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Österreich für geschlechtersensiblere Gesundheitsversorgung

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Viele Frauen fühlen beim Arzt sich nicht ernst genommen
©APA, dpa-tmn, Fabian Sommer
Die Österreicher sind laut dem Allianz Gesundheitsbarometer 2025 grundsätzlich mit der heimischen Gesundheitsversorgung zufrieden, allerdings mit Einschränkungen. Lange Wartezeiten auf Termine und zu wenig Zeit mit Ärzten werden bemängelt. In der am Donnerstag vorgestellten repräsentativen Umfrage geht zudem hervor, dass Frauen die medizinische Versorgung deutlich kritischer sehen als Männer. Dabei gehe es etwa um unsensibles Verhalten und die Verharmlosung ihrer Beschwerden.

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Mehr als die Hälfte der von Marketagent befragten Frauen zeigte sich stark besorgt über den sogenannten Gender Health Gap. Darunter versteht man die Geschlechterungleichheit in der medizinischen Forschung, Diagnostik und Behandlung. Generell vergaben auch Männer (73 Prozent) deutlich mehr Bestnoten für das Gesundheitssystem als Frauen (64 Prozent). Insgesamt wünschten sich laut dem Barometer 71 Prozent eine geschlechtersensiblere Versorgung durch Forschung, Aufklärung und bessere Ausbildung von Gesundheitspersonal.

"Frauen in Österreich erleben tagtäglich, dass ihre Beschwerden nicht ausreichend ernst genommen werden oder geschlechtsspezifische Unterschiede in der medizinischen Versorgung zu wenig berücksichtigt werden", sagte Jovana Nović, COO der Allianz Österreich. "Wenn Frauen nicht ernst genommen und dadurch Risiken übersehen werden, ist das nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem."

Doch während die Problematik um den Gender Health Gap und die Gendermedizin wissenschaftlich belegt ist, haben drei Viertel der Bevölkerung laut der Analyse noch nie etwas von den Begriffen gehört. Frauen und jüngere Menschen sind etwas besser informiert. 28 Prozent der Frauen im Vergleich zu nur 17 Prozent der Männer sowie 34 Prozent der 14- bis 19-Jährigen und 29 Prozent der 20- bis 29-Jährigen wissen darüber Bescheid.

Der Fakt, dass Frauen erst verzögert Schmerzmittel gegeben bekommen (64 Prozent) und die Tatsache, dass die medizinische Forschung stark männlich dominiert ist (58 Prozent), erstaunte laut der Umfrage am meisten. Auch Unterschiede bei der Diagnose von Depressionen und Herzinfarkten sorgten bei etwa der Hälfte für Verwunderung.

"Medizinische Studien waren lange Zeit vor allem auf männliche Probanden ausgerichtet und sie wurden als Maßstab für die Behandlung aller herangezogen. Vielen ist nicht bewusst, dass diese Einseitigkeit bis heute nachwirkt. Dabei unterscheiden sich Männer und Frauen in Symptomen, Krankheitsverläufen und Therapieansprechen - und das wird in der medizinischen Praxis noch immer zu wenig berücksichtigt", erklärte Alexandra Kautzky-Willer, Professorin für Gendermedizin an der MedUni Wien. Die Folgen davon seien Fehldiagnosen, unzureichende Therapien und ein struktureller Gender Health Gap. "Gendermedizin ist deshalb kein Spezialthema, sondern Voraussetzung für eine gerechtere und bessere Versorgung aller Menschen."

Positiv gezeigt habe sich laut der Analyse, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher überwiegend gesund fühlten. Sechs von zehn Personen schätzen ihren eigenen Gesundheitszustand als ausgezeichnet bis gut ein. Das Vertrauen in die behandelnden Ärztinnen und Ärzte (77 Prozent), in Mediziner allgemein (66 Prozent) und die medizinische Forschung (65 Prozent) ist relativ hoch. Die soziale Kompetenz von Ärzten wird nur von 54 Prozent als gut beurteilt. Auch hier wird deutlich, dass gerade Frauen (47 Prozent) das Einfühlungsvermögen von Ärzten als weniger gut empfinden als Männer (61 Prozent).

Viele Frauen fühlen sich nicht ernst genommen. Sieben von zehn waren schon einmal mit einer Behandlung unzufrieden bzw. haben sich über einen Arzt geärgert. Bei den Männern waren es nur etwas mehr als jeder zweite. 16 Prozent der Patientinnen hatten auch schon einmal den Eindruck, dass ihr Geschlecht negativen Einfluss auf die Behandlung hatte.

ILLUSTRATION - Zunahme von Essstörungen weltweit: Gesellschaftliche und soziale Veränderungen, verstärkt durch die Corona-Pandemie, werden als eine Ursache genannt. (zu dpa: «Essstörungen bei Jugendlichen verstehen - und helfen») Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++

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