gezielte Beobachtung bestimmter Gebiete in hoher zeitlicher Frequenz ermöglichen werde. Dafür soll etwas mehr als eine Milliarde Euro aufgewendet werden, also rund fünf Prozent des Gesamtbudgets. Das sei noch relativ wenig, "aber strategisch wichtig, weil es eine gewisse Nutzergruppe - die Verteidigungsgemeinschaft - anspricht", erläuterte Aschbacher.
Österreich gehört der Europäischen Weltraumorganisation, die heuer ihr 50-Jahr-Jubiläum gefeiert hat, übrigens seit 1987 an.
ESA-GD Josef Aschbacher am Freitag, 18. Juli 2025, während einer PK bei der ESA anl. eines Antrittsbesuchs des Bundeskanzlers in Paris.




