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Abwerzger schnitt bei der Obmannwahl damit sogar besser ab als bei seiner letzten Wahl zum Landesparteiobmann im Sommer 2022 in Schwaz. Damals hatte der Klubobmann im Landtag und Rechtsanwalt noch 97,9 Prozent der Delegiertenstimmen eingeheimst. Drei Jahre zuvor in Innsbruck-Igls waren es 98,7 Prozent gewesen. Unter Abwerzgers Führung konnten die Freiheitlichen bei zwei Landtagswahlen deutlich zulegen. Vor drei Jahren landete die FPÖ mit 18,84 Prozent zum ersten Mal auf dem zweiten Platz, hinter der Volkspartei.
Abwerzger, der kommende Woche seinen 50. Geburtstag feiert, machte in seiner Rede vor dem Votum der Delegierten klar, das er den Führungsanspruch im Land stelle. Es sei Zeit für den "ersten Tiroler FPÖ-Landeshauptmann" und das wolle er auch werden, sagte der Oppositionschef. Es brauche einen "ordentlichen Systemwechsel", man sei der Tiroler ÖVP knapp auf den Fersen: "Sie spüren bereits unseren Atem und das macht sie nervös."
"2027 wird kein Stein auf dem anderen bleiben. Hier und heute beginnt der Anfang vom Ende der ÖVP", so der Tiroler FPÖ-Chef unter dem Jubel der Delegierten. Schließlich liege man bereits jetzt in Umfragen bei rund 29 Prozent.
Der Zustand der Landesregierung aus ÖVP und SPÖ sei "eine Katastrophe". Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) habe seine "eigene Partei nie im Griff": "Und die Geier kreisen schon über sein politisches Erbe am Landhausplatz." Außerdem springe Mattle auf "jeden Empörungszug der linken Jagdgesellschaft auf", spielte der FPÖ-Chef auf die Causa rund um seine umstrittenen Social Media-Videos an. Und die SPÖ sei wiederum nach dem Rauswurf von Georg Dornauer "nicht mehr weit weg von Kommunisten bzw. im kommunistischen Babler-Lager." Die Sozialdemokraten seien auch "auf dem Weg in die Einstelligkeit": "Und dort gehören sie auch hin."
Konform ging der Landesparteichef mit Dornauers Vorstoß, die Übergewinne des Landes der Bevölkerung zugute kommen zu lassen. Dass ihn die Tiroler SPÖ deswegen ausschließe, sei eine "Bankrotterklärung." "Wenn wir was zu sagen haben in dem Land, dann wird in der Tiwag ausgemistet", rief Abwerzger den Anhängern zu.
Auch auf die Video-Causa, deretwegen er im Sommer stark und Beschuss geraten war und mittlerweile die Staatsanwaltschaft wegen des Tatbestandes der Verhetzung gegen ihn ermittelt, ging Abwerzger kurz ein. "Tiroler Medien in Kombination mit einem pinken Abgeordneten (NEOS-Nationalratsabgeordneter Dominik Oberhofer, Anm.)" hätten versucht, ihn "persönlich, politisch und beruflich zu vernichten". Doch das sei ihnen nicht gelungen - auch durch den Zusammenhalt innerhalb der Tiroler FPÖ.
Nach Abwerzger war FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl an der Reihe und setzte zu einer fast einstündigen Rede an. Landespolitisch zeigte sich Kickl optimistisch, was die Wahl 2027 betrifft. "Das ÖVP-Kernland Tirol. Das war einmal", erklärte er. Mittlerweile finde eine "schwarze Kernschmelze" statt. Abwerzger habe alle Chancen, Landeshauptmann zu werden Es gelte alles daran zu setzen, dass dieses Ziel erreicht werde. "Du bist der Hoffnungsträger für FPÖ und die Tiroler Bevölkerung. Da liegt was in der Luft, auch in Tirol", meinte Kickl zu seinem Landesparteichef.
Der Großteil von Kickls Rede betraf aber über Tirol Hinausgehendes bzw. Bundespolitisches. Der Freiheitlichen-Chef ritt vor allem scharfe Attacken auf die ÖVP und die Justiz. Die ÖVP-Politiker bezeichnete er als "Scheinkonservative", die "gemeinsame Sache mit den Linken machen, um unsere Werte zu zerstören."
Auch die diese Woche erfolgte "Diversion" für ÖVP-Klubobmann August Wöginger im Zuge eines Gerichtsverfahrens geißelte Kickl deutlich: "Das ist die Rückkehr des Ablasshandels vom Mittelalter in die Jetztzeit." Er warte nur darauf, dass die ÖVP den "Postenschacher oder besser "Pfostenschacher" bei der Unesco als mögliches Weltkulturerbe einreiche. Wöginger sei ein "Diversionsgust" - "ein gerichtlich anerkannter Sachverständiger für 'Pfostenschacher'".
Für Empörung sorgte bei Kickl nach wie vor die Ende September am Wiener Landesgericht gefällten, nicht rechtskräftigen Freisprüche für zehn Jugendliche in einem Prozess um geschlechtliche Handlungen mit einer damals Zwölfjährigen. "Das kleine Mädel wird malträtiert und vergewaltigt - von einer Horde von halbstarken Völkerwanderern. Für ihre Eltern muss eine Welt zusammengebrochen sein", sagte Kickl. Das sei "Unrecht im Namen der Gerechtigkeit": "Ein System das die Falschen schützt."
Naturgemäß geißelte der FPÖ-Obmann die "Verliererampel", die das Land in den Abgrund treibe. Österreich gehe es "verdammt dreckig." Ursächlich war für Kickl einmal mehr vor allem die Migration. Es gelte den "gordischen Knoten des Bevölkerungsaustausches zu durchschlagen, und auch jenen des Klimakommunismus." Österreich müsse wieder eine "Insel der Seligen" werden: "Ein Land voller Vertrauen und Zuversicht in die eigene Stärke." Daran werde man arbeiten und alles geben, denn: "Das ist Österreichs Schicksalsfrage."
Kritik setzte es auch an Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, mit dem es zuletzt wegen Kickls Bundesparteitagsrede eine Auseinandersetzung gegeben hatte. Der Grund waren biblische Anleihen, die Kickl genommen hatte. Am Samstag legte der FPÖ-Chef nach: "Ich sage auch heute 'Grüß Gott'. Auch wenn dann ein kirchliches Oberhaupt wieder die Contenance verliert." Er sei derzeit auf der Suche nach einem Termin für eine Aussprache mit Lackner: "Dann werden wir wieder mal ein Hendl miteinander rupfen." Mittlerweile gebe es etwa mehr Muslime als Christen in Wiens Schielen: "Aber da ist die Kirche mucksmäuschenstill." Lackner wäre es wohl lieber "wenn ich aus dem Koran zitiere als aus der Bibel und statt 'Grüß Gott' 'Salam Aleikum'" sage. Er habe Respekt vor der Amtskirche, aber: "Ich bin gegen falsche Toleranz."
Die Parteitags-Regie setzte in Mayrhofen unterdessen einmal mehr auch auf so manch Inszenierung. Unter Fanfaren-Klängen und mit Tirol- Fahnen waren Abwerzger, Kickl, FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker und sämtliche Tiroler Parteigranden zu Beginn in den voll besetzten Saal des Europahauses eingezogen. Handys waren gezückt, Jubel brandete auf. Zwischen den Tagesordnungen trat auch eine Tiroler Trachtlergruppe mit Kinder-Beteiligung auf.
Eine scharfe Reaktion auf den FPÖ-Landesparteitag kam von der Tiroler ÖVP. Das, was die FPÖ im Zillertal geboten habe, sei "keine konstruktive Landespolitik, sondern ein einziger Dauerwahlkampf im Auftrag von Herbert Kickl", kritisierte Klubobmann Jakob Wolf in einer Aussendung. "Markus Abwerzger darf Tirol nicht verkickln. Tirol braucht Lösungen und keine Schlagzeilen aus der FPÖ-Zentrale in Wien", richtete Wolf dem wiedergewählten freiheitlichen Landesparteiobmann aus. Der Unterschied zwischen Abwerzger und Kickl sei "kaum mehr erkennbar."