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Es geht um den 41-jährigen Marian Flanders, Sohn eines gerade gestorbenen Models und eines charismatischen Ex-Nachrichtensprechers und heutigen Tiktok-Stars. Voller Hingabe leitet er in Schöneberg eine Boutique mit hipper Designermode und Secondhand-Schätzen, wehrt sich aber lange gegen die Einführung eines Online-Shops. Gelegentlich hat er einen Flirt, bereist die Welt (Osaka, Neu-Delhi oder Rügen) und steht weitestgehend sicher im Leben - zumindest so, wie man es sich für Millennials im großstädtischen Trendbezirk vorstellt. Es herrscht eine zurückhaltende, fast langweilige Zufriedenheit mit der Gegenwart. Ein Hausverbot, wenn in der Kneipe Koks gezogen wird, bleibt da die Ausnahme.
Über Marian heißt es einmal, "er werde von den Menschen als freundlich empfunden". In "Let's Talk About Feelings" werden die Emotionen gern von außen erklärt. Als sich sein Kumpel Piet etwa einmal dafür entschuldigt, dass er auf Marians Schwester steht, sagt dieser: "Es muss dir nicht leidtun! Deine Gefühle sind vom Mainstream gedeckt."
Der Roman lässt sich am besten wie hinter einem Filter mit Blur-Effekt vorstellen: Die aseptisch beschriebenen Innenleben bleiben uneindeutig, indirekt und sachlich. Leidenschaft und Überschwang sind gedimmt. Völlig ausbalanciert zeigt sich dieser Fortysomething, egal ob die Mutter stirbt oder sich ein Verliebtsein anbahnt. Der Roman beschreibt eine Realitätsflucht in die Realität, und nach und nach das leise, feine Keimen einer neuen Liebe.
Einmal heißt es im Buch: "Alles war vergleichsweise schön und humorvoll, konsumistisch und erbaulich gewesen." Dass das irgendwie auch auf den Roman zutrifft, sollte als Gütesiegel verstanden sein.
(Von Sebastian Fischer/dpa)
(S E R V I C E - Leif Randt: "Let's Talk About Feelings", Kiepenheuer & Witsch, 320 S., 24,70 Euro)
KÖLN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA / Kiepenheuer & Witsch