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Netanyahu vor UNO-Sitzung auch innenpolitisch unter Druck

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Netanyahu tritt am Sonntag vor die Presse
©AFP, APA, GIL COHEN-MAGEN
Vor einer für Sonntag angesetzten Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats zur geplanten Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen ist Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu auch innenpolitisch verstärkt unter Druck geraten. Während seine ultrarechten Koalitionspartner ihm vorwarfen, nur "halbherzig" gegen die Hamas vorzugehen, gingen zehntausende Menschen gegen die Regierungspläne auf die Straße. Netanyahu lud für Sonntag zu einem Medientermin.

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Die Demonstrierenden in Israel forderten Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der in dem Palästinensergebiet festgehaltenen Geiseln. Netanyahus Büro kündigte am Sonntag kurzfristig eine Pressekonferenz des Ministerpräsidenten für denselben Tag an. Die Begegnung mit Vertretern der internationalen Medien soll um 15.30 Uhr MESZ stattfinden und damit eine halbe Stunde vor dem geplanten Beginn der Sitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York.

Es wird Netanyahus erster Auftritt vor den Medien sein, seit das israelische Sicherheitskabinett in der Nacht auf Freitag einen Plan gebilligt hatte, der die Einnahme der Stadt Gaza durch die israelische Armee vorsieht. Erklärtes Ziel ist der militärische Sieg über die radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas.

Die geplante Einnahme der Stadt Gaza - der größten Stadt des Palästinensergebiets - sorgt in Israel und international für scharfe Kritik. Nicht nur wird befürchtet, dass sich die bereits katastrophale Lage der Palästinenser im Gazastreifen weiter verschlimmert. Die Angehörigen der von der Hamas und ihren Verbündeten festgehaltenen Geiseln befürchten, dass die Geiseln nun getötet werden könnten.

Die Sitzung des Sicherheitsrats am Sonntag war von mehreren der 15 Mitgliedstaaten des mächtigsten UNO-Gremiums beantragt worden. UNO-Generalsekretär António Guterres hatte sich "zutiefst alarmiert" über die israelischen Pläne gezeigt. Auch Österreich, Deutschland und viele weitere Staaten kritisierten die Entscheidung.

Israel kontrolliert derzeit nach eigenen Angaben rund 75 Prozent des Küstengebiets, in dem etwa zwei Millionen Palästinenser leben. Anfang der Woche hatten israelische Medien noch über eine komplette Einnahme des Gazastreifens spekuliert. Der am Freitag gebilligte Plan geht vorerst jedoch nicht so weit, Netanyahu unterstrich nach der Kabinettsitzung in Onlinediensten: "Wir werden Gaza nicht besetzen - wir werden Gaza von der Hamas befreien."

Finanzminister Bezalel Smotrich warf Netanyahu und dem Sicherheitskabinett nun vor, sich "der Schwäche gebeugt" zu haben. Das Ziel des beschlossenen Plans sei "nicht ein entscheidender Sieg, sondern vielmehr, begrenzten Druck auf die Hamas auszuüben, um ein teilweises Geisel-Abkommen zu erreichen", sagte der rechtsextreme Politiker in einem am Samstagabend veröffentlichten Video. Dem fügte er hinzu: "Ich will ganz Gaza, Umsiedlung und Kolonisierung."

Netanyahus rechtsextreme Koalitionspartner, auf deren Stimmen der Likud-Politiker zum Zusammenhalt seiner rechtsreligiösen Koalition angewiesen ist, wollen den Krieg im Gazastreifen weiterführen, weil sie dessen erneute Besetzung durch Israel anstreben. Die verzweifelten Geisel-Familien dringen hingegen auf ein Waffenruhe-Abkommen mit der Hamas, damit ihre Angehörigen endlich nach Hause kommen.

Heftige Kritik an den Plänen kam auch von der Palästinensischen Autonomiebehörde. Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA bezeichnete Palästinenserpräsident Mahmud Abbas den Plan als "neues Verbrechen". Er betonte "die dringende Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um ihn sofort zu stoppen".

Für viele westliche Regierungen sind Abbas und die Autonomiebehörde wichtige Ansprechpartner. Sie stehen in einem rivalisierenden Verhältnis zur im Gazastreifen ansässigen Hamas, die mit ihrem beispiellosen Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg in dem Palästinensergebiet ausgelöst hatte.

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