von
Guterres sei "zutiefst alarmiert", erklärte ein Sprecher und fügte an: "Diese Entscheidung bedeutet eine gefährliche Eskalation und birgt die Gefahr, dass sich die bereits katastrophalen Folgen für Millionen Palästinenser noch verschärfen."
Das israelische Sicherheitskabinett hatte in der Nacht zum Freitag einen Plan gebilligt, der die Einnahme der Stadt Gaza durch die israelische Armee vorseht. Erklärtes Ziel ist der militärische Siege über die islamistische Palästinenserorganisation. Vorgesehen ist laut den Angaben des Büros von Regierungschef Benjamin Netanyahu zudem, dass humanitäre Hilfe an die Zivilbevölkerung außerhalb der Kampfgebiete geliefert werden soll
Israel kontrolliert gegenwärtig nach Medienberichten rund drei Viertel des weitgehend zerstörten Küstenstreifens, in dem insgesamt etwa zwei Millionen Palästinenser leben. Seit Anfang der Woche war über eine komplette Einnahme des Gazastreifens durch Israel spekuliert worden. Die nun beschlossenen Pläne gehen der offiziellen Mitteilung zufolge vorerst nicht so weit.
Der TV-Sender N12 berichtete unter Berufung auf einen hochrangigen Beamten, der nun beschlossene Einsatz fokussiere sich ausschließlich auf die Stadt Gaza im Norden des Küstengebiets. Ziel sei die Evakuierung der Bewohner in Flüchtlingslager im zentralen Abschnitt des Gazastreifens - dies solle bis Anfang Oktober geschehen. Offizielle Details gab es dazu zunächst nicht.
Die radikal-islamische Hamas bezeichnet die israelische Entscheidung zur Übernahme der Kontrolle über die Stadt Gaza als Kriegsverbrechen. Die israelische Regierung kümmere sich nicht um das Schicksal ihrer Geiseln, teilt die Organisation mit.
Deutschland, Großbritannien, Italien, Neuseeland und Australien haben die israelischen Pläne zur Eroberung der Stadt Gaza zurückgewiesen. Die Offensive würde die humanitäre Lage verschärfen, das Leben der Geiseln in Gefahr bringen und könnte zur massiven Vertreibung von Zivilisten führen, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Außenministerien der fünf Länder. Zudem könnte der Plan einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen. Die Partner riefen die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich um eine dauerhafte Waffenruhe und Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen zu bemühen. Von der islamistischen Hamas forderten sie die sofortige Freilassung der Geiseln.
Die USA haben nach Angaben von Vizepräsident JD Vance nicht vor, einen Palästinenser-Staat anzuerkennen. Er wisse nicht, was eine solche Anerkennung angesichts des Fehlens einer funktionierenden Regierung bedeuten solle, sagte Vance vor einem Treffen mit dem britischen Außenminister David Lammy. Präsident Donald Trump sei bei seinen Zielen im Nahen Osten sehr klar und werde weiter daran arbeiten, fügt Vance hinzu.
Der britische Premierminister Keir Starmer kritisierte die Entscheidung Israels, die Kontrolle über Gaza-Stadt erlangen zu wollen. "Die Entscheidung der israelischen Regierung, ihre Offensive in Gaza weiter zu eskalieren, ist falsch", sagt er. "Wir fordern sie dringend auf, diese Entscheidung unverzüglich zu überdenken." Auch Australien warnte Israel davor, die militärische Kontrolle über den Gazastreifen zu übernehmen. Ein solcher Schritt werde die humanitäre Katastrophe nur verschlimmern, sagt Außenministerin Penny Wong. Die dauerhafte Zwangsumsiedlung stelle einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar.
Die Türkei verurteilte die israelischen Pläne zur Übernahme der Kontrolle über Gaza-Stadt scharf. Das Außenministerium in Ankara forderte die internationale Gemeinschaft und den UN-Sicherheitsrat zum Handeln auf, um die Umsetzung des Vorhabens zu verhindern. Jeder Schritt der israelischen Regierung zur Fortsetzung des von der Türkei so bezeichneten Völkermords und der Besetzung palästinensischer Gebiete versetze der globalen Sicherheit einen schweren Schlag.
Auch Katar verurteilte die israelischen Pläne. Die geplante Offensive stelle eine gefährliche Eskalation dar und drohe, die humanitäre Krise in dem abgeriegelten Küstenstreifen weiter zu verschärfen, hieß es in einer Stellungnahme des Außenministeriums in Doha. Zudem untergrabe sie die Bemühungen um eine dauerhafte Waffenruhe. Die katarische Regierung rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, Israel davon abzuhalten, seine Pläne in die Tat umzusetzen. Zudem solle die israelische Regierung dazu gedrängt werden, ausreichend humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte die israelische Regierung auf, ihren Beschluss zu überdenken. Gleichzeitig müssten "alle Geiseln, die unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten werden", freigelassen werden, forderte sie auf der Plattform X. Humanitäre Hilfe müsse zudem unverzüglich und ungehindert Zugang zu Gaza erhalten.
Auch EU-Ratspräsident António Costa forderte die israelische Regierung auf, ihre Entscheidung zu überdenken. Ein solcher Einsatz verstoße gegen die Vereinbarung vom 19. Juli mit der EU und untergrabe grundlegende Prinzipien des Völkerrechts und universelle Werte, schrieb Costa auf dem Kurznachrichtendienst X. Eine derartige Entscheidung müsse Folgen für die Beziehungen zwischen der EU und Israel haben. Die Zwei-Staaten-Lösung bleibe die einzige tragfähige, langfristige Perspektive für Frieden.
Das Außenministerium in Wien hatte sich bereits am Donnerstagabend in einer der APA übermittelten Stellungnahme "tief beunruhigt" gezeigt, "dass eine allfällige Ausweitung der israelischen Militäroperation auf ganz Gaza sich negativ auf die Sicherheit und Versorgungslage der palästinensischen Zivilbevölkerung und der israelischen Geiseln auswirken wird. (...) Gaza muss auch in Zukunft palästinensisch bleiben. Es darf keine Vertreibung der dortigen Bevölkerung geben."
Der palästinensische Botschafter in Österreich, Salah Abdel Shafi, forderte die Bundesregierung in einer Aussendung vom Freitag auf, die Ablehnung der Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel "zu überdenken": "Nur dieser Schritt würde ernsthaft Druck auf Israel ausüben und der Europäischen Union - und somit auch Österreich - wieder Glaubwürdigkeit verleihen." Die geplante israelische Besetzung von Gaza-Stadt "stellt eine weitere Eskalation in einem genozidalen Krieg dar und droht, eine ohnehin schon katastrophale humanitäre Situation nur noch weiter zu verschlimmern", warnte der Botschafter.
UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk forderte einen "sofortigen" Stopp des israelischen Plans zur nochmaligen Ausweitung des Armee-Einsatzes im Gazastreifen. "Der Plan der israelischen Regierung für eine vollständige militärische Übernahme" des Palästinensergebiets stehe "im Widerspruch zum Urteil des Internationalen Gerichtshofs, wonach Israel seine Besatzung so schnell wie möglich beenden muss", erklärte Türk am Freitag.
Der norwegische Staatsfonds will Änderungen beim Umgang mit seinen israelischen Investments vornehmen. Ein pauschaler Rückzug aus allen israelischen Unternehmen sei jedoch ausgeschlossen, sagte Finanzminister Jens Stoltenberg. Details zu den geplanten Maßnahmen will der zwei Billionen Dollar schwere Staatsfonds am Dienstag bekanntgeben. Er hält Anteile an 8700 Unternehmen weltweit, darunter 65 israelische Firmen im Wert von 1,95 Milliarden Dollar (1,67 Mrd. Euro).
Angehörige israelischer Geiseln haben die Ausweitung des Kriegs im Gazastreifen als "Todesurteil" für die noch immer festgehaltenen Geiseln bezeichnet. Die Entscheidung der politischen Führung sei eine offizielle Erklärung, die Geiseln aufzugeben, und führe diese - und auch israelische Soldaten - in eine "kolossale Katastrophe", erklärte das Forum der Geisel-Angehörigen.
Israels Oppositionsführer Yair Lapid bezeichnete die vom Sicherheitskabinett beschlossene Einnahme der Stadt Gaza als "Katastrophe", die "zu vielen weiteren Katastrophen führen wird". Die geplante Eroberung der größten Stadt des Gazastreifens werde zum Tod der Geiseln sowie der Tötung vieler israelischer Soldaten führen, schrieb Lapid auf der Plattform X.
Ministerpräsident Netanyahu habe sich entgegen den Einwänden der Armeeführung von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich treiben lassen, erklärte Lapid weiter. Die beiden ultrarechten Minister sind Verfechter der Idee, den Gazastreifen vollständig einzunehmen und die rund zwei Millionen dort lebenden Palästinenser zu vertreiben.