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Elektronenmikroskop liest "Tagebücher" fossiler Fische

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Schwarzgrundel aus der Nordadria und ein fossiler Otolith
©Michael Stachowitsch, Isabella Leonhard, APA
Anhand winziger Gehörsteinchen im Innenohr von Fischen kann man schon lange Wachstum, Migration und Bestandsentwicklung von Fischen untersuchen. Ein Team um eine Forscherin der Uni Wien stellte nun eine optimierte Elektronenmikroskopie-Technik vor, mit der auch in fossilen Gehörsteinchen feinste Strukturen sichtbar gemacht werden können. Wie in einem Tagebuch bekomme man damit Auskunft etwa über Nahrung, Wanderung oder Umweltveränderungen von Fischen vor Tausenden Jahren.

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Otolithen, wie die Gehörsteinchen genannt werden, "speichern das gesamte Leben eines Fisches in Form von Wachstumsringen - ähnlich wie die Jahresringe eines Baumes", erklärte Erstautorin Isabella Leonhard vom Institut für Paläontologie der Universität Wien in einer Aussendung. An diesen Strukturen lassen sich Alter, Wachstumsphasen und Hinweise auf Umweltbedingungen ablesen.

Bisher vor allem in der modernen Meeresbiologie und Fischerei-Forschung genutzt, wurden die Otolithen in der Paläontologie lange nur am Rande berücksichtigt. Denn die mikroskopisch feinen Wachstumsringe der Gehörsteinchen, die wie "Tagebucheinträge" eines Fisches gelesen werden können, waren in fossilen Otolithen bisher oft schwer zu erkennen. Das lag einerseits am unterschiedlich guten Erhaltungszustand des Materials, andererseits an methodischen Grenzen.

Das Team um Leonhard optimierte nun eine in der Geologie etablierte Elektronenmikroskopie-Technik und stellte sie im Fachjournal "Limnology and Oceanography: Methods" vor. Damit ließen sich etwa extrem fein gebänderte Wachstumsringe von bis zu 7.600 Jahre alten fossilen Gehörsteinchen von Schwarzgrundeln (Gobius niger) aus der nördlichen Adria sichtbar machen. Insgesamt wurden so bis zu 275 Prozent mehr Wachstumsringe erkannt.

Üblicherweise lagern sich die feinen Ringe in einem täglichen Rhythmus ab. "Wir haben nun auch extrem feine Strukturen gefunden, die sich periodisch ablagern, jedoch in deutlich kürzeren Zeiträumen als täglich", so Leonhard. Weil diese Strukturen sehr regelmäßig sind, dürften auch sie einem biologischen Rhythmus folgen. Was genau dahintersteckt, müsse erst geklärt werden, beispielsweise über kontrollierte Wachstums-Experimente.

Dass man mithilfe der neuen Methode künftig fossile und moderne Fischpopulationen miteinander vergleichen kann, ermögliche es, aktuelle Veränderungen in einen größeren zeitlichen Kontext zu stellen. "Gerade in Zeiten von Klimawandel und Überfischung ist es wichtig, die Entwicklung von Fischbeständen über lange Zeiträume hinweg nachvollziehen zu können", betonte Co-Autor Martin Zuschin, Leiter des Instituts für Paläontologie der Uni Wien.

(S E R V I C E - Internet: https://doi.org/10.1002/lom3.70006)

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/Michael Stachowitsch/Isabella Leonhard

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