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Die türkischen Behörden gehen seit Monaten gegen die sozialdemokratische Republikanische Volkspartei (CHP) vor allem in Istanbul vor. So war der Bürgermeister der Metropole, Ekrem Imamoglu, im März wegen Korruptionsvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden. Imamoglu gilt als der wichtigste politische Rivale von Langzeit-Machthaber Recep Tayyip Erdogan. Er bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Seine Inhaftierung hatte die größten Straßenproteste seit einem Jahrzehnt und einen Ausverkauf an den türkischen Finanzmärkten ausgelöst.
Seit Oktober vergangenen Jahres sind bereits Hunderte Mitglieder der CHP ins Visier der Justiz geraten. Die Beschuldigten weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück. Die CHP bezeichnet die Ermittlungen als politisch motiviert, was die Regierung bestreitet.
Erst am Wochenende hatte es Medienberichten zufolge erneut Festnahmen von Oppositionellen gegeben. Die türkischen Behörden setzten demnach die der CHP angehörenden Bürgermeister der Großstädte Antalya, Adana und Adiyaman sowie weitere Oppositionelle fest. Hier stand der Generalstaatsanwaltschaft in Istanbul zufolge unter anderem der Vorwurf der Erpressung im Raum.
Was Antalya betrifft, so sei der Grund der Absetzung von Bürgermeister Muhettin Böcek ein Haftbefehl und laufende Ermittlungen wegen Korruption, teilte das Ministerium in Ankara am Montagabend auf der Plattform X mit. Inzwischen sitzen 15 Bürgermeister der CHP (Cumhuriyet Halk Partisi) in Untersuchungshaft.
Die säkulare CHP war aus den landesweiten Kommunalwahlen im vergangenen Jahr als stärkste Kraft hervorgegangen, was als Denkzettel für Präsident Erdogan gewertet wurde. Die CHP bezeichnete die jüngsten Festnahmen als "Mord an der Justiz". Sie hätten zum Ziel, die Partei mit Hilfe der Justiz zu unterdrücken und den Wählern ihren Willen zu rauben, hieß es in einer Erklärung der Provinzvorsitzenden. Die türkische Justiz steht seit Jahren in der Kritik, parteiisch zu agieren und Ermittlungen gegen oppositionelle Politiker politisch zu instrumentalisieren. Die islamisch-konservative Regierung weist das zurück und behauptet, die Justiz sei unabhängig.