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Alfred Kornberger: „Ich verehre die Frauen“

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… begründete Alfred Kornberger (1933–2002) seine geradezu obsessive Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper. Damit schaffte er die Grundlage singulärer, fragmen-tarischer Darstellungen – einer innovativen Revolution des Frauenaktes, der die Gegenständlichkeit zunehmend hinter sich lässt.

Die Szenerie zeigt einen Mann Mitte der 90er-Jahre – Anzug, dunkles, streng nach hinten gekämmtes Haar, Bart und eine markante Hornbrille, die seine Augen deutlich hervortreten lässt. Der Blick ist taxierend auf eine der Tänzerinnen gerichtet. Halbnackt rekelt sie sich an einer Stange, während er die Dynamik ihrer Bewegung mit Bleistift auf Papier erfasst. „Ich verehre alle Dinge, die sich mir hier anbieten“, schwärmt eine Stimme aus dem OFF. „Den Eros, die Erotik, den Sex, den Wein, das Essen und alles Schöne.“ Die Stimme des Ausschnitts der Fernsehserie „Wa(h)re Liebe“ gehört Alfred Kornberger – er war Künstler und zu gleichen Maßen Lebemann. Hier fand er alles, was dieses Naturell forderte: Die Grundlage seiner – teils grafischen – Malerei, ebenso wie die seiner grundsätzlichen Existenz. Schließlich genieße er das Leben, liebe die Lust und verehre die Brust.

Hier meint er, wie soll es anders sein, das Wiener Moulin Rouge. Viele Jahre diente ihm das mondäne Varietétheater im Herzen der Innenstadt, wie seinerzeit Henri de Toulouse-Lautrec in Paris, als Zweitatelier. Aber auch in seinem eigentlichen Atelier – einem lichtdurchfluteten Dachstuhl in der Währinger Straße, der nicht selten Schauplatz ausgelassener, exzessiver Atelierfeste war und so zum gesellschaftlichen Hotspot zwischen Politik und Wiener Schickeria avancierte – gingen Frauen ein und aus. Zeitlebens waren sie Quell seiner Inspiration. „Ich verehre sie“, begründete er seine fast schon obsessive Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper, dessen Darstellung sein fulminantes OEuvre ab Anfang der 60er formt und fortan geradezu dominiert.

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In Kornbergers Papierarbeiten trifft oft sein schiele'sker Strich auf expressive Farbigkeit.

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Die Ergründung der Weiblichkeit

Doch der weibliche Akt als solcher wäre Kornberger niemals genug gewesen: Sein umfassendes OEuvre zeugt von meisterhafter Wandlungsfähigkeit, die der Getriebenheit einer steten Suche gleichkommt. Eine Suche, die sich auch in seinem künstlerischen Erkunden des weiblichen Körpers widerspiegelt – dieser war für Kornberger von „denkmalhafter Monumentalität“; eine „erotische Landschaft“, die es zu ergründen galt. Demnach schuf Kornberger über eine rund 40 Jahre währende Schaffensperiode Körperdarstellungen, die sich als Zeugnis der Wurzeln des gelernten Lithografen zwischen expressiver Linienführung und expressionistischer Farbigkeit eines virtuosen Koloristen wiederfinden. Damit eröffnet sich ein Spektrum an Interpretationen, das in Schiele’esker Ästhetik sowie durch fragmentarische Auflösung zwischen vollendeter Schönheit und verzerrter Ab­straktion changiert. Mal präsentiert sich der Akt szenenhaft vor Publikum, während er sich anderswo in beinahe skulpturaler Anmutung in seiner Eigenständigkeit in einem weißen Bildraum wiederfindet. In anderen Arbeiten seziert Kornberger den Körper in Fragmente, reduziert ihn auf die für ihn wesentlichen Attribute der Weiblichkeit und überführt ihn von der Gegenständlichkeit in zunehmende Abstraktion.

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Kornbergers Akte finden sich auf weißem ebenso wie monochromem Untergrund wieder – ab und an schafft der Künstler Szenerien, in denen er selbst in Erscheinung tritt.

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Die Frau: Nabel seiner Welt

So entstehen neben Landschaften, Porträts und Schlachthausbildern weiblich-dominierte Werkzyklen wie jener des „Zeus“, in dem etwa der Ledersattel eines umgestalteten Fahrrads den Kopf des Göttervaters symbolisiert und wortwörtlich in die Frauenwelt eindringt. In „Insekten“ durchlaufen die Tänzerinnen des Moulin Rouge, deren bunter Federschmuck in der Dynamik des Tanzes organische Formen annimmt, die Metamorphose zu insekten- und feenartigen Wesen. Die Persiflage „Affe und Frau“ – Kornbergers Interpretation des Geschlechterkampfes – positioniert die Frau als eindeutige Siegerin, die sie für Kornberger immer war.

Und obwohl die Arbeiten in Technik, Thematik und Motiv teils unterschiedlicher kaum sein könnten, eint sie doch eines: die Frau im Fokus. Ein figuratives Narrativ, dem man bereits früh Qualität von Weltniveau attestierte.

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