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Chemie-Nobelpreis - Für TU-Forscher "verdient" und überraschend früh

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Eder sieht in MOFs modifizierbare Bausteine
©privat, APA
"Etwas überrascht" hat die "verdiente" Zuerkennung des Chemie-Nobelpreises im Feld der "metallorganischen Gerüstverbindungen" Dominik Eder vom Institut für Materialchemie der Technischen Universität (TU) Wien. Im Kreis der zentralen Protagonisten im Feld, wie Co-Preisträger Omar M. Yaghi, habe er erst kürzlich die Möglichkeit einer solchen Auszeichnung diskutiert - "wir hatten aber eher in etwa in fünf Jahren daran gedacht", sagte Eder im Gespräch mit der APA.

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Der Forschungsbereich der metallorganischen Gerüstverbindungen (MOF), für dessen federführende Entwicklung nun Yaghi, Susumu Kitagawa und Richard Robson die begehrte Auszeichnung erhalten, sei heute einer der "Vielfältigsten" und "Dynamischsten" und strahle über die Chemie hinaus aus. So könne man Studenten aus der organischen und anorganischen Chemie, aber auch aus der Physik oder den erweiterten Materialwissenschaften dafür begeistern, erklärte Eder.

Wo sonst winke zum Beispiel die Chance auf die Publikation eines komplett neuen Materials. Alleine an der TU Wien stehe man aktuell bei elf bereits publizierten neuen MOFs, weltweit sind es mehrere Zehntausende. So wachse auch alljährlich die Anzahl an Wissenschafterinnen und Wissenschaftern relativ stark, die sich bei den größten einschlägigen Konferenzen einfinden.

Als Eder zum ersten Mal auf einer solchen einen größeren Vortrag hielt, kam er nach Yaghi dran. Der hatte damit geendet, dass er im Anschluss jede Frage beantworten werde. Nicht allerdings zur Stabilität von MOFs, weil sie das nämlich seien - "punktum". Eder widersprach - und erntete dafür vom nunmehrigen Neo-Nobelpreisträger einen schiefen Blick. Bei Kitagawas Forschungsgruppe habe Eder erst vor kurzem einen friktionsfreien Seminarvortrag gehalten.

Der TU-Wien-Forscher entdeckte etwa auch MOFs, die selbst in wässrigen Lösungen stabil bleiben. Das macht sie für viele katalytische Anwendungen - also um einen Umwandlungsprozess voranzutreiben bzw. zu ermöglichen - interessant: "Für mich sind MOFs wie Lego, wie eine Spielwiese mit all diesen unterschiedlichen Strukturen." Die verschiedenen metallorganischen Strukturen könne man wie modifizierbare Bausteine betrachten, die ungeheure Möglichkeiten bieten. "Man kann genau die verschiedenen Eigenschaften einstellen, die man haben will", so Eder.

In Österreich arbeiten aktuell schätzungsweise acht bis zehn Forschende vorrangig damit. Auch im Rahmen des weitverzweigten Exzellenzclusters "Materialien für Energiekonversion und Speicherung", in den der Wissenschaftsfonds FWF knapp 34,5 Millionen in fünf Jahren investiert, seien MOFs ein immer größer werdendes Thema. Im Bereich der Fotokatalyse sei seine Wiener Gruppe "bei den ersten dabei gewesen und wir sind, glaube ich, auch weltweit an der Spitze", sagte Eder. Dazu kommen die Gebiete Elektro- und thermische Katalyse.

Man arbeite aber etwa auch an dem Herausfiltern von Glyphosat aus Abwässern mittels MOFs, an Ansätzen zu Luftreinigung und - wie auch Yaghi - an Methoden zum Abscheiden von CO2 aus der Luft. Sehr vielversprechend seien aktuell etwa Arbeiten der Wiener Gruppe, um aus Stickstoff und Wasser unter Einwirkung von Sonnenlicht mit speziellen MOFs Ammoniak herzustellen. Das funktioniere laut Eder auf derart kurzem Weg und ohne großen Energie-, Druck- und Temperatureinsatz "eigentlich nur mit MOFs".

Besonders im Bereich der CO2-, oder breiter gefasst der Gasadsorption seien viele Materialien bereits nahe an der Markteinführung. In Nischenbereichen, wie der Gas-Trennung oder -Speicherung, gebe es auch schon verfügbare Produkte. Besonders eindrucksvoll und "herausragend" ist "direct aircapture" - also die direkte Abscheidung von Gasen aus der Luft. "CO2 zu speichern funktioniert gut, es aber wieder herauszubekommen - daran müssen die Leute aber noch arbeiten", sagte Eder.

Ebenso interessant ist Yaghis Ansatz der Wasserspeicherung in MOFs. Der jordanische Wissenschafter habe Materialien entwickelt, mit denen es möglich ist, aus kaum mit Feuchtigkeit angereicherter Luft in nur einem Tag-Nacht-Zyklus Feuchtigkeit zu adsorbieren und dann zu kondensieren: "Das heißt, das Wasser fließt dann heraus." Durch den Nobelpreis werde das zuletzt deutlich "gereifte" Forschungsfeld höchstwahrscheinlich noch weiter wachsen, zeigte sich Eder überzeugt: "Weil einfach noch so viel zu tun ist."

Heiner Linke, Chair of the Nobel Committee for Chemistry, explains a model during a press conference on the winners of the 2025 Nobel Prize in Chemistry at the Royal Swedish Academy of Sciences in Stockholm, Sweden, on October 8, 2025. Japan's Susumu Kitagawa, UK-born Richard Robson and American-Jordanian Omar M. Yaghi won the Nobel Prize in Chemistry for developing so-called metal–organic frameworks, the Nobel jury said on October 8, 2025. (Photo by Jonathan Nackstrand / AFP)

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/privat

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