von
Auch Frankreich hat am Freitag Hilfsgüter über dem Gazastreifen abgeworfen. Angesichts der absoluten Notlage der palästinensischen Zivilbevölkerung seien Lebensmittel aus der Luft abgeworfen worden, teilte Präsident Emmanuel Macron mit. "Die Abwürfe allein reichen nicht aus. Israel muss einen vollen humanitären Zugang eröffnen, um der Gefahr einer Hungersnot zu begegnen", schrieb Macron auf X.
Der Gazastreifen steht nach UNO-Angaben unmittelbar vor einer Hungersnot. Israel kontrolliert alle Zugänge zu dem Küstengebiet am Mittelmeer und ließ über mehrere Monate keine oder nur wenige Hilfslieferungen passieren. So sollte nach israelischer Darstellung der Druck auf die islamistische Hamas erhöht werden, die letzten der am 7. Oktober 2023 entführten Geiseln freizulassen.
Seit vergangenem Sonntag - nach weltweit wachsender Kritik an der entsetzlichen Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung - lässt Israel wieder größere Lieferungen auf dem Landweg zu und unterstützt die Abwürfe von Hilfsgütern durch verbündete Staaten wie Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Deutschland beteiligt sich an der Aktion mit zwei Flugzeugen, die auf einer Militärbasis in Jordanien beladen werden und dringend benötigte Nahrungsmittel und Ausrüstung über dem Gazastreifen abwerfen.
Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius betonte, die Hilfsflüge könnten nur einen sehr kleinen Teil beitragen und das Allernötigste zu den Menschen bringen. "In Gaza fehlt es in diesen Tagen vor allem an Nahrung und Medikamenten. Für viele Menschen - auch für viele Kinder - geht es ums nackte Überleben." Er erwarte, dass Israel die umfassende humanitäre Versorgung der seit Monaten leidenden Menschen sicherstelle.
Internationale Organisationen halten den Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft wegen der relativ geringen Mengen für ineffektiv und teuer. Im Vergleich zu Lkw am Boden könnten so nur sehr wenige Lebensmittel in den Küstenstreifen gelangen. Helfer weisen außerdem darauf hin, dass die Paletten in einem so dicht besiedelten Gebiet Menschen am Boden verletzen oder töten könnten. Anders als bei Hilfslieferungen mit Lastwagen können die abgeworfenen Lebensmittel auch kaum gezielt verteilt werden. So könnten Verletzte, Menschen mit Behinderungen oder Alleinerziehende mit Kindern Probleme haben, überhaupt an die Hilfsgüter zu gelangen.
Abwürfe von Hilfsgütern aus der Luft sollen mindestens 100 Mal so teuer sein wie der Transport derselben Menge an Gütern auf dem Landweg. Dies schrieb der Chef des UNO-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, auf X. Die Methode sei "sehr kostspielig, ungenügend und ineffizient". Wenn schon der politische Wille da sei, Luftabwürfe zu genehmigen, dann solle auch der entsprechende politische Wille da sein, die Übergänge an den Landgrenzen zum Gazastreifen zu öffnen.
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul kündigte bei seinem Besuch in Israel zusätzliche Mittel von fünf Millionen Euro für das UNO-Welternährungsprogramm WFP an. "Damit werden unter anderem Bäckereien und Suppenküchen unterstützt, um die Menschen in Gaza auch mittelfristig mit Brot und warmen Mahlzeiten zu versorgen", sagte er. Außerdem finanziert die deutsche Regierung ein Feldkrankenhaus der Malteser. Dieses wird demnach in Gaza Stadt eine dringend benötigte grundlegende Gesundheitsversorgung anbieten.
Wadephul forderte die israelische Regierung auf, bei der humanitären Hilfe für den Gazastreifen schnell zu einer engen Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und ihren Institutionen zurückzukehren. Deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten "klar gezeigt, dass sie in der Lage sind, alle Menschen in Gaza ausreichend zu versorgen, wenn man sie lässt und wenn sie in Sicherheit arbeiten können".
Der Außenminister schloss nicht aus, dass ein Teil der Hilfe von der terroristischen Hamas abgezweigt werden könne. Aber: "Die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen ist jetzt so groß, dass es nicht gerechtfertigt ist, hier weitere Hürden aufzubauen." Im Übrigen sei das beste Mittel, um Missbrauch zu verhindern, möglichst viele Lebensmittel und Hilfsgüter in den Gazastreifen hereinzulassen.
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes beläuft sich die deutsche humanitäre Hilfe für die Palästinensischen Gebiete seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 auf mehr als 330 Millionen Euro. Mehr als 95 Prozent davon würden für die Bevölkerung im Gazastreifen verwendet. Zuletzt wurden die Hilfen im Mai um bis zu 31 Millionen Euro aufgestockt.
Wadephul verurteilte bei seiner Reise die Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland. "Solche Taten sind Verbrechen, sie sind Terror und sie gehören endlich polizeilich verfolgt", sagte er bei einem Besuch der Ortschaft Taybeh. Sein Besuch sei "ein Zeichen der Solidarität mit allen Menschen, die unter dieser Siedlergewalt leiden".
Taybeh war in den vergangenen Monaten mehrfach angegriffen worden. Im ganzen Westjordanland haben die Übergriffe von Siedlern gegen Palästinenser seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 deutlich zugenommen.