Die APA beleuchtet zehn Aufreger, vom Ausschluss Gottfried von Einems aus dem Direktorium, dem "Notlichtskandal", der "Watschenaffäre", Sex- und Koksszenen in der "Fledermaus", dem Rausschmiss von Ben Becker beim Festspielball bis zum Wassereintritt bei einem Konzert.
BRECHT-SKANDAL (1951)
Ein großer Aufreger war der "Brecht-Skandal" Anfang der 1950er-Jahre. Als Auslöser gilt der österreichische Komponist Gottfried von Einem. Das damalige Mitglied des Festspieldirektoriums setzte sich für die Mitarbeit von Bertolt Brecht bei den Festspielen und damit verbunden für eine Verleihung der Österreichischen Staatsbürgerschaft ein, die Brecht 1950 auch erhalten hat. Allerdings siedelte sich der Schriftsteller, dem 1935 unter dem Nazi-Regime die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, nicht in Österreich an, sondern in der DDR. Sein geplantes Theaterstück "Salzburger Totentanz", das als Gegenentwurf das Traditionsstück "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal bei den Festspielen ablösen sollte, blieb unvollendet. Das sorgte für empfindliche Konsequenzen für Gottfried von Einem. Er wurde 1951 nach einem heftigen Wortwechsel mit dem damaligen ÖVP-Landeshauptmann Josef Klaus während einer Kuratoriumssitzung aus dem Festspieldirektorium ausgeschlossen.
NOTLICHTSKANDAL (1972)
Ein Notlicht, das Teil eines Bühnenstücks war, wuchs im Jahr 1972 zum sogenannten "Notlichtskandal" heran. Die Uraufführung des Schauspiels "Der Ignorant und der Wahnsinnige" von Thomas Bernhard wurde nach der Premiere am 29. Juli 1972 abgesetzt. Die Feuerpolizei ließ eine zwei Minuten dauernde, völlige Finsternis nicht zu. Regisseur Claus Peymann wollte auf die Dunkelheit nicht verzichten. Der Schriftsteller stellte sich auf die Seite des Regisseurs. Bernhard telegrafierte am 2. August an den damaligen Festspielpräsidenten Josef Kaut: "Eine Gesellschaft, die zwei Minuten Finsternis nicht verträgt, kommt ohne mein Schauspiel aus."
WATSCHENAFFÄRE (1985)
Ein Blick in die Archive kehrt zwei Skandale der 1980er-Jahre hervor. Einen handfesten Streit im Jahr 1985 auf der Bühne des Festspielhauses bezeichneten Medien als "Watschenaffäre". Das Corpus Delicti waren zwei am Oberkörper nackte "Hexen" in Verdis Oper "Macbeth". Der italienische Regisseur Piero Faggioni verabreichte dem damaligen Generalsekretär der Salzburger Festspiele, Otto Sertl, angeblich sechs Ohrfeigen, weil dieser auf die Bühne gestürmt war. Der Italiener wurde mit einem Hausverbot "bestraft".
AUFFÜHRUNGSVERBOT (1987)
Der zweite Skandal betrifft George Taboris Inszenierung von Franz Schmidts "Buch mit sieben Siegeln" im Jahr 1987 in der Kollegienkirche. Das Stück schaffte es nur bis zur Premiere. Geistliche Würdenträger äußerten die Sorge, dass die Kirche durch kompromittierende Szenen entweiht werde. Den Vorschlag, drei umstrittene Stellen abzuschwächen oder zu ändern, lehnte Tabori ab. Er sehe in der Inszenierung nichts Obszönes, "obszön sind für mich Krieg, Armut, Verfolgung, Hungersnot oder eine kastrierte Kunst". Daraufhin zog die Kirche die Spielerlaubnis in dem Sakralraum zurück. Die verbleibenden fünf Aufführungen mussten konzertant stattfinden.
GERICHTSNOTORISCHE "FLEDERMAUS" (2001)
"Sex und Drogen" spielten in den Augen einiger Festspielbesucher und Theaterkritiker eine unrühmliche Rolle in der "Fledermaus" von Richard Strauss im Jahr 2001. Regisseur Hans Neuenfels hatte die Operette im letzten Jahr der Ära von Intendant Gerard Mortier inszeniert. Er verpasste dem Stück eine Überdosis - auf silbernen Tabletts wurde schneeweißes Pulver zum Schniefen herumgereicht. Und er baute Sex- und Grapsch-Szenen ein, die Teile des Publikums nicht vertrugen. Noch dazu wurde es als "kapitalistische Goldfische" beschimpft. Bereits mitten in der Premiere machten Zuseher mit Ausrufen wie "Frechheit" oder "Aufhören" ihrem Ärger kund. Unter vorgehaltener Hand wurde erzählt, dass Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ihre liebe Not mit dem Aufreger hatte.
Der "Fledermaus"-Skandal landete sogar vor Gericht. Ein Salzburger Arzt hatte die Festspiele geklagt und den Eintritt in der Höhe von 7.150 Schilling (520 Euro) zurückgefordert. Sein Argument: Die Neuenfels-Inszenierung hätte mit der Strauß-Operette nichts mehr zu tun gehabt. "Ich hatte das Gefühl, ich war in einem anderen Stück", schilderte der Mediziner bei der Gerichtsverhandlung im September 2002. Unter Berufung auf die künstlerische Freiheit wurde die Klage schließlich rechtskräftig abgewiesen.
PROSTITUIERTE AUF DER BÜHNE (2002)
Relativ harmlos erscheinen dagegen die kleinen Aufreger rund um die Festspiele, die teils Empörung, teils aber auch Schmunzeln auslösten. Die Suche nach nackten Statistinnen für die Oper "König Kandaules" im Festspieljahr 2002 gestaltete sich sehr speziell. Regisseurin Christine Mielitz lieferte mit den genauen Maßangaben eine üppige Steilvorlage, der schwer nachzukommen war. Zum offiziellen Casting hat sich niemand gemeldet. Schließlich wurde der Leiter der Statisterie in einschlägigen Nachtlokalen fündig. Er konnte drei zunächst erstaunte Prostituierte von seinem Anliegen überzeugen.
KUNST-PENIS (2003)
Als öffentliches Ärgernis empfanden einige Salzburger Politiker und Bewohner die Figur "Arc de Triomphe", ein Mann mit erigiertem Penis, die am 25. Juli 2003 vis a vis des Festspielhauses aufgestellt wurde. Die Skulptur der Wiener Künstlergruppe Gelatin wurde zunächst schamhaft verhüllt und schließlich entfernt. Es handle sich bei dieser Skulptur um einen "dummen PR-Gag" von (der damaligen) Museum-der-Moderne-Direktorin Agnes Husslein-Arco, wetterte der damalige SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden.
POLTERABEND STATT FESTSPIELBALL (2012)
In der Ära von Intendant Alexander Pereira landete ein Schauspieler im Jahr 2012 einen glatten Rausschmiss. Ben Becker verwechselte den Festspielball in der Felsenreitschule, den Pereira initiiert und selbst eröffnet hatte, offenbar mit seinem Polterabend, denn am nächsten Tag stand seine Hochzeit in Goldegg im Pongau bevor. Das schon etwas angeheiterte "Enfant terrible" störte die Eröffnungsrede des Intendanten und flog schließlich raus. Tags darauf zeigte er sich von seiner sanften und romantischen Seite. Er heiratete in Tracht seine Lebensgefährtin Anne Seidel auf einem Steg beim Goldegger See.
INTERNATIONALE ALS HEIMLICHER PROTEST (2015)
Mit ein paar Takten der "Internationale" protestieren Musiker der Formation "ensemble013" bei der Aufführung des "Jedermann" auf dem Domplatz, als sie den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und den Wiener Parteichef Johann Gudenus (die Jahre später gemeinsam nach Ibiza fuhren) im Publikum entdecken. Ohne Facebook-Postings wäre der Protest beinahe unbemerkt geblieben. Für größere Diskussionen sorgt erst die folgende offizielle Reaktion der Festspielleitung: "Private oder politische Meinungskundgebungen der Künstler haben in keiner der Vorstellungen der Salzburger Festspiele die Billigung der Festspielleitung und wir haben das Ensemble ausdrücklich darauf hingewiesen, dergleichen in Zukunft zu unterlassen", ließ der künstlerische Direktor Sven-Eric Bechtolf wissen.
WASSEREINBRUCH (2018)
Als eine relativ feuchte Angelegenheit gestaltete sich ein Festspielabend im Sommer 2018. Heftige Regenfälle ergossen sich über der Stadt Salzburg. Das historische Dach des Großen Festspielhauses hielt dem Druck von 1,4 Millionen Liter Regenwasser nicht mehr stand. Während des Solistenkonzertes von Pianist Grigory Sokolov drang Regenwasser in den Zuschauerraum. Die Veranstaltung musste abgebrochen werden. Die Generalsanierung des Festspielhauses war unausweichlich geworden.