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Rechnungshof kritisiert späte Reaktion auf Lehrermangel

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++ ARCHIVBILD ++ Der RH hätte sich eine frühere Reaktion auf den Lehrermangel erwartet
©APA, dpa, Julian Stratenschulte
Der Rechnungshof (RH) hat in einem am Freitag veröffentlichten Bericht den Umgang des Bildungsministeriums mit dem Lehrermangel kritisiert. Obwohl das Ressort schon 2009 Engpässe prognostiziert habe, seien "umfangreiche und systematische Maßnahmen" ausgeblieben. Der tatsächliche Lehrermangel sei vor allem durch Mehrdienstleistungen, fachfremden Unterricht und Sonderverträge kompensiert worden. Für die 2022 gestartete Initiative "Klasse Job" gibt es Lob mit Einschränkungen.

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Für seinen Bericht hat der RH den Lehrpersonaleinsatz im Bund sowie Oberösterreich und Tirol in den Jahren 2018/19 bis 2023/24 genauer angeschaut. Dabei stellte er fest, dass das Prognosemodell des Ministeriums mangelhaft war. Prognosen zur Lehrfächerverteilung gab es demnach nur für die Bundesschulen (AHS, Berufsbildende mittlere und höhere Schulen/BMHS), mangels Daten nicht aber für einzelne Unterrichtsgegenstände, Schulen oder Schularten im Pflichtschulbereich (v.a. Volks- und Mittelschulen).

Auch eine hochwertige und exakte Prognose zur Zahl der Lehramtsabsolventen gibt es laut RH nicht. Die Reform der Lehrerausbildung 2013, die auch zu einer Verlängerung des Studiums führte, hat zur Ausweitung des Lehrermangels laut Rechnungshof "möglicherweise beigetragen". 2023/24 standen knapp 6.900 ausgeschriebene Lehrerstellen 5.600 Bachelor- und Masterabsolventen von Lehramtsstudien gegenüber - eine Differenz, die der Rechnungshof "kritisch" sieht. Für 267 offene Stellen gab es 2023/24 laut Bericht keine Bewerbung.

Zwar war im Verhältnis zu den rund 127.000 Lehrerinnen und Lehrern die Zahl der offenen Stellen gering. Das liegt laut RH allerdings daran, dass der tatsächliche Lehrermangel vor allem durch Überstunden, fachfremdes Unterrichten und den Einsatz von nicht voll qualifiziertem Lehrpersonal ausgeglichen wurde. Geht es nach dem RH, ist das nicht nur nicht nachhaltig, sondern gefährdet auch die Unterrichtsqualität.

Laut Bericht gab es 2023/24 Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 7.000 Vollzeitstellen, das sind 20 Prozent mehr als noch 2018/19. Der Anteil an Lehrern mit Sondervertrag ist auf neun Prozent gestiegen, dabei hatten etwa in Oberösterreich Lehramtsstudierende mit Sondervertrag im Schnitt Lehrveranstaltungen im Ausmaß von nur rund einem Studienjahr absolviert. Vor allem an den Pflichtschulen wurde auch viel von Personen mit Ausbildung für andere Unterrichtsfächer unterrichtet. In Oberösterreich wurden in den Mittelschulen 35 Prozent der Unterrichtsgegenstände fachfremd unterrichtet, in Tirol 46 Prozent.

Die im Herbst 2022 gestartete Initiative "Klasse Job", die mit acht Maßnahmen kurz- bis langfristig dem Lehrermangel entgegenwirken soll, wurde aus Sicht des Rechnungshofs "spät gesetzt". Davor habe es nur vereinzelt Maßnahmen des Ministeriums bzw. gemeinsam mit den Bildungsdirektionen gegeben. Grundsätzlich sollte diese aber weitergeführt werden, um künftig rechtzeitig und zielgerichtet den Personalbedarf zu decken und die Qualität des Unterrichts sicherzustellen. Beim Modell für Quereinsteiger, die davor ein fachverwandtes Studium abgeschlossen und von einer Kommission als geeignet befunden wurden, sieht der RH noch Nachbesserungsbedarf.

2023/24 haben sich über 5.000 Personen dafür beworben, die Hälfte wurde zertifiziert. Allerdings sind nur 696 dieser Personen im vergangenen Schuljahr auch tatsächlich in einer Klasse gestanden, bemängelt der RH. Das Ministerium müsse sicherstellen, dass sich mehr zertifizierte Personen auch bewerben und langfristig als Lehrperson arbeiten. Außerdem sollte ein Selbstbehalt der Bewerber bei der Zertifizierung erwogen werden.

Einen Hebel gegen den Lehrermangel sieht der RH auch in der Senkung der Teilzeitquoten, immerhin hatten fast 40 Prozent des Lehrpersonals 2023/24 keine Vollzeitstelle, vor allem Frauen. "Verbindliche Strategien zur Reduktion von Teilzeitquoten sind unabdingbar", betonte der RH in seinem Bericht.

Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) sieht den Bericht als Bestätigung, dass zur Überwindung des Personalengpasses "weiterhin entschlossenes Handeln" notwendig sei. "Mein erklärtes Ziel ist es, dass der Lehrkräftemangel spätestens zum Ende dieser Legislaturperiode Geschichte ist!", wurde Wiederkehr in einer Aussendung zitiert. Er setze darauf, den Lehrerberuf attraktiver zu machen und die Unterrichtsqualität zu steigern; absolute Priorität habe dabei die Lehrerausbildung. Das Ministerium habe bereits Reformen eingeleitet. So soll die Lehrerausbildung praxisnäher werden, es werde an einem effizienten Personalmanagement der 6.000 Schulen gearbeitet und das Quereinsteiger-Programm soll weiterentwickelt werden. Er sei zuversichtlich, schon bald erste erkennbare Fortschritte bei der Bekämpfung des Lehrermangels präsentieren zu können, so Wiederkehr.

(S E R V I C E - https://go.apa.at/BjiMNhua)

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