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Selenskyj legt neues Anti-Korruptionsgesetz vor

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Selenskyj reagiert auf Kritik westlicher Verbündeter
©APA, HELMUT FOHRINGER
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach heftiger öffentlicher Kritik eine Kehrtwende vollzogen und einen Gesetzesentwurf zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Anti-Korruptionsbehörden gebilligt. Das teilte er am Donnerstag auf der Plattform X mit. Der Entwurf sei ausgewogen und wurde noch im Lauf des Tages dem Parlament vorgelegt. Die beiden Anti-Korruptionsbehörden zeigten sich zufrieden.

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"Der Gesetzesentwurf stellt alle prozessualen Vollmachten wieder her und garantiert die Unabhängigkeit vom Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP)", schrieben die beiden Behörden nach Bekanntwerden des Gesetzestextes auf ihren Telegramkanälen. NABU und SAP waren demnach an der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs beteiligt.

Der Zeitpunkt der Abstimmung war zunächst nicht klar. Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk versprach bei Facebook, das Dokument in der nächsten Parlamentssitzung zur Abstimmung zu stellen. Abgeordneten zufolge ist die Oberste Rada allerdings erst einmal bis Mitte August in den Sommerferien. "Es ist wichtig, dass wir die Einheit wahren", erklärte Selenskyj. "Es ist wichtig, dass wir die Unabhängigkeit bewahren und die Position aller Ukrainer respektieren."

Anfang der Woche verabschiedete Maßnahmen hatten dem Generalstaatsanwalt, einem politisch ernannten Beamten, mehr Kontrolle über die beiden Anti-Korruptionsbehörden eingeräumt. Dazu peitschte Selenskyj ein entsprechendes Gesetz durch das Parlament. Er begründete dies damit, dass die beiden Behörden von russischer Einflussnahme "gesäubert" werden müssten. Dies hatte seltene Proteste während des Krieges ausgelöst und den EU-Beitrittsantrag Kiews in Frage gestellt. Selenskyjs Image als unermüdlicher Anführer im Krieg gegen die russische Invasion nahm durch die Kontroverse Schaden.

Auslöser der Proteste waren am Montag die Festnahme zweier Beamter der Anti-Korruptionsbehörde wegen angeblicher Verbindungen zu Russland sowie weitreichende Durchsuchungen bei weiteren Mitarbeitern. Kritiker hatten die Maßnahmen als politischen Druck auf die angesehenen Institutionen gewertet. Abgeordnete der Opposition hatten bereits genug Unterschriften gesammelt, um einen eigenen Gesetzesentwurf zur Rücknahme der umstrittenen Maßnahmen einzubringen.

Auch in der EU war die Gesetzesänderung auf Unverständnis gestoßen. Vertreter der Europäischen Union hatten die Einschränkung der Behörden scharf kritisiert und begrüßten am Donnerstag Selenskyjs Zusage, deren Unabhängigkeit zu wahren. Beide Behörden waren 2015 mit westlicher Hilfe gegründet worden, um die notorische Korruption vor allem bei hochrangigen Politikern und in der Verwaltung zu bekämpfen. Das osteuropäische Land gilt der Nichtregierungsorganisation Transparency International nach dennoch als eines der korruptesten Länder Europas.

Selenskyj informierte nach eigenen Angaben den deutschen Kanzler Friedrich Merz über das neue Regelwerk. "Wir waren uns alle einig, dass es keine Einmischung oder Einflussnahme Russlands auf die Funktionsweise unserer Antikorruptionsinfrastruktur geben darf", teilte Selenskyj nach einem Treffen mit den Behördenvertretern mit. Zugleich sagte er, er habe "Deutschland eingeladen, sich an der Begutachtung des Gesetzesentwurfs durch Experten zu beteiligen. Friedrich hat mir seine Bereitschaft zur Unterstützung zugesichert."

Auch der britische Premierminister Keir Starmer telefonierte dazu mit dem ukrainischen Präsidenten, wie die Downing Street mitteilte. Starmer habe dabei auch die "unerschütterliche Unterstützung Großbritanniens für die Ukraine" bekräftigt. Selenskyj schrieb in einem X-Beitrag, sie hätten ein "sehr gutes und substanzielles Gespräch" geführt. Dabei habe er Starmer auch über das geplante Gesetz informiert.

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