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Heute Präsentation von Buch über "Hitlers queere Künstlerin"

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Präsentation im Heeresgeschichtlichen Museum
©APA, Zsolnay Verlag
Sie war "eine moderne Reaktionärin, eine reaktionäre Moderne, die ihrer Zeit in vielem voraus war." Das schreibt die Kunsthistorikerin und Journalistin Nina Schedlmayer über die Malerin Stephanie Hollenstein (1886-1944), deren viele widersprüchliche Gesichter sie nun in einer packenden Biografie beleuchtet: "Hitlers queere Künstlerin. Stephanie Hollenstein - Malerin und Soldat" wird heute, Dienstag, im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien präsentiert.

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Die Bauerntochter aus Lustenau schaffte es als Autodidaktin an die Kunstgewerbeschule München und als Mann verkleidet als Sanitätssoldat im Ersten Weltkrieg zum Fronteinsatz in den Dolomiten. Als Kunstfunktionärin machte die Antisemitin und Nationalsozialistin Karriere, obwohl sie in lesbischen Beziehungen lebte. "Stephanie Hollenstein ist eine Figur, die anzieht - wegen ihrer Energie, ihres Durchhaltevermögens, ihres Mutes, ihrer Unkonventionalität. Und eine, die abstößt - wegen ihrer völkischen Haltung, ihres Antisemitismus, ihrer NSdAP-Mitgliedschaft", schreibt Schedlmayer über die Künstlerin, die vor fünf Jahren schon im Zentrum des am Landestheater Vorarlberg uraufgeführten Auftragsstücks "Hollenstein, ein Heimatbild" von Thomas Arzt stand. "Der Blick auf sie verlangt das, was in den gegenwärtigen gesellschaftspolitischen und kulturellen Diskursen der Gegenwart so notwendig wäre und doch so schwierig scheint: die Fähigkeit, Ambivalenzen auszuhalten."

Dazu zählt ihr Wirken als Vorsitzende der "Vereinigung Bildender Künstlerinnen der Reichsgaue Ostmark", in der sie Frauen förderte, aber als Teil einer rassistischen Ideologie agierte. "Es gibt keine Quellen dafür, dass Stephanie Hollenstein Menschen jüdischer Herkunft oder solche im Widerstand denunziert hat. Doch indem sie antisemitischem Verschwörungsglauben anhing, bereits 1934 der illegalen NSdAP betrat, Adolf Hitler pries und im Kulturapparat des Nationalsozialismus eine tragende Rolle einnahm, stand sie auf der Seite der Täter und Täterinnen", heißt es in dem Buch.

In ihren expressiven Bildern war sie weit davon entfernt, Heimat und Natur in biederer Bäuerlichkeit zu verherrlichen. "Hollenstein war, technisch betrachtet, eine brillante Malerin: Ihre Porträts sind psychologisch durchdringend, ihre Landschaften beeindrucken durch intensive Farbigkeit und Ausdrucksstärke", so Schedlmayer, die 2017 den Österreichischen Staatspreis für Kunstkritik erhielt, seit 2019 Chefredakteurin der Kulturzeitschrift "morgen" ist und 2021 eine Biografie der Künstlerin Margot Pilz veröffentlichte. So ist es auch zu erklären, dass die Bilder der 1944 Gestorbenen auch in der Zweiten Republik geschätzt wurden.

Über Hollensteins Schwestern gelangte ihre Heimatgemeinde Lustenau in den Besitz von rund 1.200 Werken und hielt das Andenken an "unsere große Heimattochter" in einer ihren Namen tragenden Galerie hoch, in der man alles Politische lange möglichst aussparte. "Stephanie Hollenstein starb zu früh, um ihre Rolle im Nationalsozialismus relativieren und unter den Teppich kehren zu können. Das erledigten andere für sie." Erst vor einigen Jahren wurde die Galerie umbenannt.

(S E R V I C E - Nina Schedlmayer: "Hitlers queere Künstlerin. Stephanie Hollenstein - Malerin und Soldat", Zsolnay Verlag, 320 Seiten, 28,80 Euro; Buchpräsentation: Di, 16.9., 18 Uhr, Heeresgeschichtliches Museum, Wien 3, Arsenal 1)

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA / Zsolnay Verlag

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