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Sie werfen der 38-Jährigen Unehrlichkeit und Verstöße gegen ethische Standards vor. Paetongtarn soll sich in einem Telefonat mit Kambodschas einflussreichem Ex-Ministerpräsidenten Hun Sen zur Entschärfung des Grenzkonflikts unterwürfig gezeigt haben, ihn als "Onkel" bezeichnet haben. Sie soll auch einen thailändischen Armeekommandanten kritisiert haben. Dies gilt in Thailand, wo das Militär großen Einfluss hat, als inakzeptabel.
Der Inhalt des politisch brisanten Telefongesprächs war durchgesickert und hatte landesweit Empörung ausgelöst. Paetongtarn hat sich zwar entschuldigt und ihre Äußerungen als Verhandlungstaktik bezeichnet. Dennoch hat eine Partei als Reaktion auf das Telefonat das Regierungsbündnis verlassen und will voraussichtlich bald ein Misstrauensvotum im Parlament stellen. Paetongtarns Koalition verfügt nur noch über eine hauchdünne Mehrheit. Auch in der Bevölkerung gab es Protest, bei dem der Rücktritt der Regierungschefin gefordert wurde.
Der Konflikt über den genauen Grenzverlauf zwischen Thailand und Kambodscha schwelt schon seit der Kolonialzeit. Zuletzt hatte er sich wieder verschärft, als Ende Mai bei einem Scharmützel ein kambodschanischer Soldat getötet worden war. Daraufhin hatten beide Länder ihre Militärpräsenz verstärkt.
Während das Verfassungsgericht die Vorwürfe gegen Paetongtarn prüft, übernimmt Vize-Ministerpräsident Suriya Juangroongruangkit vorübergehend die Amtsgeschäfte. Paetongtarn hat 15 Tage Zeit für eine Stellungnahme. Sie bleibt als neue Kulturministerin im Kabinett.
Paetongtarn ist erst seit zehn Monaten im Amt und hatte als bisher jüngste Regierungschefin Thailands die Nachfolge von Srettha Thavisin angetreten. Diesen hatte das Verfassungsgericht wegen Ethikverstößen entlassen, nachdem er einen Minister ernannt hatte, der einst inhaftiert war.
Paetongtarns Schwierigkeiten sind auch ein Beleg für die schwindende Stärke der populistischen Pheu-Thai-Partei der Milliardärsdynastie Shinawatra, die seit 2001 die thailändischen Wahlen dominiert und hinter der ihr einflussreicher Vater Thaksin Shinawatra, Premier von 2001 bis 2006 als treibende Kraft steht. Die Partei überstand Militärputsche und Gerichtsurteile, die mehrere Regierungen und Ministerpräsidenten zu Fall brachten. Aber auch die lahmende Wirtschaft macht Paetongtarns Regierung zu schaffen. Ihre Zustimmungswerte in Umfragen sind eingebrochen.